„Ankommen“ in Albanien…

„Ankommen“ in Albanien…

Mittlerweile ist der Eindruck des „Wochenendtrips“ verflogen und wir fühlen uns, als wären wir nie wirklich zu Hause gewesen. Unsere Köpfe wissen das alles scheinbar nach wie vor nicht einzuordnen und schalten lieber wieder in den Reisemodus… von jetzt auf gleich, von einem Moment auf den anderen schließen wir an die Weltreise an. Sind wir tatsächlich fünf Monate zu Hause arbeiten gewesen und hatten so etwas wie Alltag? Momentan ist das alles schon wieder unvorstellbar weit weg. Auf den Tag genau vor einem Jahr starteten wir in eine der wohl schönsten Reisen unseres Lebens… eine Zeit, welche noch immer alles mit einem zauberhaften Licht überstrahlt und unseren Blick auf die Welt so viel schöner macht. Mit einem weinenden und einem lächelnden Auge blicken wir heute um so sentimentaler zurück und sind zugleich traurig, aber auch unglaublich glücklich, all‘ das erleben zu dürfen – auch wenn unsere Köpfe gerade etwas hinterherlaufen…

Gefühle klopfen nicht an die Tür und fragen, ob es gerade passt.

Nach den anfänglich wirklich gruseligen, beängstigenden und nahezu schlaflosen Nächten, welche diese Reise zugegebenermaßen in den ersten Tagen schon unvergessen machten, wartete eine ganz besondere, vor allem völlig unerwartete Überraschung auf uns. Eigentlich wollten wir lediglich die 500 Serpentinen der Rückfahrt ins Flachland umgehen, wodurch wir über das Hotel einen Platz auf der Autofähre buchen ließen. Diese Reservierung war im übrigen auch extrem wichtig, da nämlich nur noch ungefähr 90% der Stellflächen frei waren 🙂 Aber wie sagen wir Deutschen immer so schön… Besser man hat, als man hätte! Irgendwie steckt diese komische Eigenschaft noch immer tief in uns. Das ist ungefähr vergleichbar mit den verschiedenen Typen beim Thema Tanken! Eine von uns würde am liebsten schon die nächste Tankstelle ansteuern, sobald einer der digitalen Striche der Anzeige verschwunden ist und die Andere fährt mit Reserve noch bis in das übernächste Bergdorf. Aber irgendwann lernt man eben mit den kleinen Macken umzugehen, lächelt gemeinsam darüber und trifft sich irgendwo dazwischen (aber da das Argument „Sicherheit“ – immer angebracht von der Realistin unter uns – oberste Priorität hat, tanken wir also lieber gleich *haha*). Jedenfalls ahnten wir beide nicht im Entferntesten was uns die nächsten zwei Stunden auf dieser Fähre geboten wurde!

Eine albanische Autofähre schippert irgendwo im Nirgendwo über einen Stausee! Natürlich haben wir uns vorher belesen, wodurch ein kleiner positiver Vorgeschmack entstand… uns aber nicht im Entferntesten vorstellen können, wie das in Wirklichkeit aussehen wird. Schnell merkten wir, dass das definitiv eines der Highlights unserer Reise werden wird. Ohne zu übertreiben, kamen hier tatsächlich die Erinnerungen an Neuseeland hoch! So schön ist Albanien…

Die Welt gehört dem, der sie genießt.

Giacomo Leopardi

Dazu kam noch eine richtig gute Tat für unser Karma-Punkte-Konto 🙂 Trotz unserer Scheu gegenüber anderen Menschen und einer eher isolierten Art zu reisen, nahmen wir zwei gestrandete Deutsche mit zurück in die Stadt. Lothar und Didi aus Würzburg hatten auf ihrer Tour über Kroatien nach Albanien bereits die zweite Autopanne und mussten auf Ersatzteile aus dem Kosovo warten. Das ist schon echt viel Pech, fanden wir und hatten Mitleid (welches wir sonst nur mit Tieren haben, weswegen unser Auto auch voller Hunde- und Katzenfutter ist)! Auch unsere Geschichte von zwei polnischen, nichts verstehenden, taubstummen Reisenden fanden wir hier etwas übertrieben 🙂 So entschlossen wir uns zu helfen und brachten die vom Unglück Verfolgten in die ungefähr zwei Stunden entfernte, nächste größere Stadt… wo wir ohnehin selbst hinfahren wollten. In Shkodra angekommen lieferten wir die Zwei am Hotel ab, checkten danach selbst in unseres ein und ließen den Tag, voller Stolz auf unsere Nächstenliebe gemütlich ausklingen. Der Einladung zu einem gemeinsamen Abendessen kamen wir allerdings nicht mehr nach… gute 120 Minuten Gesellschaft sollten auch genug an deutscher Kommunikation mit fremden Menschen für diese Reise gewesen sein. ALLEIN ZU ZWEIT ist doch irgendwie schöner…

Shkodra ist mit circa 150.000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt des Landes. Sie gilt als kulturelles Zentrum Nordalbaniens, von welchem man in nur etwa 34 Kilometern Montenegro erreichen kann. Gegenüber unseres Hotels sehen wir eine alte verfallene Ruine… das wird unser Plan für heute: der Aufstieg zur sagenumwobenen Burg Rozafa.

Glaubt man der Legende, bauten einst drei Brüder die Burg. Vom Pech verfolgt, war jedoch jegliche Anstrengung umsonst und die Mauern stürzten jede Nacht wieder ein. Für die ewige Haltbarkeit, sprach einestages ein alter Mann, müssten eine Frau eingemauert werden. Die Brüder vereinbarten, die Ehefrau zu opfern, welche am nächsten Tag als erste das Mittagessen bringt. Entgegen der Abmachung weihten die beiden älteren Brüder ihre Ehefrauen in den Plan ein. Infolgedessen war es die junge Rozafa, die am nächsten Tag am Bauplatz erschien. Sie nahm ihr Schicksal tapfer hin, bat aber darum, dass man eine ihrer Brüste, einen Arm und ein Bein verschont. So konnte sie ihrem Kind weiterhin die Brust geben, es streicheln und die Wiege schaukeln. Noch heute soll bei Regen eine milchige Flüssigkeit den Burgberg hinab laufen.

Ohne eine derart glaubhafte Legende, aber dennoch eine kleine Reise wert ist die Mesi-Brücke. Aufgrund des guten Zustands ist sie heute eine der bedeutendsten Überreste des Osmanischen Reiches. Sie wurde vermutlich im 18. Jahrhundert erbaut, ist 108 Meter lang und war Teil einer Handelsroute, die entlang der Albanischen Alpen nach Kosovo führte – ein Weg, den schon die Römer benutzten.

Immer beeindruckter von der Vielfalt des Landes starten wir unseren Roadtrip am nächsten Tag weiter Richtung Süden. Wir möchten in einen Ort namens Berat. Als UNESCO-Welterbe steht „Die Stadt der tausend Fenster“ unter besonderem Schutz. In den Stadtteilen mit den typisch historischen weißen Häusern sind Neubauten verboten. Insbesondere aus diesem Grund sowie den zahlreichen Moscheen und Kirchen gilt Berat als eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Landes.

Wir sind begeistert von dem außergewöhnlichen Flair der Stadt. Während der Ort im wunderschönen Abendrot versinkt, wechseln sich die Rufe des Muezzins mit dem Leuten der Kirchturmglocken ab. Über den Dächern Berats sitzen wir auf unserem Balkon und lauschen dem friedlichen Treiben. In solchen Momenten wünschen wir uns oft, dass viel mehr Menschen das sehen könnten, was wir sehen… und vor allem auch denken. Unsere Welt ist so viel mehr als die eigene Heimat, die vertraute Umgebung und bekannte Kulturen…

Am nächsten Morgen fahren wir, nach dem weltbesten Hotel-Frühstück (es gab sogar hausgemachte Pancakes mit Schokosoße!!!), ungefähr zwei Autostunden ins Landesinnere. Wir wollten es anfangs nicht glauben, aber Albanien besitzt einen richtig ernstzunehmenden Canyon, den Osum Canyon. Die tief in die Landschaft eingeschnittene Schlucht ist etwa 13 Kilometer lang, zwischen 2 und 30 Meter breit, 70 bis 80 Meter tief und gilt als kleiner Bruder des „wahren“ Grand Canyons.

Schon die Fahrt zum Canyon ist ein echtes Erlebnis!

Wie bei jeder unserer Wanderungen, laufen wir natürlich stundenlang in der prallen Mittagssonne bei 29 Grad auf irgendwelchen Wegen, die keine sind… und das auch immer schön am unbefestigten Abgrund entlang. Hier draußen, wo selbst die kleinen Schildkröten nicht überleben, schlagen wir uns tapfer durch 🙂 Nach einem großflächigem Brand oberhalb des Canyons können wir weder einen der Wanderwege, noch ein Stückchen Schatten finden. Die Eine vornweg und die Andere mal mehr und auch mal weniger gut gelaunt (in dem Falle schnaufend und fluchend) hinterher… Aber die Aussicht lässt uns die Strapazen wie immer vergessen. Wie ihr seht… daran hat sich absolut nichts geändert 🙂

Besser einmal ein bisschen zu weit gehen, als nie weit genug!

„Leichte Startschwierigkeiten“ in Albanien

„Leichte Startschwierigkeiten“ in Albanien

Der erste Urlaub nach unserer Weltreise! Nach reichlich fünf Monaten Heimat, wertvoller Zeit mit Freunden und Familie… aber auch viel Arbeit, sich langsam einschleichendem Alltag und dem allmählich wachsenden Wunsch nach einer Rückkehr in das Unbekannte, Leichte und Abenteuerliche packt uns so langsam das Fernweh. Auf der einen Seite sind wir glücklich und zufrieden, zehren noch immer von unendlich vielen Erinnerungen… aber andererseits sind wir im Kopf mehr unterwegs als zu Hause und irgendwie schon wieder neugierig auf neue Länder, Kulturen und Erlebnisse. Doch wie fühlt es sich eigentlich an, ganz normale zwei Wochen zu verreisen, wenn man vorher das wohl größte sechsmonatige Abenteuer des Lebens hatte? Die Antwort ist genauso einfach wie kompliziert: Richtig komisch! Oft haben wir uns gefragt, wie unsere Zeit nach der Weltreise wohl aussehen wird? Verändern wir uns oder kommen wir zurück und machen einfach so weiter wie bisher?

Die Antwort darauf blieb lange Zeit aus und kommt nicht von jetzt auf gleich. Erst nach und nach, Stückchen für Stückchen merken wir, dass mit den Monaten irgendwie doch alles ein wenig anders ist… Natürlich sind wir nach wie vor „Wir2“ wie man uns kennt und hoffentlich auch liebt 🙂 …aber in unseren Köpfen hat sich dennoch einiges gedreht. Wir sehen in vielerlei Hinsicht einfach keine Probleme mehr, wo früher vielleicht welche waren. Wir lassen es einfach auf uns zu kommen… denn es gibt IMMER für ALLES eine Lösung! Die bevorstehenden zwei Wochen Albanien fühlen sich momentan an wie ein kurzer Wochenendtrip. Selbst im Flugzeug, bereits abgehoben und über den Wolken, können wir nur schwer realisieren, dass wir verreisen. Wir landen keine zwei Stunden später bei sonnigen 27 Grad in Tirana, einer anderen Welt als die uns Vertraute, aber greifen können wir das derzeit noch nicht… ein Gefühl, welches wir beide gleichermaßen haben und nur schwer in Worte fassen können.

Wenn wir jedoch eines auf unserer großen Reise gelernt haben, dann ist das die Erkenntnis, dass wir zu 90% die gleichen Gedankengänge haben. Ob das gut ist…? Wahrscheinlich manchmal mehr und manchmal weniger 🙂 Größtenteils finden wir es aber schon ziemlich praktisch! Es erspart viele Erklärungen und Worte, die vielleicht auch falsch verstanden werden könnten. Wir sind definitiv nicht immer einer Meinung aber wir blicken, denken und fühlen oft in dieselbe Richtung… was uns wohl auch den Anfang dieser Reise, inklusive dieses ganzen Gefühlschaoses um einiges erleichtert!

Ein zweiter, überaus wichtiger Aspekt, welchen wir gelernt haben anzuwenden… Nimm die Dinge einfach so hin wie sie sind und blicke mit einer gewissen Gelassenheit darauf! Und glaubt uns, es gibt so verdammt wenig Augenblicke im Leben, die es wert sind, sich aufzuregen, verrückt zu machen oder zu ärgern! Und getreu diesem Motto machten wir uns keine großen Gedanken und ließen einfach alles auf uns zukommen. Wir sind zusammen und haben Zeit für uns, Zeit die Welt zu entdecken… und das ist schließlich alles was zählt!

Angekommen in Tirana funktionierte alles wie vor ein paar Monaten… Rucksäcke schnappen, einreisen, danach Geld, lokale SIM-Karte und Mietwagen holen und auf ins Unbekannte. Da unsere Route grob feststand, fuhren wir erst einmal Richtung Norden in unser erstes Hotel am Strand.

Schnell merkten wir, dass die Saison vorbei (oder vielleicht auch noch nie da) war. Es war keine Menschenseele weit und breit, außer ein paar Einheimische (im übrigen ausschließlich Männer, da die Frauen in den ländlichen Gegenden kaum Haus und Hof verlassen). Sogar im Hotel sind wir die einzigen Gäste, was wahrscheinlich auch die Bauarbeiter dazu veranlasste, den Presslufthammer extra tief und laut in die Wand unseres Untergeschosses zu hauen! Da wir aber am Nachmittag schon ahnten, dass die in Jeans, Strickpullover und leichten Turnschuhen bekleideten jungen, hochmotivierten Herren nicht sehr ausdauernd sind, hatten wir schnell wieder Ruhe. Nachdem wir das einzig offene Strandrestaurant weit und breit gefunden hatten, richtig lecker gegessen haben und es Wein aufs Haus gab – die albanische Gastfreundschaft lässt grüßen, ließen wir den ersten Tag gemütlich ausklingen.

Allein im Hotel, irgendwo in der Pampa Westalbaniens… wer uns besser kennt, der weiß, dass in solchen Momenten zumindest eine von uns leichte Ausschläge der Pulsfrequenz bekommt 🙂 Wir liegen im Bett, versuchen zu schlafen, der Wind pfeift durch jede Ritze und die Wellen peitschen in sicherer Entfernung Richtung Strand. Dennoch hören wir jedes nicht natürliche Geräusch, glauben mitten in der Nacht Schritte wahrnehmen zu können und stehen bei einem kurzen Ruck an der Tür zeitgleich neben unserem Bett. Beängstigend… wenn man sich mit maximal einem Stuhl wehren könnte! Doch ein kurzer Blick aus dem Fenster lässt uns (mehr oder weniger) beruhigt zurück ins Bett fallen… hier ist keiner… und trotzdem bleibt es eine eher schlaflose Nacht.

Müde und mit dicken Augenringen beschließen wir, uns für die kommende Nacht ein größeres Hotel in einer bewohnten Gegend, in Stadtnähe zu suchen. Unsere Wahl fällt auf den zweitgrößten Ort des Landes, Dûrres. In der Annahme, dass wir hier eine ruhigere Nacht verbringen, freuen wir uns auf die neue Unterkunft und den Tag, welcher vor uns liegt.

Heutiges Ziel ist eine kleine Landzunge, das Kap Rodon. Es ist eine in die Adria hinauslaufende, fast zehn Kilometer lange Landspitze in Mittelalbanien. Neben alten Klöstern und wundervollen Küstenabschnitten finden wir auch die für Albanien typischen Bunkeranlagen. Etwa 200.000 davon entstanden zwischen 1972 und 1984. Die Bunker sollten der Verteidigung des Landes im Falle eines Angriffs durch ausländische Truppen dienen. Getreu der albanischen Staatspropaganda der 70er Jahre „Das Vaterland zu verteidigen ist eine Pflicht über allen anderen Pflichten.“ stehen die Bunker wie überdimensionale Pilze heute noch im ganzen Land.

Auch hier ist die Anzahl der Besucher überschaubar, was genau unseren Geschmack trifft und wir können die Landschaft und die Ruhe ganz allein genießen, bevor wir am Nachmittag in einem kleinen Restaurant unweit des Kaps einkehren.

Was dann passierte, können selbst Wir2 bis heute nicht glauben! 

Es ist für albanische Verhältnisse wahrscheinlich eine etwas gehobenere Gaststätte, die Tische sind mit weißen, sauberen Stofftischdecken gedeckt, im Eingangsbereich steht ein überaus gut gefülltes Weindepot und die Kellner sind schick gekleidet. Wir haben ein gemütliches, schattiges Plätzchen im Außenbereich gefunden und fühlen uns herzlich willkommen. Während unserer Wahl der Vor- und Hauptspeise, irgendwo zwischen den Zeilen des griechischen Salats und des Meeresfrüchte-Rissottos… fängt plötzlich, wie aus dem Nichts, der Boden unter uns an zu vibrieren… unsere Füße wackeln, erst langsam und dann immer heftiger. In unserer Naivität (ja… diese Erfahrung blieb uns bis dato erspart) dachten wir zuerst an einen tonnenschweren LKW oder Bagger, der unmittelbar vorm Durchbruch der Wand des Restaurants steht oder sonstige Dinge, welche Männer so auf DMAX anschauen!!! Wir2 hatten doch keine Ahnung! 

Doch als die dicken Holzpfeiler, das mit Weinreben behangene Dach und die massiven Wände des Hauptgebäudes ebenfalls anfingen zu wackeln und sich zu bewegen, wussten wir, dass das mit hoher Wahrscheinlichkeit keine unserer Ideen sein kann.

Während die Kellner und das Küchenpersonal das Gebäude bereits verließen, saßen wir wie gelähmt an unserem Tisch und fühlten uns völlig hilflos. Als Eine von uns doch irgendwie dem Automatismus der Anderen ohne groß nachzudenken folgte und sich ein paar Meter vom Tisch entfernte, blieb die Andere einfach sitzen und beobachtete das Treiben ohne jegliche Regung mit ihren großen blauen Augen! Mit den schroff ausgesprochenen Worten: „Komm jetzt mit her!“, waren allerdings auch schon um die 30 Sekunden vergangen und nichts war mehr zu spüren. Noch immer wussten wir die Situation nicht wirklich einzuordnen. Ist das jetzt ernst? Müssen wir hier weg? Und was zum Teufel war das überhaupt??? Doch da sich alle wieder recht schnell an die ursprünglichen Arbeiten machten, wichen wir von unserem Plan (schließlich haben wir Hunger) auch kein Stück ab und bestellten unser Essen. Keine viertel Stunde später stand unser Salat auf dem Tisch, der Boden, die Pfeiler und die Wände fingen erneut an, sich von unten in Wallung zu bringen und wir (hatten vom ersten Mal bereits gelernt!) folgten dem Personal des Restaurants in sichere Entfernung. Mittlerweile wussten wir, dank des World Wide Webs , dass die Erde in Albanien bebt. Doch was macht man mit diesem Wissen in einer solchen Situationen? Richtig… das, was alle anderen machen! Erstmal nichts! Und sobald die Erde sich beruhigt… zurück zum Ausgangspunkt. Ehrlich gesagt, hatten wir absolut keine Ahnung über die Ausmaße sowie über die Ängste, welche Katastrophen wie diese auslösen können!

Eine der ersten Twitter-Meldungen nach dem Hauptbeben.

Erst am nächsten Tag erreichten die Schlagzeilen die Tagesschau.

Was wir im Außenbereich des Restaurants noch ganz gut verarbeiten könnten, holte uns im Hotel am Abend schneller ein als gedacht. Ihr könnt euch nicht vorstellen, welche krassen Urängste in jedem entstehen, wenn man einer solchen Kraft der Natur ausgesetzt ist! Von den über 300 Nachbeben, haben mindestens fünf weitere durch ihre Stärke unsere Hotelwände und -betten wackeln lassen. Während wir das Hotel gegen Mitternacht unter leichter Panik noch einmal verließen, blieben wir während der weiteren Erschütterungen im Zimmer und versuchten uns gegenseitig zu beruhigen. Ein unbeschreibliches tiefsitzendes Angstgefühl, welches wir hoffentlich nicht noch einmal erleben müssen!

Auch das lesen wir in unserer Verzweiflung!

So blöd das auch klingen mag… Aber selten waren wir so erleichtert, die Sonne am nächsten Morgen aufgehen zu sehen. Ein letztes kurzes Rütteln unseres Bettes holte uns viel zu früh aus dem leichten Schlaf der vergangenen Nacht. Nach dem Frühstück kehrten wir der Küstenregion vorerst den Rücken und starten in Richtung Albanische Alpen.

Sicherlich kann man sich darüber streiten, ob die „Flucht“ in die Berge, die Fahrt entlang tiefer Schluchten und durch kilometerlange Tunnel in einer solchen Situation die beste Wahl ist, aber zumindest war die Strecke wunderschön und unser italienischer Hotelier versicherte uns in gebrochenem Englisch, dass wir „safe“ sind und er hier, inmitten der Alpen, fünf Autostunden entfernt von der Küste, nichts von alledem mitbekommen hat! Sein Wort in Gottes Ohr! Nach einem überaus leckerem Essen inklusive einheimischem Bier, welches wir in einem ausgetrockneten Flussbett genießen, wurde das die bisher beste Nacht für uns in Albanien 🙂

Doch die nächste „kleine Geschichte“ ließ nicht lange auf sich warten. In die Alpen fahren, heißt natürlich wandern gehen! Ausgeschlafen und nach einem leckeren, liebevoll zubereiteten Frühstück wollten wir eine der unzähligen Routen inmitten dieser tollen Landschaft laufen. Wir hatten uns für einen 12-Kilometer-Trail entschieden. Alle Zeichen, tatsächlich auch die der mit Abstand unzuverlässigsten Apple-Wetter-App, standen auf Regen! Aber wir ignorierten das einfach alles weg… eiskalt blendeten wir dieses unwichtige Detail aus!

Das klappte super! …zumindest die ersten drei Kilometer, dann öffnete sich irgendwo ein Ventil und schüttete bis zum Abend volle Wassereimer über uns aus. Fluchend und nass bis auf den Schlüpfer stapften wir zum Auto zurück, fuhren ins Hotel, duschten und legten uns ins Bett… das war 13Uhr!!! Ein perfekter Zeitpunkt für Mittagsschlaf und dann Netflix- und Filmenachmittag, dachten wir. Doch gegen 15Uhr verabschiedete sich der Strom, was leider eine nicht unerhebliche Voraussetzung unserer weiteren Planung war. Selbst die Elektrizität hatte wahrscheinlich keinen Bock mehr! Das läuft doch richtig klasse mit uns in Albanien 🙂

Wäre in dieser Nacht nicht das mit Abstand lauteste, mit an die Wucht von Explosionen (also so muss das ungefähr klingen, wenn ein Sprengstofflager in die Luft geht) grenzenden Mega-Donnern und Blitzen gewesen, hätten wir sicher richtig gut und lange geschlafen 😉

Die Südsee – Mehr als ein Lebenstraum

Die Südsee – Mehr als ein Lebenstraum

 

Fahre in die Welt hinaus, sie ist fantastischer als jeder Traum.

Ray Bradbury

 Ein guter Monat ist seit unserer Rückkehr mittlerweile vergangen… fünf Wochen voller Freude, schöner Momente und gemütlicher Stunden mit den Lieben zu Hause. Wir genießen es zu einhundert Prozent in gewohnter Umgebung zu sein, wir fühlen uns wohl zu Hause und wir versuchen, die Arbeit wieder als Teil unseres Lebens zu akzeptieren… 

Doch was passiert eigentlich in unseren Köpfen…? Im ersten Moment erscheint alles so normal, unser Umfeld begegnet uns, als wären wir nie weg gewesen. Doch unsere Seelen arbeiten, sie sind durcheinander, finden sich in einigen Abläufen nur schwer zurecht. Wir fühlen uns irgendwie „zwischen den Welten“ und realisieren mehr und mehr, dass uns das Reisen unbewusst verändert.

Das Schöne am Reisen ist, dass du nie so zurückkommst, wie du gegangen bist.

Woran denken wir, wenn wir während Besprechungen mit Kollegen mehr und mehr abschweifen… an was erinnern wir uns, wenn wir dem deutschen Hamsterrad wieder Einkehr gewähren müssen? Wir haben das große Glück, in einer Kiste unendlich vieler wundervoller Erinnerungen graben zu können. Unser persönlicher Zufluchtsort ist meist die Südsee! Es ist die jüngste aller Erinnerungen und der komplette Gegensatz zum heimischen Alltag! Unser persönlicher „Happy Place“, unser gemeinsamer Treffpunkt, wenn der Alltag zu viel wird, unser Versteck, wenn niemand uns finden soll…

 Der Südpazifik… ein Sehnsuchtsort mit den weißesten Stränden und den blauesten Lagunen. Wir sitzen auf unserem Paddelboard und lassen uns einfach treiben. Inmitten der buntesten Fische im kristallklaren Wasser sind wir unendlich glücklich, grenzenlos frei und mehr als zufrieden. Wir lächeln uns an und realisieren nur langsam, dass dieser Moment die Erfüllung eines absoluten Lebenstraumes ist! 

Als Südpazifik, oder im deutschen Sprachgebrauch auch Südsee, Ozeanien oder Polynesien, wird die südwestliche Inselwelt des Pazifischen Ozeans bezeichnet. Was für viele der Inbegriff einer wundervollen Reise in das Paradies ist und aufgrund der Entfernung von ungefähr 15.000 Kilometern meist ein Traum bleibt, sollte für uns tatsächlich Wirklichkeit werden… Schon lange Zeit vor dem Start unseres großen Abenteuers stand fest, dass wir die letzten Tage unserer Reise gern auf einer Insel in der Südsee verbringen möchten. Was von Deutschland eine Anreise von über 30 Stunden bedeutet, ist von Neuseeland in nur fünf Stunden erledigt… ein Grund mehr, diese Chance definitiv zu nutzen! Allein der Weg nach Aitutaki ist ein echtes Erlebnis, welches wir wohl nie vergessen werden…

Obwohl es keineswegs der erste Flug mit einer kleineren Maschine für uns war, ist es hier, inmitten des Pazifiks doch noch etwas speziell 🙂 Aber wer in das Paradies möchte, muss auch eine „etwas“ holprige Anreise in Kauf nehmen. Die Piloten der Air Rarotonga haben im Übrigen die Einstellung: „Je bewölkter und stürmischer der Himmel, desto schöner wird der Flug!“ Endlich etwas Action in dem friedlichen Inselparadies! Nicht gerade vertrauenswürdig, diese Aussage…? Wer Ski fährt und schon einmal auf der Buckelpiste unterwegs war, kann sich ungefähr vorstellen, wie wir in der Saab 340 (im Übrigen hintereinander) 40 Minuten unseres Lebens ganz fest an eine sichere Ankunft geglaubt haben und eine von uns sogar einen kurzen Moment den Ansatz eines kleinen Gebets in sich gemurmelt hat. 

Die kleine Insel Aitutaki hat etwa 1900 Einwohner und ist mit einer Fläche von 18 Quadratkilometern die sechstgrößte der Cookinseln. Verwaltungstechnisch gehören diese zu Neuseeland, verfügen aber dennoch über ein eigenes Staatswesen. Als so genanntes gekipptes Atoll, befindet sie sich am Rande einer großen Lagune. Dazu gehören noch 15 kleinere Inseln (Motus), wovon drei vulkanischen Ursprungs sind und zwölf Koralleninseln. Auf Wikivoyage heißt es: „Aitutaki zählt zu den schönsten Lagunen der Welt. Fragt man die Insulaner, so ist es natürlich die schönste der Welt. Es gibt auf der Insel keinen Massentourismus und die Hotels oder Bungalowanlagen sind sehr klein. Von daher ist die Insel ein Ort der Entspannung und es ist kein Problem am Strand fast allein zu sein.“ All‘ das können wir tatsächlich zu hundert Prozent bestätigen!

Auf die Frage, was wir eigentlich den lieben langen Tag in der Südsee machen, haben wir leider nur eine kurze, langweilige und unspektakuläre Antwort… nämlich NICHTS 🙂 Wir wohnen in einer kleinen Hütte am Strand, liegen im Sand, genießen die wohl schönste Badewanne der Welt direkt vor unserer Haustür, paddeln entlang des Korallenriffs, beobachten die Meeresbewohner und freuen uns über das SÜSsE NICHTSTUN.

Wir spazieren durch das kristallklare Wasser, fahren mit den Einheimischen auf die umliegenden Inseln, gehen Schnorcheln und radeln ab und an in den nächsten Inselmarkt. Viele Dinge, speziell Lebensmittel, sind hier bis zu achtmal so teuer wie in Deutschland. Gesunde, frische Verpflegung und Getränke sind eine Art Luxusgut. Da die Cookinseln einfach zu wenig Platz für Industrie, große Felder und üppige Weiden bieten, muss hier fast alles importiert werden… und das kostet! Als Fan von Instant-Nudeln und sonstigem Dosenfutter kann hier trotzdem jeder zu einigermaßen normalen Preisen einkaufen… der traurige Beweis dafür sind die Südsee-Insulaner selbst. Die Einheimischen zählen nachweislich zu den weltweit dicksten Menschen und gehören zu den Spitzenreitern dieser bitteren Statistik. Ein Mix aus mangelnder Bewegung (hier wird trotz der kurzen Strecken alles mit dem Auto oder Roller gefahren) und zu viel ungesunder Nahrung stellt die Bevölkerung früher oder später vor neue Herausforderungen. Die Meinung der Polynesier selbst ist allerdings, dass die Übergewichtigen gute Menschen sind, weil ihnen Nahrungsmittel als Geschenk gegeben wird. Hier gilt das Dicksein noch als echtes Statussymbol. Allein die positive, fröhliche und unbekümmerte Grundstimmung, welche wir bereits mit Ankunft am Flughafen durch sanfte Südsee – Ukulelen – Klänge und herzhaft lachende Menschen einfangen dürfen, lässt das ganze Leben hier völlig sorgenfrei erscheinen. DIE LEICHTIGKEIT DER SCHWERGEWICHTE – Eine einzigartige Lebenseinstellung inmitten des Südpazifiks! 

 

 

Kirklandphotos – https://www.100urlaubsziele.de/cook-inseln-suedsee-urlaub/

Glücklich oder unglücklich sind wir nicht durch unsere Lebenslage, sondern durch unsere Einstellung zum Leben.

Asiatisches Sprichwort

Selbst die Aneinanderreihung hunderter positiver Eigenschaftswörter, würden unsere Zeit, unsere Eindrücke, unsere Gefühle und Gedanken hier nicht annähernd wiedergeben könnten. Wir wissen nicht, ob es irgendwann, irgendwie und irgendwo noch Orte für uns geben wird, welche eine derartige Schönheit, Einzigartigkeit, Besonderheit und Bedeutsamkeit ausstrahlen. Für uns ist die Südsee mehr als nur ein Stück Südpazifik. Sie ist der Abschluss einer wundervollen, abenteuerlichen, beispiellosen, einmaligen, außergewöhnlichen, unvergleichlichen, aufschlussreichen, sensationellen und vor allem unvergessenen Zeit zu zweit!

Glücklich und stolz blicken wir zurück auf das wohl größte Abenteuer unseres Lebens. Zwischen all‘ den Erlebnissen, Eindrücken und Geschichten haben wir gelernt, viele Dinge auf dieser Welt einfach so hinzunehmen, wie sie sind. Wir wissen mehr denn je, dass wir zusammen gehören, sind um einiges reicher an Erfahrungen, Toleranz sowie Respekt und blicken gemeinsam in ein und dieselbe Richtung. Am Ende können wir mit einem breiten Lächeln behaupten, die wohl wertvollste Erkenntnis erlangt zu haben… nämlich zu wissen, wo Wir2 hingehören… an den Ort, wo unsere Familien und Freunde immer auf uns warten werden… UNSERE HEIMAT!

Der Mensch bereist die Welt auf der Suche nach dem, was ihm fehlt. Und er kehrt nach Hause zurück, um es zu finden.

George Moore

Wir danken allen unseren lieben Zuhausegebliebenen für die unglaublich tolle Unterstützung, das Interesse und die Kreativität hinsichtlich vieler unvergessener Erinnerungen und Bilder unserer Reise 🙂

Man sollte sich mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben nehmen. Reisen, Entspannung, gutes Essen und Zeit am Meer mit dem Lieblingsmenschen.

Fortsetzung einer traumhaft schönen Zeit im Land der Hobbits…

Fortsetzung einer traumhaft schönen Zeit im Land der Hobbits…

TEIL 2 – Die Nordinsel

Der Nordinsel Neuseelands eilt der Ruf voraus, sie sei weniger schön als ihre südliche Schwester. Sie ist kleiner, beherbergt drei viertel aller Einwohner des kompletten Landes und besitzt die größeren Städte. Egal ob man andere Reisende, erfahrene Langzeitauswanderer oder das Internet befragt… die Empfehlungen, weniger Zeit für den Norden einzuplanen, sind immer gleich. Auch wir haben der Nordinsel nur sieben unserer insgesamt 25 Tage gewidmet, haben längst nicht alles gesehen, können aber dennoch bestätigen, dass die Zeiteinteilung gerechtfertigt ist… wahrscheinlich liegt das aber an der völligen Reizüberflutung während der Tour über die unglaublich abwechslungsreiche und atemberaubende Südinsel… denn zu sagen, der Norden Neuseelands sei nicht schön, wäre schlichtweg gelogen und unfair gegenüber den tollen Erlebnissen unserer letzten Woche im „Land der langen weißen Wolke“.

Unsere Tour auf der Nordinsel

Wir waren uns von Anfang an einig, dass wir keine Großstädte anschauen möchten, diese weitestgehend meiden und versuchen zu umfahren… so auch die Hauptstadt. Sicherlich gibt es dort einiges zu sehen und der Charme soll ein ganz besonderer sein, welcher für uns aber irgendwie uninteressant war. Zwar legte unsere Fähre direkt im Hafen von Wellington an, aber wir flüchteten sofort Richtung Norden, raus der Metropole, weg von all‘ den Menschen, rein in die Natur… immer Richtung MEER 🙂

Trotzdem müssen wir fairerweise sagen, dass Neuseeland wirklich sehr, sehr hübsche, gemütliche und teilweise verschlafene kleine Städtchen und Dörfchen hat. Egal wie winzig der Ort ist, es gibt meist eine Tankstelle, mindestens einen Tante-Emma-Laden mit allem, was das Herz begehrt und ein Geschäft für Autoreparaturen oder große Landmaschinen. Oft findet man in den Seitengassen die schönsten Cafés mit den leckersten Kuchen. Die Menschen leben nach einer anderen Uhr als wir in Deutschland… hier heißt das die „INSELZEIT“…nicht hetzen, nicht stressen, nicht nerven, von vornherein mehr ZEIT für alles einplanen… sich ZEIT nehmen… ZEIT haben… Leben und leben lassen! 

Wir können uns nicht erinnern, dass wir nur einen einzigen gestressten, mies gelaunten Menschen getroffen oder zumindest gesehen haben. Die Neuseeländer haben Spaß an ihren Jobs. Sie lachen, wenn sie Dir deinen Kaffee servieren und grinsen noch mehr, wenn sie dir in der Baustelle das „Stop“- oder „Go“- Schild entgegenstrecken können! Selbst wenn der Verkehr durch eine Ampel geregelt wird, es gibt IMMER mindestens einen Bauarbeiter, der freundlich lächelt und grüßt. Ohne Mist… hier freuen wir uns tatsächlich über jegliche Art von Wartezeit aufgrund des Straßenbaus… einfach weil die Menschen so glücklich und freundlich sind! Und wir alle wissen genau, wie jeder einzelne von uns zu Hause auf deutschen Straßen flucht, vor „vermeintlicher Verzweiflung“ in das Lenkrad beißt und Tag für Tag dem Autofahrer-Tourette-Syndrom verfällt! Gibt es eigentlich einen einzigen vernünftigen Grund dafür? NEIN! …aber das werden wir wohl nie lernen! 🙁 Es gibt hier zum Beispiel auch hunderte dieser einspurigen Brücken – das heißt während einer fahren darf, muss der andere warten… UND das funktioniert ohne böse Blicke, Gemecker oder Gehupe! Ganz im Gegenteil, auch wenn derjenige zuerst fährt, der eigentlich keine Vorfahrt hatte (das ist mit dicken und dünnen Pfeilen geregelt), wird sich immer noch freundlich gegrüßt und für die Vorfahrt bedankt. Es gibt Dinge, welche wir uns nach unserer Reise behalten wollen, und das gehört definitiv dazu…

„Gelassen bleiben und lächeln – die hohe Kunst der Selbstbeherrschung!“

Als eine der schönsten Wanderungen Neuseelands wird er angepriesen – der Tongariro Alpine Crossing – eine knapp 20 Kilometer lange Tour durch die Vulkanlandschaft der Nordinsel. Doch die große Beliebtheit und ein mittelmäßiger Schwierigkeitsgrad führt leider auch zu einer regelrechten Massenbewegung! Der Tongariro Crossing wird jährlich von circa 25.000 Wanderern begangen und in Spitzenzeiten tummeln sich um die 700 Menschen pro Tag auf dem Weg! Also wenn jemand eine Wanderung in Neuseeland macht, dann ist es vermutlich genau diese! Wir hatten es schon befürchtet und es ist tatsächlich eingetreten… gefühlt reihen sich hier alle Touristen Neuseelands aneinander und überqueren das Vulkanmassiv gemeinsam. Und ihr wisst, wie sehr wir uns über viele unbekannte Menschen in unserer Nähe freuen! Trotz unseres Starts um 6:30 Uhr waren wir hier alles andere als allein. Es blieben uns also zwei Möglichkeiten… entweder abwarten und die Massen erst einmal laufen lassen (wobei wir nicht wissen wieviele Millionen noch nachkommen) oder sich schnellen Fußes vorn an die Spitze setzen 🙂 Also im Grunde gab es nur DIE EINE Möglichkeit! …Und hier möchten wir gleich anmerken (speziell diejenige, welche vornweg läuft), dass wir solche überaus wichtigen, das weitere Zusammenleben tangierenden, sportlich höchst anspruchsvollen, die Laune des halben Tages betreffenden, grundlegenden Entscheidungen immer GEMEINSAM treffen! …nur falls hier bei unseren treuen Lesern vielleicht ein falsches Bild entsteht… von der Sklaventreiberin oder Ähnlichem 🙂

Es ist im Grunde immer der gleiche Ablauf… Wir schniefen und fluchten beide ununterbrochen in uns hinein und fragten uns wieder und wieder, was wir hier eigentlich tun… um letztendlich festzustellen, dass sich jede einzelne Schweißperle gelohnt hat und wir dem inneren Schweinehund einmal mehr gezeigt haben, wer hier der Boss ist 🙂 Die menschliche Perlenkette bröckelte und mit jedem Meter konnten wir die Landschaft dieses faszinierenden Nationalparks der Nordinsel mehr und mehr genießen… was auch die jährlichen Besucherzahlen erklärt… denn einfach alles hier, im Weltkultur- und Weltnaturerbe der UNESCO ist wunderschön.

Aber es ist nicht die Überquerung des Massivs allein, welche diese Region so besonders macht… denn fährt man weiter durch die vulkanisch aktiven Zonen, dampft es aus nahezu jeder Erdspalte… in der Mitte des Kreisverkehrs, in den Wäldern und zwischen den Häusern steigt der „weiße Rauch“ empor. Beinahe beängstigend bei der Vorstellung, wie es wohl unter der Erdoberfläche brodelt. Richtig hautnah ist das alles im Wai-O-Tapu-Nationalpark zu erleben, dessen Name seinen Ursprung in der Maori-Sprache hat und als „heiliges Wasser“ übersetzt wird. Auf einer 18 Quadratkilometer großen Fläche können wir an Kratern, heißen Quellen, durch Minerale gefärbte Tümpel sowie Schlammteiche, aus welchen Gase aufsteigen und an der Oberfläche als Schlammblase zerplatzen, vorbei spazieren. Die Luft ist extrem schwefelhaltig und besitzt dadurch einen gewöhnungsbedürftigen, ab und an auch kopfschmerzbereitenden, nach faulen Eiern riechenden Duft…

Und dann ist da noch Lady Knox! Diese impulsive Dame zeigt jeden Morgen, pünktlich kurz nach zehn Uhr, was sie für eine Kraft hat! Allerdings ist dieser Geysir leider kaum oder gar nicht mehr selbst aktiv (hier scheiden sich jedoch die Geister, denn die Neuseeländer erzählen den Touristen das Gegenteil). Der Geysir reagiert nur, wenn in seine Öffnung Seife eingefüllt wird. Dadurch entstehen zwischen 10 und 20 Meter hohe Fontänen, welche über mehrere Stunden sprudeln können. Wir haben uns das Spektakel trotzdem angeschaut… manchmal muss es eben Touri sein 🙂

Langezeit haben wir das folgende Thema vor uns hergeschoben… und dennoch haben wir uns für die Fahrt in das „Auenland“ entschieden. Ja, wir gehören zu den (tatsächlich) 40 Prozent der Hobbiton-Besucher, welche weder die Filme gesehen, noch die Bücher gelesen haben! Als Unwissende und vollkommene Banausen hinsichtlich der Hobbit-Trilogien beginnen wir natürlich erst einmal zu googeln! Wir sind im Land der Hobbithöhlen, in Mittelerde, in Beutelsend… und wollen die wohl einmalige Chance nutzen, das auch zu sehen und vor allem zu verstehen! Aber um was genau geht es überhaupt …?

Wikipedia sagt unter anderem… „Hobbits oder Halblinge sind fiktive, 60 bis 120 cm große menschenähnliche Wesen in der von J.R.R. Tolkien geschaffenen Fantasiewelt Mittelerde. Sie spielen in den Romanen „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ eine tragende Rolle, ebenso in den Verfilmungen von Sir Peter Jackson. Die Proportionen des Körperbaues entsprechen dabei weitgehend denen eines normal ausgewachsenen Menschen. Außerdem haben sie behaarte und außergewöhnlich große Füße mit lederartigen Sohlen und tragen selten Schuhe. Weitere Merkmale sind lockige Haare sowie charismatische, aber selten wirklich schöne Gesichter. Trotz aller Unterschiede sind Hobbits eine Nebenlinie der Menschen Mittelerdes und tragen damit das gleiche Schicksal wie diese: die Sterblichkeit von Körper und Seele. Nach ihrer großen Wanderung wurde das Auenland die Heimat der Hobbits. Das hügelige Auenland befindet sich im Westen von Mittelerde und ist zum Bau von Hobbithöhlen gut geeignet.“ Und dieses Stückchen Erde auf einer Privatfarm der Familie Alexander schauen wir uns jetzt erst einmal genauer an…

Es ist wirklich verrückt, wie liebevoll Hobbiton auch heute noch, Jahre nach den Dreharbeiten, gepflegt wird… hier stimmt einfach jedes Detail. Fruchtbare Gärten, gerade geerntetes Gemüse, frisch gewaschene Wäsche und dampfende Schornsteine… fehlen nur noch Bilbo und Frodo! Mindestens eine von uns fühlt sich hier richtig wohl… endlich Häuser in der passenden Größe 🙂 Fest steht auf jeden Fall, dass sich der Besuch auch für NICHT-Hobbit-und-Herr-der-Ringe-Nerds lohnt und dass wir uns die Filme an einem oder eher mehreren gemütlichen Abenden in der Heimat unbedingt anschauen müssen!

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal Neuseelands ist das inoffizielle Nationalsymbol – der KIWI. Ein eigentlich unscheinbarer, flugunfähiger Vogel, ungefähr so groß wie ein Huhn, welcher aufgrund seiner Einzigartigkeit und Seltenheit zu DEM Tier des Landes geworden ist. Langezeit hatte der kleine Kiwi in seinem Inselparadies keinerlei Feinde, er musste sich nicht verstecken, wurde nicht gejagt und stand in der Nahrungskette ganz oben, sodass er das Fliegen im Laufe vieler Jahre einfach verlernte. Doch irgendwann kam der Mensch und brachte alles aus dem Gleichgewicht! Nicht dass die Menschen den Kiwi jagten, im Gegenteil… der Plan war ein völlig anderer… welcher nur leider nicht zu Ende gedacht wurde. Mithilfe von „eingeflogenen“ Opossums und Frettchen wollten die Neuseeländer der Hasenplage Herr werden. Leider erkannten die gefräßigen „Neuankömmlinge“, dass es weitaus einfachere Beute gibt, als die flinken Karnickel… zum Beispiel die blinden, flugunfähigen, nichts ahnenden Kiwis. So nahm die Zahl dieser einzigartigen Vögel nach und nach rapide ab. Heute sind sie extrem selten und nur mit sehr, sehr viel Glück, nachts in den Wäldern im Unterholz in freier Natur zu finden. Auch wir haben uns auf die Suche gemacht, sind nach Einbruch der Dunkelheit an zwei verschiedenen Nächten durch die Kauri-Wälder gepirscht… und JA, natürlich hatte mindestens eine von uns wieder die schlimmsten Entführungs-Szenarien im Kopf… NACHTS ALLEIN IM FINSTERSTEN ALLER WÄLDER!!! Während die Träumerin furchtlos loszog, durchspielte die Realistin alle Überfallmöglichkeiten… naja, ihr kennt uns ja mittlerweile 🙂 …doch außer weiteren abenteuerlustigen, Kiwi-suchenden Touristen haben wir nichts gesehen. Leider ist es uns nicht gelungen, einen der Vögel zu entdecken. Aber wir bilden uns zumindest ein, welche gehört zu haben… denn die kleinen Kiwis schniefen nämlich während der Futtersuche wie kleine Schnupfnasen – also wir glauben ganz fest daran, dass wir das gehört haben 🙂

So langsam mussten wir uns nun vor Augen halten, dass unser Camperleben bald vorbei ist. Niemals hätten wir nur ansatzweise gedacht, dass es tatsächlich schwer fallen würde, unseren kleinen Rudi abzugeben! Er fuhr mit uns über 5000 Kilometer durch eines der schönsten Länder der Welt und hat uns keine einzige Minute im Stich gelassen. Und wieder haben wir gemerkt, dass es nicht viel zum Glücklich sein benötigt…

„Irgendwann ändern sich nicht die Dinge, sondern die Bedeutung, die wir Ihnen geben.“

Neuseeland – Wir2 hatten keine Ahnung wie wunderschön du bist!

Neuseeland – Wir2 hatten keine Ahnung wie wunderschön du bist!

TEIL 1 – Die Südinsel

Noch völlig verwirrt von den surrealen, an uns vorbei rauschenden Eindrücken aus Sydney, landeten wir an einem Mittwoch morgen, genauer gesagt dem des 6. März, am 157. Tag unseres großen Abenteuers im zwölften und damit vorletztem Land unserer Weltreise. Wir hatten wirklich absolut keine Ahnung, was uns hier, auf diesen zwei Inseln, irgendwo versteckt im Pazifik, am Ende der Welt erwartet und wie Wir2 mit all‘ dem umgehen werden beziehungsweise können. In unseren Köpfen geisterten Tage vorher noch unendlich viele Gedanken… Kann uns dieses Land, nach so vielen Erlebnissen und Eindrücken überhaupt noch berühren oder gar begeistern? Sind wir nicht schon ausreichend gefüllt mit hunderten Bildern und Geschichten der letzten fünf Monate? Wieviel ist der Mensch im Stande aufzunehmen, zu verarbeiten und vor allem zu behalten? Vor all’ diesen Antworten hatten wir richtig großen Respekt! Wir zweifelten an der Idee, eine Reise wie diese mit einem Land wie Neuseeland abzuschließen… Ist die Position am Ende einer Weltreise nicht irgendwie ungerecht? Der Gedanke umzuplanen und unsere ursprüngliche Route über Bord zu werfen, kreiste kurzzeitig wie ein Damokles-Schwert über uns… und doch trauten wir uns schlussendlich nicht an diese Entscheidung. Wir haben oft und lange darüber nachgedacht und letztendlich versucht, von vornherein, völlig unvoreingenommen auf eine gewisse Art und Weise noch einmal NEU zu beginnen. Wir ließen unser geliebtes südostasiatisches Chaos hinter uns und starteten in eine vollkommen andere, westliche, wunderbare, märchenhafte Welt… in die, der Kiwis; in die, zahlreicher Drehorte oscarprämierter Filme mit traumhaften Kulissen; in eines der begehrtesten Reiseziele weltweit; in ein traumhaftes Land 18.000 Kilometer; 24 Flugstunden und 12 Stunden Zeitverschiebung von zu Hause entfernt.

Die kommenden vier Wochen sollen allein diesem Stückchen Erde gehören. Der Plan ist erst einmal anzukommen, dann zu realisieren wo wir sind (und dieser Teil ist nach all‘ den Monaten wirklich nicht zu unterschätzen), danach einen groben Reiseplan zu erstellen und schlussendlich mit dem Camper einmal quer durch das ganze Land zu fahren… wobei wir tun und lassen was oder fahren und schlafen wohin und wo wir wollen 🙂

Die Südinsel, 150.437 Quadratkilometer, ca. 1 Million Einwohner

Das Grundgerüst der kommenden Wochen bauten wir uns während der ersten drei Tage in unserer Unterkunft am Stadtrand von Christchurch zusammen. Zur Selbsttherapie sowie zur eigenen Erdung und für das nötige Heimatgefühl gehörten dazu ausgedehnte Netflix- und Tatort-Abende. Ihr glaubt nicht, wie schnell wir uns durch den sonntäglichen Tatort zurück in die Heimat versetzt fühlen! Die Wirkung ist ähnlich dieses „Blitzdings-Gerät“ aus dem bekannten Hollywood-Streifen 🙂 …Einmal bitte alles auf Anfang!

„Und plötzlich wissen wir: Es ist Zeit etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.“

Nachdem die grobe Planung stand und wir unser eigenes Neuseeland geschaffen hatten, konnte das Abenteuer beginnen! Durch einen kurzen Ausflug in das Zentrum Christchurch’s, welches vom Erdbeben des Jahres 2011 noch immer gezeichnet ist, versuchten wir uns langsam an die neue Umgebung und vor allem die Temperaturen (gefühlt um den Gefrierpunkt!) zu gewöhnen.

Es kommt uns fast so vor, als würden wir wie zwei kleine Nesthocker das erste Mal den sicheren Bau verlassen. Und dennoch waren nach fünf Monaten Asien all‘ die Straßen, die Geschäfte und die Menschen erstaunlich vertraut! Unser europäisches Aussehen war plötzlich überhaupt nichts besonderes mehr… wir waren einfach zwei unter vielen… keine schüchternen Blicke, kein leises Getuschel und auch kein ewiges Lächeln mehr… Lässt man die Sprache und den Linksverkehr beiseite, ist überraschenderweise bereits nach drei Tagen alles unheimlich gewohnt. Wir finden uns schnell zurecht, sind bereit unser Nest für längere Dauer zu verlassen und verfallen prompt dem Konsum 🙂 Da ein Teil unserer warmen Kleidung schon vor drei Monaten mit nach Hause flog, durfte sich ein uns bekanntes Kleidungsgeschäft über unseren hausgemachten Notstand freuen… Motto des Tages: „Augen zu und Karte durch!“ …auch wenn die Wetterprognosen entgegen unserer langwöchigen Befürchtung (das passiert übrigens, wenn „Frau“ das englische anstatt das neuseeländische Christchurch in der Wetter-App speichert – so kann man sich schnell mal um ungefähr zehn Grad vertun!) nicht ganz so kalt sind, brauchen wir zumindest das ein oder andere wärmende Utensil 🙂

Jetzt, wo alles soweit vorbereitet ist, fiebern wir dem Tag der Tage entgegen… die Planung steht, wir sind gegen kalte Nächte gewappnet und das allerwichtigste… WIR SIND BEREIT FÜR NEUE ABENTEUER! Bereits früh am Morgen stehen wir auf dem Parkplatz der Autovermietung „Eurocampers“ – ein deutscher Geschäftsführer steht hier für zuverlässige Autos, top Versicherungsleistungen und eine sehr gute Rundum-Betreuung… wie ihr seht – das „deutsche Ur-Vertrauen“ ist uns auf jeden Fall erhalten geblieben 🙂 Nach einer kurzen Einweisung, ausführlichen Reisetipps (speziell über gute Burger sowie noch besseres Eis) und ein paar Formularien kann unser 22-tägiges Camperleben beginnen. Und auch hier hatten wir tatsächlich KEINE AHNUNG was uns erwartet!

Das ist unser neues zu Hause 🙂 Und ja… es ist im Grunde ein ganz normaler PKW! Es ist weder ein Wohnanhänger, noch ein Wohnmobil… es ist nicht einmal ein kleiner Bus oder ein Sprinter! Wir geben ehrlich zu, wir hatten auch mit ein klein wenig mehr Platz gerechnet, waren kurz erschrocken und uns aber im nächsten Moment mit einem Lächeln einig, dass das unser ultimatives Abenteuer werden wird! Ob wir uns das vorher gut überlegt haben? …Natürlich nicht! Das ist die kleinste Variante eines Campervans und kommt vom Komfort her wahrscheinlich direkt nach einem Baumarkt-Zelt im Super-Sonder-Ausverkauf-Angebot! 🙂 Aber das ist uns in dem Moment völlig egal… wir sind sogar schon am Grübeln wie unser kleiner Flitzer heißen soll und denken uns… wenn wir EINMAL IM LEBEN durch Neuseeland touren, DANN ABER RICHTIG!

„Geh raus und erlebe Abenteuer! Das Leben wartet auf dich!“

Aber wie startet man oder eher FRAU so einen Roadtrip eigentlich…? Für uns war klar – wir gehen erstmal ordentlich einkaufen. Ohne Mampf kein Kampf! Wir haben vor, uns größtenteils selbst zu versorgen… denn öffnet man die Kofferraumklappe unseres kleinen Toyotas, kommt eine Mini-Küche mit allen nötigen Utensilien zum Vorschein – also kommt alles, was einigermaßen gesund ist und schnell zubereitet werden kann in unseren Einkaufswagen. Im übrigen ist das nach fünf Monaten Asien noch immer fast ausschließlich Reis! 🙂 Mit dem Gepäck und sonstigen zu verstauenden Sachen ist es ein wenig wie Tetris spielen… Es hat irgendwann alles seinen Platz in unserem RUDI – Rudi Roadrunner tauften wir unser fahrendes Heim mittlerweile – denn er ist schnell und zuverlässig, hinterlässt quasi nur eine Staubwolke und düst allen davon… ein bisschen wie im Zeichentrick. Kennt ihr den noch? …dieser kleine flugunfähige, rennende Vogel im Kampf gegen den Kojoten 🙂 Wir hoffen einfach, dass Rudi uns die nächsten Wochen nicht im Stich lässt. Aber zurück zum Tetris… die Campingstühle schieben wir hinter das Trinkwasser, die Kiste mit allen Nahrungsmitteln in die Mitte unter das Bett, daneben der kleine Rucksack und davor die Schuhe, auf der anderen Seite die Reinigungsutensilien, Wäscheleine und die Kiste mit der Technik… alles hat seinen Platz und jeder seine Seite… Der Rest verteilt sich mit der Zeit auf sämtliche Ablageflächen und Fächer rund um das Auto.

Da Rudi für „Notfälle“ sogar eine kleine Campingtoilette an Bord hat und das Abwasser aus der Spüle in einen gesonderten Behälter fließt (das bedeutet hier „self-contained“), können wir an jedem Ort, welcher es erlaubt, nach Belieben campen… wie zum Beispiel in dieser traumhaften Kulisse am Lake Tekapo…

Solche Campingplätze sind Privatgrundstücke, hier mit ungefähr 22.000 Hektar Fläche und wahrscheinlich einer halben Million Schafe… mindestens! …was gar nicht so abwegig wäre, denn in Neuseeland leben neben 4,5 Millionen Menschen (und davon nur circa eine Million auf der größeren Südinsel) ganze 28 Millionen Schafen! Ein perfekter Ort um das Abenteuer Neuseeland zu begrüßen…

Die nächsten Tage zeigen uns, wie wunderschön und abwechslungsreich dieses Land ist. Oft haben wir einfach keine Worte für das, was wir sehen, erleben und fühlen dürfen! Das alles passt in keinen Fotoapparat der Welt! Wir haben mittlerweile schon so einige Länder bereist… aber landschaftlich ist Neuseeland wohl das absolute Nonplusultra! …keine Ahnung ob es noch einmal etwas vergleichbares auf so engem Raum gibt! Alle Zweifel des Anfangs und die Angst, das Land nicht erleben und wahrnehmen zu können, sind verflogen. Einfach alles um uns herum ist so unglaublich intensiv und wir merken, dass das genau der richtige Zeitpunkt für uns ist! Wir fahren von den schönsten Gebirgsseen an das Meer, von da durch immergrüne Wälder in eine Region voller Fjorde, zum Gletscher und wieder zurück zum Ozean!

Innerhalb kürzester Zeit und auf engstem Raum dürfen wir Seelöwen, Robben, Pinguine, Albatrosse und Delfine in freier Natur erleben. Wie kann es soviel Schönheit und Vielfalt auf so kleiner Fläche geben? Das ist die Einzigartigkeit von AOTEAROA oder auch dem „Land der langen weißen Wolke“ – so übersetzt man die Maori-Bezeichnung für Neuseeland, welches geografisch isoliert im Südpazifik liegt… rund 2000 Kilometer vom großen Nachbar Australien entfernt. Einer Legende der neuseeländischen Ureinwohner nach heißt es: „Nachdem Gott die Erde erschaffen hatte, bemerkte er, dass in der Weite des Pazifiks noch Platz war – Platz genug für zwei Inseln, so dachte er. Also nahm er die schönsten und interessantesten Teile aller Kontinente und schuf sein Meisterwerk – Neuseeland.“ DAS ALLES KÖNNEN WIR HIER JEDEN TAG AUFS NEUE BESTÄTIGEN!

Einer der Gelbaugen-Pinguine am Strand

Wir fahren von Ost nach West und von Süd nach Nord… 3.500 Kilometer allein auf der Südinsel! Nach jeder Kurve, nach nahezu jedem Kilometer eröffnet sich ein neues Stückchen Erde zum Bestaunen. Sogar im strömenden Regen finden wir Landschaften, welche mithilfe des miesesten Wetters umso mystischer und wundervoller wirken. Aus allen Richtungen ergießen sich die Wassermassen über uns in Richtung Tal… beängstigend aber auch unglaublich beeindruckend…

Was bereits vor über 100.000 Jahren von Gletschern geformt wurde, gehört zurecht zum Weltkulturerbe und ist eine der atemberaubendsten Landschaften Neuseelands – das Fiordland oder genauer gesagt, Milford Sound. Heute rauschen an diesem Ort hunderte Wasserfälle über zahlreiche Klippen in das Meer. Meterhohe steile, unbewohnte Hänge werden vom Regenwald überwuchert. Seit tausenden von Jahren hat die Natur hier das Sagen, wodurch der größte Teil dieser Landschaft nach wie vor unverändert ist.

Doch das alles wäre nicht Neuseeland, würden wir nicht noch am selben Tag, nur ein paar Kilometer entfernt in eine völlig andere Landschaft eintauchen! Die Wanderung zum sogenannten „Key Summit“ bringt uns an den Punkt, an welchem drei Flüsse ihren Ursprung finden um zu drei verschiedenen Küsten Neuseelands fließen: zur West-, zur Ost- und zur Südküste. In diesem Land gehen uns einfach die Worte aus…

„Wenn du die Stille und die Schönheit der Natur genießen kannst, besitzt du mehr, als jene die nichts anderes tun, als nur Statussymbole zu sammeln.“

 

Neben den landschaftlichen Highlights, gönnen wir uns natürlich auch das ein oder andere kulinarische Schmankerl! Keine Frage… das beste Essen (zum Beispiel Reis mit Soße, Reis mit Bohnen, Reis mit Gemüse, verschiedenes Gemüse mit Reis oder dunkler Reis mit hellem Reis) entspringen aus Rudis Kofferraum… aber manchmal darf es eben auch etwas „lokales“ sein 🙂 …wobei sich das „Lokale“ hierzulande auf Burger sowie einheimische Kuchen-, Schokoladen- und Eissorten beschränkt, da es keine wirkliche Esskultur gibt! Glückliche Rinder gibt es allerdings genug… weswegen wahrscheinlich auch jeder nichtvegetarische Tourist in Neuseeland einen echten FERGBURGER in Queenstown essen geht! Ihr glaubt nicht, was hier los ist! Die Menschen stehen Schlange nach diesem, mit Fleisch belegten Brötchen… einfach nur verrückt! Das wollen wir natürlich testen! Und wir stellen fest… ES LOHNT SICH DEFINITIV! Eine willkommene Abwechslung zwischen unseren deliziösen Reiskreationen 🙂

Hier heißt es anstehen für einen guten Burger!

Dafür machen wir gern Werbung 🙂 LECKER, und der Inhalt gehört allein uns 🙂

Nachtisch… Schoko-Karamell-Muffin 🙂

Außerdem zu empfehlen: Chocolate und Carrot Cake

Und DAS HIGHLIGHT: Caramel Slice!!!

Auf das Schlemmen folgt allerdings eine echte Herausforderung für uns – der Roy’s Peak!

Es ist 5 Uhr morgens, der komplette Campingplatz ist noch im Tiefschlaf, die Scheiben der Autos sind von innen beschlagen, kein Mucks weit und breit, unter einem unserer Kissen klingelt der Wecker, wir lauschen… keine Regengeräusche mehr auf dem Autodach, wir öffnen die Augen und fragen uns, ohne auch nur ein Wort zu sagen, was wir hier eigentlich tun? Wir sind in dem kleinen Örtchen Wanaka und wollen hoch auf den Gipfel des Mount Roy… was das genau heißt? …16 Kilometer, 1100 Höhenmeter – und das ganze in ungefähr fünf Stunden. Ob das verrückt ist? Nein, das ist in Neuseeland völlig normal! 

„Gib einem Mädchen die richtigen Schuhe und sie kann die Welt erobern!“

Marilyn Monroe

Noch völlig verschlafen schlüpfen wir, bevor sich die Tür unseres Campers das erste Mal öffnet, in die bequemste Wanderkluft. Mit dem Griff zum Hebel der Schiebetür tauschen wir unser warmes, kuscheliges Nest gegen eine klamme, noch dunkle, kalte, ungemütliche Außenwelt. Während eine von uns so leise wie möglich die Kofferraumklappe öffnet und den Gaskocher für den ersten Kaffee anschmeißt, beginnt die andere alles Nötige für den Tag zusammen zu packen. Wir stehen an der kleinen Flamme unter der Kofferraumklappe unseres Campers… die Hände dicht am Wassertopf, in der Hoffnung, es kommt ein wenig Wärme an den Fingerspitzen an… Rudi gibt wirklich ALLES für unser Wohlbefinden… als würden wir, ähnlich wie zu Hause, morgens im Bademantel, gemütlich in der Küche auf den ersten, wohlduftenden Kaffee aus der Maschine warten 🙂 Im Grunde brauchen wir nicht viel für unseren Start am frühen Morgen… wir sind glücklich, schauen in den einzigartigen Sternenhimmel (wirklich wahr, so viele Sterne wie an kaum einem anderen Ort… der reine Wahnsinn!) und wissen, dass ein anstrengender aber GROSsARTIGER TAG vor uns liegt.

Der Aufstieg beginnt und erste Wolken ziehen auf…

Es tut sich etwas… Aussicht auf besseres Wetter 🙂

Wir schaffen es ÜBER DIE WOLKEN…

Was wäre Neuseeland ohne die Schafe 🙂

Und wir wurden tatsächlich mehr als belohnt! Das Wetter zeigte sich von der besten Seite… Alle Strapazen des dreistündigen Aufstiegs sind schon fast vergessen und wir stolz wie Bolle 🙂 Pünktlich um 9 Uhr können wir auf dem Gipfel in unser Erdnussbutterbrot beißen und die Welt war mehr als in Ordnung… 1580 Meter über dem Meeresspiegel auf die Schönheit Neuseelands herabblicken, glücklich sein und den Moment gemeinsam genießen… DAS IST EINFACH  UNBEZAHLBAR!

In einem Land wie Neuseeland wird wohl der Großteil der Erinnerungen unter die Kategorie „unbezahlbar“ und einzigartig fallen! Normalerweise haben wir ein bis zwei, maximal drei dieser unbeschreiblichen Erlebnisse pro Reiseland. Es ist ja auch völlig normal, dass dich manche Dinge mehr und andere weniger beeindrucken. Doch hier fahren wir ein paar Kilometer weiter… und es wartet schon der nächste Wow-Effekt! Könnt ihr euch vorstellen, innerhalb kürzester Zeit, von einem Gletscher direkt an das Meer zu fahren? Wir konnten das auch nicht, aber es funktioniert tatsächlich…

Morgens um 11 Uhr:

Nachmittags um 15 Uhr:

Keine Frage, die Berge faszinieren uns unwahrscheinlich… doch wenn wir die Wahl hätten… Wir2 würden uns trotzdem IMMER für das MEER entscheiden! Es zieht uns einfach magisch an und wir können nichts dagegen tun. Und so verbringen wir die nächsten Tage immer in der Nähe irgendwelcher Buchten, Strände oder auch mittendrin 🙂

Wanderwege, Trekkingrouten, Walks, Trails oder noch besser Hikingtouren (wir haben nämlich gelernt, dass sich das englische „hike“ viel besser, interessanter und cooler anhört als das deutsche „wandern“) …wie auch immer man sie bezeichnen mag – es gibt sie hier in allen Schwierigkeitsstufen, in jeder beliebigen Länge und durch nahezu jede Landschaft. Ganz im Norden der Südinsel haben wir auf jeden Fall einen Weg gefunden, welcher für uns zu den absolut Schönsten gehört… am nördlichsten aller Punkte führt eine 16 Kilometer lange Wanderung über die grünsten Schafweiden, vorbei an den atemberaubendsten Steilküsten mit ganzen Robbenkolonien, bis hin zu einem wunderschönen, hinter meterhohen Dünen, versteckten Sandstrand.

„Wandern ist eine Tätigkeit der Beine – und ein Zustand der Seele.“

Josef Hofmaler

Wir sind während unserer zwei Wochen auf der Südinsel knappe 150 Kilometer gelaufen, durften die schönsten aller Landschaften entdecken und Sammlerinnen vieler unglaublicher, lebenslanger Erinnerungen werden… wir haben oft geschnauft, die Aufstiege verflucht und danach umso mehr genossen, haben das Land aus tiefstem Herzen lieben gelernt, aus vielen Blickwinkeln betrachtet und ihm Rahmen unserer Reise miterlebt, wie ein bisher „verschonter“ Staat von einem grausamen Akt des Terrors ohne Vorwarnung einfach überrannt wurde!

Ein so stolzes Volk wie die „Kiwis“ spricht dabei mit keiner Silbe über die oder den Täter einer solch grausamen Tat, denn er hat diese Plattform nicht verdient… 50 tote Menschen, die an einem ganz normalen Freitag friedlich ihrem Glauben nachgehen wollten… hier geht es einzig und allein um die Opfer, um die Einwohner, um die MENSCHEN Neuseelands!!! Das Land ruft zu Schweigeminuten auf (an welche sogar über elektronische Geschwindigkeitsanzeigen an Highways erinnert wird) und namhafte Politiker tragen als Zeichen der Trauer, des Respekts und der Anerkennung an die muslimischen Opfer ein Kopftuch! Es ist eine völlig andere, bewundernswerte Herangehensweise an Geschehnisse wie diese, es werden innerhalb nur weniger Tage neue Gesetze hinsichtlich des Waffenrechts beschlossen und die Einheimischen geben freiwillig ihre Gewehre und Pistolen ab. Für so etwas gebe es „keinen Platz in Neuseeland.“, sagte die Premierministerin. Und genau diese Einstellung können wir hier inmitten dieses wundervollen Landes irgendwie spüren… Im Gegensatz zu vielen anderen Staaten, sind die Menschen hier stolz! Sie sind stolz auf ihre Natur, stolz auf ihr Land, stolz auf sich selbst und ihre Nachbarn… egal welcher Herkunft! Schätzt man all‘ das in ähnlicher Art und Weise, ist hier jeder herzlich Willkommen! …und wir würden uns jetzt zum ungefähr zehnten Mal wiederholen, wenn wir wieder und wieder schreiben, dass dieses Land, egal in welcher Hinsicht, einfach großartig ist! Neuseeland gibt uns etwas Einzigartiges, etwas nie zuvor Erlebtes, etwas Unbeschreibliches… was wohl immer in unseren Herzen bleiben wird!

„Die allerbesten Momente sind die, die man nicht erzählen kann, weil es niemand verstehen würde.“

Der krönende Abschluss unserer Zeit auf der Südinsel und zugleich die Erfüllung eines absoluten Traums war die Bootstour vor der Küste Kaikouras. Da die Gewässer hier unweit des Festlandes durch einen Unterwasser-Canyon Tiefen von bis zu 1600 Metern erreichen, ist das ein guter Ausgangspunkt für die Beobachtung sämtlicher Walarten. Die Neuseeländer leben und lieben ihre Natur! Sie sind unheimlich stolz darauf, dem Besucher in ihrer Maori-Sprache (die wirklich wunderbar sympathisch klingt) zu begegnen und ihm die atemberaubende Natur mit viel Gefühl und Emotion näherzubringen …so auch der Kapitän und der Guide unseres kleinen Katamarans. Sie geben alles, dass sich die Gäste an Bord wohlfühlen. Und glaubt uns, da gehört einiges dazu, denn diese Tour ist nichts für empfindliche Mägen! Denn wenn der Kapitän mit seinem „Unterwasser-Ohr“ Walgeräusche hört und dazu die studierte Walbeobachterin auf dem Oberdeck noch kleinste Bewegungen auf der Wasseroberfläche sieht, ist es egal wie hoch die Wellen sind… sobald eines dieser mächtigen Tiere erspäht wurde, gibt der Kapitän „alles“, sodass Menschen wie wir die Chance bekommen, einen Wal aus sicherer Entfernung (für ihn und für uns!) zu beobachten. Was für ein wundervolles Erlebnis…

Nach 3500 Kilometern, fast 500 vertankten Euros (die sich mehr als gelohnt haben!), drei großen Bechern Erdnussbutter (die sich noch viel mehr als mehr gelohnt haben 🙂 !) und 10 Tüten Reis machen wir uns, zusammen mit Rudi, auf den Weg zur Nordinsel. Die Fähre von Picton nach Wellington (was die Hauptstadt Neuseelands ist) fährt ungefähr dreieinhalb Stunden und ist eine Panoramafahrt, welche wir so überhaupt nicht erwartet hätten…

REISEN bewegt… Beine und Kopf 🙂