Von der Halong Bucht über die „Verlassene Insel“ nach Ninh Binh

Von der Halong Bucht über die „Verlassene Insel“ nach Ninh Binh

Wir wollten MEER sehen… und das haben wir 🙂 Es war nötig, es war wundervoll und es war Balsam für unsere Seelen nach über 40 Tagen on Tour! Raus aus dem Lärm und dem Mief der Großstadt, hinein in die beruhigende Wirkung des Wassers. Zwei Tage durch eine der schönsten Landschaften Vietnams schippern, sich um nichts kümmern, bekocht werden, mit dem Kajak durch Höhlen und Lagunen paddeln, auf dem Sonnendeck liegen und einfach nur genießen… genau das haben wir getan UND vor allem auch gebraucht!

Startpunkt unserer kleinen Expedition war Cat Ba. Das ist die größte Insel der Halong Bucht, im Übrigen auch bekannt für ausgelassene Stimmung, Party und viele Backpacker – zumindest der bewohnte, kleine Teil davon. Aufgrund der Nebensaison dröhnten zwar die Bässe aus den Karaoke-Bars, aber die singenden Touristen dazu fehlten irgendwie… zum Glück! Denn das letzte, was wir wollten waren grölende, pubertierende Ballermann-Touristen auf der Suche nach dem besten Hangover ihrer Reise! Die Einheimischen ließen sich jedoch von fehlenden Gästen nicht abhalten… sie machten einfach ihre eigene Party… Hauptsache laut und bunt 🙂 Im Rausche der Charts aus den Zweitausendern suchten wir uns ein schönes Restaurant an der Promenade. 

Wir fühlten uns wieder gesund, atmeten MEERluft und waren glücklich mit der Entscheidung, hier her gefahren zu sein. In euphorischen Momenten wie diesen, vielleicht kennt es der ein oder andere, wird man schnell übermütig… also standen im nächsten Moment zwei der leckeren „Passion Fruit Mojitos“ auf unserem Tisch 🙂 Dazu frische Sommerrollen und ein großer Teller Glasnudelsalat mit Hühnchen und frischen Kräutern. Wir wissen bis heute nicht genau, welche der drei Sachen oder Zutaten den Rückfall auslöste, aber er kam bitterböse und zog sich (mit dem kompletten Unverträglichkeits-Programm) über den gesamten nächsten Tag! Leider erwischte es wieder die bereits angeschlagene Hälfte von uns. Wie war das noch…

„Übermut kommt vor dem Fall“

Ab jetzt herrschte auf jeden Fall wieder striktes Verbot jeglicher Genussmittel – wer nichts verträgt, bekommt auch nichts… ganz einfach! Die Regeln der Realistin griffen nach langer Zeit wieder… Schluss mit dem Lotterleben! Die typischen Floskeln der Träumerin „wird schon alles gut werden, ich bin doch wieder gesund“ halfen uns kein Stück weiter! Wir sind eben doch noch zu weit von den gewohnten einhundert Prozent entfernt, volle Fahrt voraus funktioniert noch nicht, also zurück auf halbe Kraft. Und als ob das nicht genug wäre!!! NEIN… wir sollten beide etwas von dem Kuchen abbekommen! Litt die Eine erneut an Übelkeit, war die Andere mittlerweile von Ausschlag, Flöhen, Wanzen oder sonstigen Tierbissen übersät… die Souvenirs unseres „Hardcore-Homestays“ setzten uns noch immer ordentlich zu! Eine unvergessliche Erinnerung eben… Während sich eine Hälfte mit Magentabletten über Wasser hielt, versuchte die Andere durch irgendwelche vietnamesischen Kräuter- und ätherischen Anti-Insektensprays ihre Beine vor dem tierischen Lochfraß zu retten… Also im Grunde ein einziger, erbitterter Kampf um das Überleben!

Wahrscheinlich hätten wir vor unserer Reise doch mehr Rambo oder Bear Grylls anschauen sollen 🙂 🙂 🙂 Aber auch das werden Wir2 ohne absolviertes Überlebenstraining irgendwie zusammen schaffen!

Nachdem unser „kleiner“ Rückfall überwunden war (zum Glück geschah das nach und nach, wodurch wir auch etwas Ernsteres ausschlossen), konnten wir die wunderschöne Halong Bucht gemeinsam genießen. Das kleine Boot fuhr uns in ruhigere Gewässer, fernab von den Tagestouren der Touristenmassen… und es war tatsächlich STILL! …nur das leise Rattern des Schiffsmotors. Während sich die Sonne langsam durch die Wolken kämpfte, erkundeten wir mit unserem Kajak die Höhlen und Lagunen inmitten der riesigen Kalksteinfelsen. 

Insgesamt gibt es rund 1970 Stück dieser anmutigen, grün bewachsenen Berge, welche sich zum Teil, wie aus dem Nichts, mehrere hundert Meter empor heben. Glaubt man der Legende, entstand die Bucht durch einen Drachen, welcher in den Bergen, unweit des Meeres lebte. Bevor dieser eines Tages in den Ozean abtauchte, lief er wild umher und schlug mit seinem Schwanz tiefe Furchen in das karge Land. Dort sammelte sich im Laufe der Zeit Wasser um die übrig gebliebenen Felsen an, wodurch die „Bucht des untertauchenden Drachen“ entstand… die heutige Halong Bucht. Das hört sich doch viel schöner an, als irgendeine geologische Erklärung, oder? 🙂 Wir glauben auf jeden Fall ganz fest daran 🙂

Noch etwas nordöstlicher der Halong Bucht liegt eine kleine Insel namens Quan Lan. Ihre längste Straße misst gerade einmal 15 Kilometer, es verirren sich kaum Touristen hierher und zu sehen gibt es auch nichts… außer ein paar wunderschönen weißen Sandstränden. PERFEKT für die nächsten drei Tage! 

Wir liehen uns Fahrräder und radelten über die komplette Insel, von oben nach unten, von links nach rechts und wieder zurück 🙂

Es gibt hier keine immerzu hupenden Roller oder Autos, hier muss sich keiner lautstark bemerkbar machen… denn es ist Platz ohne Ende! Einfach entspannt in der Mitte der Straße von einem Strand zum anderen radeln… das war in dem Moment das absolut Größte für uns… herrlich!

 

Kleine, ruhige, asiatische, menschenleere Inseln haben aber immer Nachteile! Wir würden lügen, wenn wir sagen, dass hier alles perfekt ist! Kennt ihr diese Menschen, ohne jetzt jemanden zu verurteilen, die aus ihrem Urlaub zurück kommen (egal ob Pauschal- oder Individualreise, es kann alles wunderschön sein!) und erzählen, dass vom Hotel über das Wetter, das Essen, das Meer, die Umgebung und die Menschen alles perfekt war?! Ganz ehrlich, das haben wir noch nie geglaubt! Und es ist doch auch überhaupt nicht schlimm, wenn gewisse Sachen (auch in dem EINEN teuren Jahresurlaub) einfach nicht schön waren! Das Reisen soll doch die Realität zeigen, soll Augen öffnen, Blickwinkel verändern… Also machen wir uns nichts vor! Es gibt einfach überall was zu bemängeln! …Wir sind Deutsche! 🙂

Aber kommen wir doch einfach zu Punkt Nummer 1: Die Anreise

Wenig Touristen bedeutet zumeist eine beschwerliche Anreise. Bus – Boot – Taxi. Wer das eine will, muss das andere mögen! Auch wenn der aktuellste Bootsfahrplan sagt, das Boot fährt mindestens dreimal pro Tag… glaube es niemals, bevor du nicht mit einem Einheimischen gesprochen hast! Denn die Realität ist IMMER anders! Ergebnis war letztendlich…es gibt genau ein Boot pro Tag, welches zu einer komplett anderen Zeit fährt und auch einen völlig anderen Preis hat, als veranschlagt 🙂 Also nichts, was wir nicht gewohnt sind! Am Ende zählt doch nur, dass es funktioniert… und das tut es!

Nummer 2: Das Hotel 

Es gibt auf Quan Lan nicht wirklich viele Unterkünfte. Die über Booking aufgerufenen Bewertungen haben eine extrem große Spannweite… sie reichen nämlich von schlecht bis sehr schlecht! Also könnt ihr euch ungefähr vorstellen, wie die Zimmer aussehen. Hier ist unser kleiner dünner Schlafsack gold wert! Zumindest vermittelt dieser, in einer Umgebung wie hier, ein Stück weit Sicherheit und Sauberkeit 🙂 Besten Dank an dieser Stelle an MARABOHA – Werbung muss auch manchmal sein, besonders für tolle Produkte, die uns zur Verfügung gestellt wurden! Wir wurden im übrigen vor unserer Reise von unseren Freunden mit Aufgaben versorgt, darunter war das Übersenden von Bildern unserer „gewöhnungsbedürftigsten Unterkunft“… also das Bad unseres Zimmers auf der Insel schafft es definitiv in diese Kategorie! 

Mit etwas Glück befand sich der einzige Angestellte im Hotel und wir hatten die Chance etwas Nahrhaftes aus der eher übersichtlichen Speisekarte zu bestellen oder sonstige Wünsche zu kommunizieren. Erwischten wir dieses Zeitfenster von circa zweimal zehn Minuten pro Tag, gab es morgens einen Kaffee sowie Joghurt mit EIS …in der Karte stand übrigens Joghurt mit REIS! …fraglich, ob der Autor hier schon Schwäche zeigte oder vielleicht der Angestellte beim Lesen der Karte… dieses kleine, unbedeutende „R“ kann schon mal vorn runter fallen. Es bescherte uns auf jeden Fall ein wunderbares kulinarisches Highlight zum Morgen 🙂 Gegen Abend bekamen wir Suppe, Reis mit Gemüse, Bratnudeln oder in süßem Pfannkuchenfett frittierte Kartoffeln. Ja, ihr schmunzelt jetzt wahrscheinlich… aber das war das einzige Restaurant der Insel!  Alle anderen, durchaus geöffneten Lokale, schauten nur fragend und begegneten uns mit einem eher unfreundlichem „Nein“, als wir uns setzen wollten. Wir hatten sozusagen die Wahl zwischen den üblichen Dorfkiosk-Keksen, Chips oder Instantnahrung und der üppigen Auswahl unseres Hotels! 

Wie ihr seht, die Entscheidungsfindung in Sachen Essen gehen oder nicht, war ein unerbittlicher Kampf 🙂 Zum Glück verkauften einige Familien im Dorf total leckeres, frisches Obst wie Mangos, Guaven und Kakis… welche uns zumindest zu ein paar Vitaminen verhalfen – wodurch wir Thema Nummer 3: Das Essen, auch schon abgehakt hätten.

 

Dann gibt es noch Nummer 4: Die Sauberkeit

Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass Umweltschutz in Südostasien absolut kein Thema ist. Es ist so traurig anzusehen, wie die Einheimischen mit ihrer traumhaften Natur umgehen. Plastikmüll wird einfach überall entsorgt, auf den Straßen oder im Meer… was nicht mehr gebraucht wird, fliegt weg… egal wo man steht oder geht. Wir würden am liebsten alles einsammeln, wenn wir könnten! Aber Kloschüsseln im Straßengraben bringen selbst uns an gewisse Grenzen! Wir wünschten wir könnten darüber lachen, aber es ist die traurige Realität. Natürlich bringen wir als Touristen auch viel Müll in diese Länder, aber wir versuchen diesen zumindest irgendwie zu entsorgen. Es würde uns NIEMALS in den Sinn kommen, etwas in das Meer zu schmeißen!!! Wir haben dieses Bewusstsein, weil wir es nicht anders kennen. Doch davon ist Südostasien leider noch Jahrzehnte entfernt! So schön das Reisen in diesen Regionen ist, aber der Müll ist ein echtes Problem! Leider spiegelte sich dieses Bild auch auf unserer kleinen Insel wider. Ja… wir haben wundervolle, traumhafte, einsame Strände gefunden… weit und breit kein Mensch… Sand, wie er weicher nicht sein kann und Wasser, für welches es eine Steigerung von klar geben müsste… Aber leider ist das in großen Teilen übersät von Plastikmüll und all‘ dem, was einfach über Bord geworfen wird.

Wir müssen uns schon echt Mühe geben, Strandabschnitte wie diesen zu finden…

 

Ist das nicht Schade? Vielleicht sollten wir unsere Jobs doch hinschmeißen und in die Müllentsorgung in Vietnam investieren…??? Wir werden das ernsthaft in Erwägung ziehen…

Bevor wir dieses wunderschöne Land, welches es uns aufgrund diverser krankheitsbedingter Zwischenfälle leider nicht ganz leicht gemacht hat, Richtung neuer kurzzeitiger Wahlheimat Thailand verlassen, möchten wir uns zum Abschluss noch einen weiteres Stück Halongbucht anschauen… nämlich den sogenannten „trockenen“ Teil südlich von Hanoi (Ninh Binh). Auch hier prägen schroffe, grün bewachsene Kalksteinfelsen das Landschaftsbild. Hört man die Bezeichnung, stellt man sich zunächst eine dürre, karge Region vor… aber weit gefehlt! Die trockene Halong Bucht wird zwar nicht vom Meer umsäumt, aber dafür von zahlreichen Reisfeldern, Seen und Flüssen. Beim radeln über die schmalen Wege zwischen den Reisfelder fühlen wir uns fast wie im Märchen… fehlt nur noch, dass der Drache wirklich irgendwo hinter den Hügeln aufsteigt.

Dazu wohnen wir in einem kleinen, niedlichen Bungalow, welcher super in diese bizarre Traumwelt passt 🙂

 

Die Gegend wirkt nahezu mystisch auf uns. Sie ist auf ihre Art zauberhaft schön und sehr besonders! 

Was vor allem auffällt, ist die Sauberkeit entlang der Flussränder. Sollte das Bewusstsein für den Umweltschutz hier tatsächlich angekommen sein? Während uns eine kleine vietnamesische Mutti über zwei Stunden gemütlich (sie bedient die Ruder mit ihren Füßen! …und wir haben schon per Hand arge Koordinationsprobleme!) durch die Bucht schippert, mitunter übrigens durch bis zu 300 Meter lange Höhlen, genießen wir die Ruhe.

Zurück in Hanoi heißt es so langsam Abschied nehmen… Abschied von drei Wochen, in welchen das erste Mal wenig so lief, wie ursprünglich einmal geplant! Die Zeit, auf welche wir uns vor der Reise am meisten gefreut hatten, lief komplett anders als gedacht. Wir konnten unsere Vorstellungen und „Ziele“ leider nicht umsetzen, hatten unseren ersten Krankenhausbesuch und schalteten infolgedessen mehrere Gänge zurück. Mittlerweile sind wir 51 Tage unterwegs… fast zwei der sechs Monate sind vorüber… Wahnsinn! Und es ist alles gut so wie es ist! Wir hatten dennoch eine wahnsinnig tolle Zeit und sind, auch aufgrund der Planänderung, sehr glücklich über unsere Erlebnisse in Vietnam.

„Wenn Plan A nicht funktioniert, keine Sorge, das Alphabet hat noch 25 andere Buchstaben!“

VIELEN DANK für die tolle Unterstützung durch das VIETHOUSE-Team Ly und Heiko in VIETNAM!

Bettruhe in Hanoi

Bettruhe in Hanoi

Die Abreise aus unserem kleinen Dorf und der vorzeitige Abschied von unserer “Gastfamilie“ war mit etwas Abstand betrachtet, die vernünftigste und beste Entscheidung! Denn mit fast 40 Grad Fieber ist es in einer Umgebung, welche eine schlechte bis gar keine medizinische Versorgung bietet, NICHT mehr lustig! Ohnehin schon von Sorgen geplagt, werden mithilfe von Google auch noch die schlimmsten Krankheitsbilder diagnostiziert! Eine furchtbare Angewohnheit heutzutage! In solchen Situationen helfen selbst gegenseitige Versprechen, nicht nach Symptomen im Internet zu suchen, kein Stück… wir machen es trotzdem! …und denken dabei auch noch, die Andere merkt es nicht! Das trägt auf jeden Fall TOTAL zur inneren Gelassenheit bei!!! Demnach hat man mit ein wenig Phantasie alle Tropenkrankheiten dieser Welt!

Nach zwei Tagen Bettruhe im hohen Norden nahmen wir die sechsstündige Busfahrt Richtung Süden auf uns. Unser Ziel: Hanoi, oder auch „die Stadt innerhalb des Flusses“ und Hauptstadt Vietnams ist mit etwa 7,5 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Metropole des Landes. Einmal in der wunderschön charmanten Altstadt angekommen, könnte der strukturierte Deutsche vermuten, dass hier das reinste Chaos herrscht! Himmel und Hölle treffen hier ungebremst aufeinander… Hanoi ist der Inbegriff einer unüberschaubaren, ungeordneten und verworrenen asiatischen Großstadt. Kleine Geschäfte, Hotels, Restaurants, Straßenküchen, fliegende Händler, Roller, Mopeds und Zweiräder prägen das Straßenbild… ach und hatten wir erwähnt, dass es Roller gibt??!! Sich im Straßenverkehr der Stadt zu bewegen heißt, das Chaos und den Zufall berechnen. Die Formel dafür ist Vertrauen ins Quadrat hoch zehn, das ganze multipliziert mit der vietnamesische Logik (z.B. dass jeder Vorfahrt hat und die Hupe alle Verkehrszeichen ersetzt), geteilt durch die innere Gelassenheit und dem Glauben an mehrere Leben!

 

Im Internet kursieren sogar Anleitungen zum „Überleben in den Straßen Hanois“ 🙂 Der Verkehr und die Geräuschkulisse sind gewöhnungsbedürftig und mitunter richtig anstrengend! Ohne Hupe (die teilweise ganze Tonfolgen abspielen) bist du hier NICHTS! Aber das sind nach unserer Indien-Erfahrung glücklicherweise alles keine Neuigkeiten für uns 🙂 Hanois Straßenbild besteht zu 90% aus den lärmenden Zweirädern – wobei die Zahlen variieren, aber es sind wohl um die 6 Millionen! …unsere Theorie ist allerdings, dass es, ähnlich wie bei Straftaten, eine Dunkelziffer gibt, einen Schwarzmarkt quasi, „unter dem Ladentisch“, z.B. die Zahlen für Mopeds, die gar keine mehr sein dürften weil vom Spiegel über Bremsen und Sattel einfach alles fehlt…oder die, die aufgrund ihrer Transportlast schon als Zwölftonner durchgehen… dadurch steigt die Anzahl für uns auf mindestens 10 Millionen 🙂 Vergleicht man die Straße mit einem Fluß, so herrscht hier definitiv ein Jahrhunderthochwasser… ach was… Jahrtausend!!! Es reißt dich gnadenlos mit und du gehst, ohne dass es überhaupt jemand bemerkt, einfach unter, du ertrinkst, nein… du ersäufst jämmerlich… sobald du die EINE, die GOLDENE Regel missachtest! 

BLEIB RUHIG, SELBSTSICHER und gehe LANGSAM über die Straße, nur NICHT RENNEN!!!

 

Wir lernen von den Einheimischen, heften uns erstmal an deren Fersen und entwickeln sehr schnell einen eigenen Blick für die schmalen Brücken über die reisenden Gewässer. Fußwege und Ampeln sind in der Altstadt zwar vorhanden… aber Punkt eins funktioniert der gemeine Vietnamese als Roller-Parkplätze, Garküchen und Sitzgelegenheiten um… und Punkt zwei wird schlichtweg ignoriert! Warum nach einer Ampel richten, wenn man auch kreuz und quer durcheinander fahren kann und trotzdem an sein Ziel kommt??!! Ganz zu schweigen von den Zebrastreifen auf JEDER Straße! Entweder war weiße Farbe übrig oder es ist eine Art Asphalt-Gemälde… sie dienen jedenfalls nicht dem gewohnten Zweck der sicheren Straßenüberquerung, reine Makulatur! 

 

Dass wir dem quirligen Hanoi auf jeden Fall einen Besuch abstatten, um das für uns völlig chaotische Altstadt-Getümmel der liebenswerten Roller-Hochburg zu erleben, stand von Anfang an fest. Allerdings hätte das, gemäß der ursprünglichen Planung, gern zwei Wochen später stattfinden können! Die abrupte Abreise aus dem nordvietnamesischen Bergland war unsere erste größere Routen-Änderung… die sich ungefähr so anfühlte:

„Heckenschere gesucht, Caipirinha-Zutaten gefunden, Tagesplan geändert!“

Nur hatte der Caipi einen überaus bitteren Beigeschmack! Erste Anlaufstelle in Hanoi – das örtliche Krankenhaus!!! Wir suchten uns eines der Internationalen mit durchweg positiven Kritiken und Kooperationsärzten der Deutschen Botschaft… Preis egal… hauptsache sauber und zuverlässig! Ihr glaubt nicht, wie einem in Sachen eigener Gesundheit in Verbindung mit asiatischer medizinischer Versorgung die Pumpe geht! Zwei Dinge, die oft Welten von einem gemeinsamen Nenner entfernt sind! Dennoch blieb uns in dem Moment KEINE andere Wahl… Wir müssen da jetzt rein und jegliche Untersuchungen hinsichtlich möglicher Erkrankung über uns ergehen lassen… also zumindest die eine Hälfte von uns! …was die Sache nicht besser machte, denn die Andere litt mindestens genauso, nur allein durch den Anblick und die Sorge, wenn nicht sogar doppelt und dreifach mit!

 

Der erste Eindruck der Klinik – sauber, sehr freundlich und viele Europäer – vielleicht doch ein sicherer Hafen? …erst einmal durchatmen! Wir wurden direkt angesprochen, nach dem Grund unseres Besuches befragt und zur weiteren Anmeldung geschickt – ein kurzes Formular mit persönlichen Daten ausfüllen und schon ging es zum Blutdruck sowie Fieber messen, Blut abnehmen und dem Grippe-Schnelltest (wir wissen nicht, ob ihr das kennt, also wir bisher nicht, aber dabei wird ein „etwas längeres“ Stäbchen in die Nase geschoben – die gesunden 50% haben dabei übrigens den Behandlungsraum verlassen, während die andere Hälfte dieses Ding ungefähr an der Schädeldecke spürte). Keine 20 Minuten später waren alle Ergebnisse bereit zur Verkündung. Auch hier stieg der Puls noch einmal auf 300!!! Heimlich beteten wir, dass es nichts ernstes ist! Der behandelnde Arzt stand, mit einem Mundschutz wedelnd, in der Tür und bat uns herein. Er verzog keine Miene… IST DAS JETZT GUT??? …ließ uns aber zum Glück nicht länger zappeln! „You can count yourself lucky! It is Influenza… nothing serious!“ Eine „einfach Grippe“!!! Der Stein, der uns vom Herzen fiel, war wahrscheinlich bis ins 8400 Kilometer entfernte Deutschland hörbar! Der Arzt verordnete unserer Kranken den Mundschutz, viel Ruhe, Schlaf und Flüssigkeitszufuhr, da es für den sinnvollen Einsatz von Grippe-Medikamenten schon zu spät war.

 

Wir waren sowas von erleichtert und hatten unsere Lektion in Sachen „Hardcore – Homestay“ verstanden! An dieser Stelle würden wir gern eine unserer Mamas zitieren (und die haben bekanntlich immer recht!): „Wer im Goldkäfig groß geworden ist, kann eben nicht so einfach in die Wildnis!“ 🙂 🙂 🙂 Danke, dem ist nichts hinzuzufügen 🙂 

Die nächsten Tage haben wir uns, wie verordnet, viel Ruhe gegönnt. Ab und an trauten wir uns in den Großstadtdschungel, vornehmlich zur Nahrungsaufnahme 🙂 …nach und nach, jeden Tag etwas mehr.

Wir dürfen vorstellen… die örtliche Fleischerei 🙂

Auch so kann man wohnen!

Wir besuchten das berühmte Wasserpuppentheater – wie wir finden ein Muss für jeden Vietnam-Reisenden! Entstanden ist diese Tradition unter den Bauern wahrscheinlich schon im 11. Jahrhundert. Durch nachgespielte Szenen aus dem Landleben, begleitet von einem kleinen Orchester, wird dem Zuschauer auf sehr unterhaltsame Art und Weise ein Stück vietnamesische Kultur und Geschichte vermittelt. Während die „ursprüngliche Bühne“ ein Dorfteich oder Reisfeld war, finden die Inszenierung heute im Theater statt.

Hanoi hat so viel zu bieten! Besonders die Altstadt ist ein wahres Erlebnis, ein Lebensgefühl! Es gibt hier keine Ruhe, alles dreht sich, ständig und immer, 24 Stunden, 7 Tage die Woche! Es reicht, einen Schritt vor das Hotel zu setzen, einen der leckeren, furchtbar süßen „Egg-Coffees“ oder ein Hanoi Beer zu trinken, und das bunte Treiben stillschweigend zu beobachten… es werden nie die gleichen Bilder sein… einfach nur verrückt… aber eben irgendwie sympathisch verrückt! 🙂

Hanois berühmt berüchtigter Egg Coffee

Trotz des anfänglich bitteren Beigeschmacks unserer vorzeitigen Ankunft in Hanoi, beginnen wir langsam, die Stadt und vor allem das Land wieder zu genießen… das ist einfach ein tolles Gefühl ! Wir gönnen uns eine Massage, schlendern durch die Gassen, besuchen das Ho Chi Minh-Museum und die größte Markthalle Nordvietnams. Wer die asiatischen Märkte kennt, weiß, dass hier alles verkauft wird und einem nie zuvor erlebte Gerüche in die Nase steigen. Werden am Haupteingang noch harmlose Schlüpfer angepriesen (obwohl die Form und Größe eines Drei-Mann-Zeltes auch schon an gewisse Grenzen stößt – wir wissen absolut nicht, wo die zierlichen Asiatinnen mit diesen Buchsen hinwollen!), bekommt man im hinteren, dunklen Teil Schildkröten, Katzen, Vögel, getrocknete Tierreste und sonstiges lebendes (zugleich meist essbares) „Material“.

Einen kleinen Einblick in die Geschichte Vietnams gab uns das Ho Chi Minh – Museum

Trotz des vermeintlichen Chaos in der Stadt, sind die Vietnamesen echt große Klasse im Organisieren von Transporten, völlig egal wohin! Damit meinen wir jetzt nicht das Schwein, welches hinten am Roller hängt oder die fünfköpfige Familie, die zusammen auf EINEM Roller sitzt… sondern jegliche Bus-, Zug- oder Taxifahrten. Egal was wir buchen, bestellen oder rufen – es funktioniert – und das sogar echt pünktlich! Wir nutzen zum Beispiel ein App, die nennt sich „GRAB“ und ist einfach genial! Du öffnest die App, tippst auf den gewünschten Service (z.B. Taxi) und gibst dein Ziel ein. Die App lokalisiert deinen Standort, findet binnen Sekunden ein Taxi in deiner Nähe und schickt es unter Anzeige der Kosten (die günstigsten der gesamten Stadt) und Fahrtdauer zu dir. Dazu wird das Kennzeichen des Autos und ein Foto vom Fahrer angezeigt, der dich meistens sogar direkt anruft. Ist das genial? Also korrigiert uns gern, aber in Deutschland gibt es das nicht, oder? Verstößt bestimmt auch gegen den Datenschutz!

Nach vier Tagen Bettruhe in der Großstadt fühlen wir uns wieder einigermaßen fit. Es wird Zeit weiterzuziehen… raus aus dem Trubel…

WIR WOLLEN MEER SEHEN!

Ist deine Umgebung zu stark… musst du dir irgendwann eingestehen, dass du zu schwach bist…

Ist deine Umgebung zu stark… musst du dir irgendwann eingestehen, dass du zu schwach bist…

Wir2 möchten auf unserer Reise irgendetwas Nützliches tun! Das war von Anfang an eine unserer Herzensangelegenheiten! Schon lange vor der Routenplanung haben wir beschlossen… irgendwo müssen wir anpacken und durch unsere Unterstützung vielleicht sogar etwas bewirken – ein paar winzig kleine Weltenbummler – Spuren hinterlassen.

Es heißt „Geben und Nehmen“ und nicht „Nehmen und Gehen“.

Bei der Entscheidung wo wir das versuchen möchten, mussten wir nicht lange nachdenken. Aus welchem Grund auch immer, hatte Vietnam schon gewonnen, bevor wir überhaupt in die Nähe eines Reisplans kamen! Die Faszination für dieses Land und dessen Geschichte ist so groß, dass wir gern versuchen möchten, den Menschen etwas zu geben… vielleicht ein wenig von unseren Eigenschaften, von unserem Wissen, Werten oder einfach nur Hilfe in der Küche, auf dem Hof oder Feld sein. Wir möchten erfahren, wie das Leben hier, inmitten einer kleinen nordvietnamesischen Provinz in den Bergen, tatsächlich ist. 

Um das wirklich authentisch zu fühlen, reicht es eben nicht, einfacher Tourist oder normaler Reisender zu sein! Um bei einer vietnamesischen Familie für eine gewisse Zeit zu wohnen, baten wir um Hilfe vor Ort. Wieder einmal wussten wir absolut nicht, worauf wir uns einlassen… wir glauben diesmal sogar so wenig wie nie. Das beunruhigende an solchen Situationen sind die eigenen Vorstellungen und Erwartungen (welche auf jeden Fall – das haben wir bereits gelernt – immer so niedrig wie möglich sein sollten… aber ihr wisst ja, manchmal lassen sich Gedanken und Bilder im Kopf nicht so einfach steuern). Die wichtigsten Fragen für uns waren immer: Können wir den Menschen in ihren, seit Generationen entwickelten Lebensweisen überhaupt zur Seite stehen? Wie sieht das alles vor Ort aus… Wie stellen wir es uns vor…? Und das wichtigste… passt das alles irgendwie zusammen… UND WENN NICHT… schaffen wir es, uns damit zu arrangieren?

Ehrlich gesagt, haben wir uns die die letzte Frage sehr, sehr oft gestellt! Es war tatsächlich eine Achterbahn der Gefühle! Wir haben versucht zu verstehen, zu lernen, zu akzeptieren, über gewisse Dinge hinweg zu sehen und mitzumachen. Doch selbst das „einfache, ganz normale Leben“ brachte uns schon an die ein oder andere Grenze. Geschirr zu säubern, während dir die letzten Schlachtabfälle zwischen den Zehen hängen und die Kakerlaken Zuflucht auf deiner Waschschüssel suchen, lässt das gemeine deutsche Gemüt schon kurz erstarren… und das ist nur eine der alltäglichen Situationen 🙂 Wie ihr wisst, haben wir schon einmal festgestellt, dass wir uns von der Vorstellung, wie „Alltagsleben in gewohnter Sauberkeit“ aussieht, verabschieden müssen… aber geht das über einen längeren Zeitraum, wenn man über 30 Jahre „europäisch“ gelebt hat? 

Wir2 werden es herausfinden… Unsere Geschichte über Selbstzweifel, Bewunderung und Eingeständnisse…

Aber erst einmal alles auf Anfang 🙂 🙂 🙂

Nachdem wir per Roller von unserer Gastfamilie aus der Stadt abgeholt und ins Dorf gebracht wurden, durften wir uns ein erstes Bild von dem machen, was uns erwartet. Endlich konnten alle Vorstellungen mit Farbe und Leben gefüllt werden!

Ankunftsort war ein kleiner Innenhof, umgeben von zwei Häusern, einem Schuppen, einem kleinen Mini-Supermarkt, zwei großen Wasserbecken, einem Waschbereich und der Küche… und das alles inmitten der schönsten vietnamesischen Berglandschaft, wie sie schöner wirklich nicht sein kann!

Links seht ihr den Schuppen, gerade hin das Wohnhaus, rechts die Wasserbecken

Hier der Schuppen, rechts daneben ein kleiner Supermarkt

Aufgrund der wirklich großartigen Helfer im Hintergrund wurden wir herzlich von der Bürgermeisterin der Provinz und der Familie in Empfang genommen. Sie führten uns durch das Haus, waren sichtlich froh über unsere Ankunft und zeigten uns unser kleines Stück Privatsphäre – vier Quadratmeter unter einem Moskitonetz – et voilà – unser Schlaf- und Wohnplatz 🙂

HERZLICH WILLKOMMEN heißt hier zunächst erst einmal ZUSAMMEN ESSEN. Und glaubt uns, in Vietnam wird ordentlich aufgetischt! Unzählige Gemüsearten und Fleischsorten (hier liegt übrigens jedes Einzelteil des Huhns auf dem Teller… JEDES!!!), Fisch, Reis, Suppe, einige undefinierbare schwabbelige Gegenstände, Obst… und SEHR, SEHR VIEL Reisschnaps!!! Wir dürfen erinnern – es ist 11Uhr Vormittags! Aber zumindest wußten wir danach, warum hier alle ständig, überall und immer nach Alkohol riechen! Die Bräuche hierzulande sagen, dass man bei offiziellen Anlässen mit dem Tischältesten und dem Ranghöchsten zu trinken hat, wenn er dazu aufruft… und die Bürgermeisterin hatte beide Eigenschaften inne und obendrein ordentlich Durst 🙂 So stellt man sich einander vor, bedankt sich für das gemeinsame Mahl und die Gegenwart eines jeden Einzelnen. Der Schnaps sollte immer auf ex getrunken werden, wobei es Frauen mitunter erlaubt ist, eher Stopp zu sagen. In Sachen Verhaltensweisen erwarten den Vietnam-Reisenden auf jeden Fall so einige Fettnäpfchen. Auf der einen Seite ist es unhöflich den Alkohol abzulehnen… auf der Anderen verliert man das Gesicht, wenn man betrunken ist – EIN TEUFELSKREIS 🙂

Nachdem der erste Trubel vorbei war, wir zum Mittagsschlaf verdonnert wurden und etwas zur Ruhe kamen, nahmen wir das Umfeld bewusst wahr und atmeten gaaaanz tief durch! Wir schauten uns an… und wir müssen zugeben… wir fühlten uns im ersten Moment tatsächlich etwas hilflos… wie kleine Kinder, die kein Spielzeug vorgesetzt bekamen. Was für dörfliche, vietnamesische Verhältnisse wahrscheinlich sauber und völlig normal ist, löste bei uns eine ordentliche „Entenkombi“ aus! Wir kamen mit der überzeugten Einstellung her, helfen zu wollen… nur leider stellten die hygienischen Bedingungen (was aber im ersten Moment noch nicht mal das schlimmste war) und die Sprache eine größere Hürde dar, als wir jemals gedacht hätten. Aus welchem Grund auch immer, hatten wir bereits nach wenigen Stunden ein ungutes Gefühl. Dennoch überwog die Motivation… unsere Köpfe waren voller Ideen und Tatendrang. „Lass uns die Sache anpacken!“, flüsterten wir uns leise und verhalten zu. Wir bedauern es total, in ein Land zu kommen, welches wir so sehr mögen… wo wir aber außer „Hallo“ nichts in der Landessprache sagen können. Natürlich liegt der Fehler dahingehend bei uns! …denn wir können und wollen auch keinesfalls erwarten, dass die Einheimischen Englisch oder gar Deutsch sprechen! Wo wir uns bisher noch ganz gut mit irgendwelchen Übersetzungs-Apps durchkämpfen konnten, kamen wir hier leider auch damit an unsere Grenzen. Während wir mit unserem Gastvater ein paar holprige Sätze per Handy wechseln konnten, funktionierte das mit der Dame des Hauses leider gar nicht, denn sie kann nicht lesen. Dazu kam, dass es aufgrund des schlechten Empfangs auch für die Sprachausgabe nicht reichte… RICHTIGE KACKE! Ok – eine Lösung muss her – was tun? …Vater ist meistens unterwegs, ein Kind kann noch gar nicht sprechen, das andere ist im Grundschulalter. Mit Worten kommen wir jetzt definitiv nicht mehr weiter! Wir brauchen also eine richtige MacGyver – Lösung, um die Hürden zu überspringen! Der Typ hat doch auch aus Bambusholz, einem Motor und irgendwelchen Plastikplanen eine Flugzeug gebaut! Das kann doch nicht so schwer sein 🙂

Also fingen wir an zu schauen, was unsere Gastmutter so macht… eine wirklich unangenehme Situation, wenn man jemandem wie ein Trottel hinterher rennt und eigentlich nur im Weg steht! Wir wussten weder, was sie in dem Moment von uns dachte, noch was sie überhaupt erwartete! Aber irgendwie müssen wir ja beginnen uns zu „beschnuppern“! Es dauerte nicht lange, ihre Aufgaben grob zu überschauen. Sie bestehen im Grunde darin, Nahrung zu besorgen, zu kochen, den Hof etwas in Schach zu halten und die Kinder zu versorgen. Na gut – verstanden – nächste Überlegung… Was können wir davon vielleicht übernehmen? Eine Hälfte von uns ist ja bekanntlich „Kneipenkind“ 🙂 – Küchenarbeit – gar kein Problem! …wir wissen genau, dass unsere Mütter gerade sehr über uns lachen! Ganz liebe Grüße an dieser Stelle 🙂 Nur leider ist eine vietnamesische Küche… wie sollen wir sagen… sehr speziell! Eine Feuerstelle, ein Hahn mit fließend Wasser und ein Schlachtplatz! Dahinter die Schweine-, Hühner- und Entenställe, sowie der Fischteich – frischer geht’s sozusagen nicht. Wird nur etwas kompliziert, hier das Können aus der heimischen Küche irgendwie anzuwenden! Eine Käseplatte, Chili con Carne oder einen Mett-Igel könnten wir ja sofort zaubern… aber Fische ausnehmen, Hühner rupfen und Gemüse ernten, von welchem wir nicht mal wissen, dass es überhaupt welches ist… wird leider ein bisschen schwierig für uns!

Die Küche

Der Schlachtplatz hinter der Küche

Die Schweine- und Entenställe

Es lacht doch… oder???

Da unten links ist der Hühnerstall

Dennoch gaben wir unser Bestes! Eine spülte, die Andere schälte Gemüse, fegte den Hof und versuchte durch Einsammeln von Plastikmüll irgendwie an das Bewusstsein der Einheimischen zu appellieren. Trotz der Hilfe der Kinder, die im Grunde wissen, dass all’ das nicht in die Wiese gehört (was in dem Moment wirklich ein kleines Erfolgserlebnis war), landete das Bonbon-Papier wenige Minuten später wieder am Straßenrand… Wir halfen Holz zu stapeln, Fische zu fangen und Kräuter zu sammeln. Unsere Gastmutti nahm uns sogar mit hoch hinaus in die Berge zum Tee pflücken, welchen wir im Anschluss noch in einer Art großen Trommel über dem Feuer trockneten. Es sind wirklich richtig faszinierende Bilder für uns… wie hier alles so „ursprünglich“ funktioniert! Erlebnisse, die wir so schnell nicht vergessen und die uns mit Sicherheit sehr nachhaltig prägen…

In einer Art Trommel wird der gepflückte Tee über dem Feuer gedreht und somit getrocknet

So nach und nach verstanden wir, wie das Leben hier funktioniert. Die Familie führt eine Art kleines Restaurant und bietet über ortsansässige Touranbieter Schlafplätze an. Hier halten viele vorbeifahrende Touristen (meist Vietnamesen oder Europäer, die mit Vietnamesen unterwegs sind) zum Mittag und verweilen danach noch für ein Stündchen Mittagsschlaf. Die mehr oder weniger guten Straßen und Wege der Ha Giang Provinz sind beliebt für Roller-Touren und gelten mitunter als eine der schönsten Panoramastrecken Vietnams. Ein Engländer sah uns zum Beispiel beim Spülen des Geschirrs, traute seinen Augen kaum, sprach uns seinen größten Respekt aus und hatte genau das richtige Wort für unser Dasein hier oben: HARDCORE – HOMESTAY !!!

Leider traf es uns genauso „hardcore“ in der dritten Nacht! Habt ihr schon einmal von Montezumas Rache gehört? (Montezuma oder auch Moctezuma war ein Aztekenkönig, dessen Untertanen durch eingeschleppte Krankheiten zu Haufe starben. Bei dessen Tod im Jahre 1520 sprach er infolgedessen einen Fluch über die Pocken- und Masern-einschleppenden Spanier, dessen Auswirkung eine böse Darminfektion war, aus) Jetzt kam die richtige Keule und die Verdauung geriet ordentlich durcheinander! Ihr wisst, was das bedeutet! – wieder einer der Zeitpunkte, wo wir euch die Details lieber ersparen 🙂 Man sagt, es erwischt jeden dritten Fernreisenden! Goldene Regel: „Cook it, boil it, peel it or forget it“ (koch es, brat‘ es, schäl‘ es oder vergiss es) – das geht sicher eine Weile lang gut, aber dass es uns irgendwann treffen wird, besonders in einer so ursprünglichen Umgebung… war ja fast klar! Doch das sollte noch nicht reichen. Denn dazu kam in der folgenden Nacht noch Schüttelfrost, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen! Ganz großes Kino! Diese Rache hat es wahrlich in sich! 

Das Leben ist ein ständiges Geben und Nehmen. Mal übernimmt man sich, mal übergibt man sich…

Unsere Gasteltern versuchten alles, um uns irgendwie zu helfen. Sie holten heilende Wurzeln, machten (trotz der Appetitlosigkeit) mehrfach am Tag Essen, kauften Medikamente und kochten Magentee.

Sie meinen es wirklich gut… aber wie soll man davon gesund werden?

Einen Abend nahmen sie uns, als Zeichen der Gastfreundschaft, sogar mit zu den Nachbarn zum gemeinsamen Reisschnaps trinken und Maden Essen (ja richtig gelesen – die kleinen weißen Tierchen werden hier abends genüsslich verzehrt). Sie waren so herzlich und liebevoll, dass es uns richtiggehend das Herz zerriss, weil wir nicht viel davon zurück geben konnten! Wir haben wirklich lange hin und her überlegt, haben pro und contra abgewogen, haben an uns gezweifelt, haben uns Vorwürfe gemacht, die ein oder andere Träne vergossen… und mussten uns letztendlich eingestehen, dass es an diesem Punkt für uns erst einmal nicht weitergeht. Die Weltenbummler-Spuren, die wir hinterlassen wollten, fanden irgendwie keinen Boden, auf welchem sie auch nur annähernd hätten gelesen werden können… Uns fehlte einfach die Kraft für tiefere Abdrücke! Wir mussten akzeptieren, dass wir für diese Welt, in diesem Moment einfach zu schwach waren! Wer uns kennt, weiß wie schwer uns beiden ein solcher Schritt fällt… 

„Wir müssen Enttäuschungen hinnehmen, aber wir dürfen niemals die Hoffnung aufgeben!“

Unser Weg führte also frühzeitig, zum auskurieren und gesund werden, zurück in die Stadt. Jetzt gilt es wieder zu Kräften zu kommen und ordentlich, mithilfe ärztlicher Betreuung abzuklären, was wir uns eingefangen haben. Auch hier haben wir jegliche Unterstützung und fühlen uns gut aufgehoben! Ihr werdet bald wieder von uns hören…