Einmal im Leben…

Einmal im Leben…

Einmal im Leben die magischen Momente des Lichterfests in Thailand erleben! Das stand definitiv ganz oben auf der Liste und musste ein fester Bestandteil unserer großen Reise werden. Es waren die Bilder tausender aufsteigender Himmelslaternen und hunderter kleiner, mit bunt leuchtenden Kerzen und Blumen verzierter Schiffchen aus Bananenblättern, welche unsere Augen jedesmal zum Leuchten brachten. Wie toll muss das sein… einmal inmitten dieses Lichtermeeres zu stehen! Genau diesen Zauber wollten wir erleben. Der Zeitpunkt zwischen Vietnam und Myanmar schien uns perfekt dafür! Eine kleine Auszeit zwischen zwei der schönsten, historisch beachtlichsten und erlebnisreichsten Länder unserer Reise. Acht Tage lang gönnen wir uns ein gemütliches Appartement, eine traumhafte Oase voller Privatsphäre, Ruhe und kleinen Annehmlichkeiten, die das Leben noch wundervoller machen… Und wir tauchen ein, in eines der größten und beeindruckendsten Feste Südostasiens.

Jedes Jahr im zwölften Monat des traditionellen thailändischen Kalenders erstrahlt das ganze Land unter dem Licht des Vollmondes in einem ganz besonderen Glanz. Ein wahres Meer aus farbigen Lichtern legt sich wie ein bunter Teppich über viele Städte und Dörfer Thailands. Die Straßen, Tempel, Märkte und Restaurants sind mit viel Liebe geschmückt und das sogenannte „Loi Krathong“ – Fest wird überall ausgiebig gefeiert. Trotz vieler Mythen und Legenden über die tatsächlich Entstehung und Herkunft, lässt sich an dem religiösen Ursprung nicht zweifeln. Mit dem Zuwasserlassen der Schiffchen oder dem Steigenlassen der Laternen verbinden die Einheimischen, zumeist Buddhisten, nicht nur Danksagungen und Gebete gegenüber ihren Gottheiten, sondern auch Wünsche für die eigene Familie und sich selbst. Wörtlich übersetzt bedeutet „Loi“ soviel wie schwimmen oder schweben und „Krathong“ kleines Floß. Mit dem Loslassen des aus Bananenblättern, Blumen, Kerzen und Räucherstäbchen gebauten Schiffchens schickt man alle negativen Dinge wie Wut, Ärger, Neid und sonstige seelische Unreinheiten symbolisch auf die Reise, um sich davon zu befreien.

Eine weitere, für uns noch viel emotionalere Tradition, sind die Laternen, welche mit zunehmender Dunkelheit zu tausenden in den Himmel empor steigen. In Chiang Mai, im Norden Thailands, wird dieser Brauch wohl am exzessivsten zelebriert. Hier nennt sich das ganze Fest „Yi Peng“ und wird über mehrere Tage gefeiert. Neben dem traditionellen Wässern der kleinen Schiffchen und dem Steigenlassen der Laternen, gibt es zusätzlich eine Art großes Volksfest mit zahlreichen Märkten, einen festlichen Umzug und Feuerwerk an jeder Ecke. Kurz gesagt, die Stadt ist im Ausnahmezustand!

Mittlerweile ist das Yi Peng Festival in Chiang Mai zu einem wahren Mekka für Menschen aus aller Herren Länder geworden. Wir ahnten, dass die Stadt voller als vor unserem ersten Besuch vor drei Jahren sein wird, aber mit diesem Ansturm hatten wir nicht gerechnet! Der absolute Wahnsinn! Selbst die Einheimischen boykottieren zunehmend ihr eigenes Fest, weil es einfach zu viele Touristen anzieht! Der Zauber dieses eigentlich religiösen, meditativen Highlights geht durch massenweise eingeflogene Respektlosigkeit und Sensationsgier weitestgehend verloren. Ja… wir reisen auch an diesen Ort! Und ja… wir wollen das auch alles erleben! Und wir fragen uns in solchen Momenten wieder einmal, ob es das wirklich alles wert ist?! Woher nehmen wir uns eigentlich immer wieder das Recht, diese wunderschönen Bräuche wie Trampeltiere zu überrennen? 

„Die Menschen begreifen nicht, was sie hatten, bis es weg ist.“ (Muhammad Ali)

Gehören wir auch in diese Kategorie, die all’ das zunichte machen? Sind wir schon Teil davon, nur weil wir uns entschieden haben, während dieser Zeit hier her zu reisen? Wir suchen nach einer Antwort und gehen einfach einmal bewusst und mit offenen Augen vor die Tür. Wir stürzen uns in das Getümmel, werden Teil der großen Masse und beobachten. Wir schauen uns die Menschen und deren Verhalten an… Schon während der ersten Minuten fallen uns drei Dinge auf:

  1. Die Menschen rennen rücksichtslos durch die Straßen, sie drängeln und schieben ohne den kleinsten Hauch von Rücksicht > Tun wir das auch? > NEIN 
  2. Die Menschen verteilen ihren Müll in der kompletten Stadt, auf den Straßen und im Fluß > Verhalten wir uns auch so? > NEIN
  3. Die Menschen sind laut, trinken viel zu viel Alkohol und kennen in jeglicher Hinsicht kein Maß mehr > Sind wir auch so? > NEIN
 „Kultur ist ein sehr dünner Firnis, der sich leicht in Alkohol auflöst.“ (Aldous Huxley)

Was zum Teufel läuft hier eigentlich schief? Und wer genau bringt das Chaos in diese wunderschöne Stadt? Natürlich sehen und hören wir auch den ein oder anderen Europäer, welcher das letzte Chang-Bier nicht vertragen hat und orientierungslos nach einem „Happy end“ sucht… aber das ist tatsächlich die Ausnahme! Wir stellen fest, dass der Großteil dieses Verhaltens erstaunlicherweise auf den asiatischen Phänotyp zurück fällt. Leider können wir nicht unterscheiden, ob das Problem hausgemacht ist oder eingeflogen wird, ob es die Thais selbst oder vielleicht doch Besucher der Nachbarländer, Koreaner oder Chinesen sind. 

Beim Stöbern im Netz finden wir diese Statistik (Quelle: thailandtip.info), sollte sich dieser Trend fortgesetzt haben, erklärt das leider so einiges…

Aber ist die Schuld hier vielleicht auch auf beiden Seiten zu suchen? Thailand kämpft unentwegt um Touristen… und eins könnt ihr uns glauben… ursprünglich ist hier kaum noch etwas! Das Land gehört mittlerweile zu DEN Urlaubszielen schlecht hin, egal ob großer oder kleiner Geldbeutel. Sollte DAS etwa der Preis dafür sein? Immer höher, schneller, besser, größer, moderner, westlicher – und das alles im doppelten Superlativ – das beschreibt Chiang Mai mittlerweile ziemlich treffend. Und ja… auch wir sind gerade ein Teil davon!

„Alles in der Welt ist nur für den da, der Augen hat, es zu sehen.“ (Eduard Spranger)

Aber wir versuchen die Dinge zu reflektieren, wir denken darüber nach, wir tolerieren, wir akzeptieren und wir benehmen uns nicht wie die Axt im Wald! Ob das allein hilft, eine Kultur zu erhalten, wissen wir nicht… aber wir wollen das reisen deswegen nicht verurteilen und schon gar nicht aufgeben! 

„Die tägliche Erfahrung lehrt, daß diejenigen, welche viel reisen, an Urteilskraft gewinnen; daß die Gewohnheit – fremde Völker, Sitten und Gebräuche zu beobachten, den Kreis ihrer Ideen erweitert und sie von manchen Vorurteilen befreit.“ (François Pierre Guillaume Guizot)

Wir denken nach und suchen die für uns beste Lösung… 

„Der Reisende sieht Dinge, die ihm unterwegs begegnen, der Tourist sieht das, was er sich vorgenommen hat zu sehen.“ (G.K. Chesterton)

Wie ihr ja bereits wisst, können wir Menschen nicht sonderlich gut leiden 🙂 🙂 🙂 Also brauchen wir in Ausnahmezuständen wie diesem einen Plan B und suchen nach Alternativen, um den Massen ein klein wenig zu entfliehen… 

Nummer 1: Das Appartement – Getreu dem Motto „my home is my castle“ ist das unser sicherer Rückzugsort, unsere kleine Festung! Keiner kann die Mauern erklimmen und uns hinter dem Dornenbusch finden 🙂 Nur allein wir bestimmen, wann wir andere Menschen sehen wollen. Wir hören und sehen absolut nichts von den Massen vor der Tür und schaffen uns damit die absolute Ruhe und den nötigen Abstand.

Alternative 2: Die ruhigen Stellen am Fluss und in kleinen Hinterhöfen – Um das Schöne und Spirituelle des Festes zu entdecken, machen wir uns auf die Suche nach Orten, welche der gemeine, erlebnisorientierte, herdengetriebene Besucher nicht findet. In Chiang Mai gibt es über 300 Tempel, da muss doch etwas nach unserem Geschmack zu finden sein. Und es ist wirklich nicht schwer… einfach zweimal mehr abbiegen als der Rest… so finden wir ihn tatsächlich! Einfach magisch und voller positiver Energie, dass wir beide kurz innehalten und sprachlos sind. Für einen Moment gilt unsere volle Aufmerksamkeit den Mönchen, welche mit einer unglaublichen Ruhe und Gelassenheit ihren kleinen Tempel für die Zeremonie herrichten. Es ist unglaublich, wieviel Eindruck diese Menschen und diese Religion immer wieder hinterlässt.

Alternative 3: Die Bezahl-Variante des Laternenfestes – Lange haben wir überlegt, wie wir die Stimmung inmitten tausender schwebender Himmelslaternen am authentischsten einfangen können. Dazu hielten wir uns immer wieder vor Augen, dass es ein religiöses Fest ist, keine Massenveranstaltung und dass die Laternen, bestückt mit unseren Herzenswünschen, in einer möglichst schönen Umgebung in den Nachthimmel steigen sollen. Doch ist das überhaupt möglich? Im Grunde gibt es zwei Varianten: Wir könnten uns ohne zusätzliche Kosten unter die Massen der Stadt mischen und dort (allerdings meist illegalerweise, was jedoch keinen interessiert) unsere Wünsche steigen lassen… nicht gerade romantisch aber billig! ODER wir buchen eines der kostenintensiven „Events“ (also, wir sprechen von ungefähr 100€ pro Person inklusive Transport, Essen, Musik und Meditation mit den Mönchen) in einem der umliegenden Tempel. Eigentlich hatten wir uns vorgenommen, kein touristisches, überteuertes Angebot zu buchen. Doch der erste Abend in der Stadt animierte uns, diese Meinung nochmals zu überdenken. Eingeschworene Backpacker (die wir nicht sind, aber dazu später mehr) sagen jetzt wahrscheinlich, dass das absolut keine Option ist… ABER so ehrlich müssen wir sein… Es war mit Abstand die beste Entscheidung! Wir haben beide Varianten gesehen und erlebt, wie dieses ganze Prozedere in der Stadt abläuft. Das hat leider absolut nichts mehr mit Ursprung und Tradition zu tun! 

Während wir in der Stadt aufgrund der Masse der Menschen einfach nur genervt waren, konnten wir die Zeremonie am Tempel viel mehr genießen. Trotz der knapp 800 Menschen war die Stimmung zwischenzeitlich nahezu magisch. Stellt euch vor… Ihr befindet euch bei Vollmond im Schatten eines uralten Tempels, von welchem lediglich die Konturen im schimmernden Licht erkennbar sind. Ganz oben, am höchsten Punkt, sitzt ein riesiger, goldfarbener Buddha und schaut auf euch herab. Rund um den Tempel, auf erhöhten Plattformen, unter dünnen Seidentüchern sitzen überall Mönche in ihren orangefarbenen Gewändern, dessen meditative Stimmen eine extrem beruhigende Wirkung entfalten. Um euch schimmert warmes Kerzenlicht und alles ist wunderschön geschmückt. Ihr sitzt auf einem kleinen, weichen Meditations-Teppich und lauschte der Musik und den Gebeten. Genauso haben wir die Stimmung einfangen dürfen…

Zwar wurde der Großteil dreisprachig übersetzt (was die Atmosphäre etwas störte), aber spätestens mit dem gemeinsamen Loslassen der Laternen waren die Tränchen wirklich nicht mehr zu halten… Unsere Köpfe waren völlig überfordert. In Gedanken zu Hause bei den Lieben schauten wir uns in die Augen, ließen unsere Wünsche frei und blickten in einen Himmel, wie er schöner hätte nicht sein können! Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie wahnsinnig ergreifend das war! Wir haben selten einen solch emotionalen Moment erlebt! Wenn sich tausende Wünsche, in Form von wundervoll leuchtenden Laternen Richtung Vollmond verabschieden… unbeschreiblich überwältigend… einfach toll… sprachlos!

Nach drei Tagen „Loi Krathong“ und „Yi Peng“ nahmen wir uns nur noch eine einzige Sache vor: NICHTS TUN 🙂 Unsere Zeit in Thailand sollte auch als „Auszeit“ dienen. Ihr erinnert euch an das Thema Reise-Burnout…? Unser kleines Appartement war wie gemacht für dieses eine Vorhaben! Morgens ausschlafen, entspannt in den Tag starten, neun Etagen höher in das Fitnessstudio oder zum Pool auf dem Dach fahren und einfach in den Tag hinein leben… DAS können wir richtig, richtig gut! 🙂 

Am Pool über den Dächern Chiang Mais liegen, kaum eine Wolke am Himmel, 32 Grad und nur dem Plätschern des Wasserüberlaufs lauschen… da kommen uns schon ab und an komische Gedanken… In kurzen Phasen von Langeweile kommt zum Beispiel Blödsinn wie dieser heraus:

Während wir zu Hause eher über die Arbeit und sonstige alltägliche Herausforderungen nachdenken, stellen Wir2 uns hier, im wunderschönen Norden Thailands, tatsächlich einmal die Frage, wer wir eigentlich sind und was wir wollen…? Also, nicht dass wir UNS in irgendeiner Hinsicht in Frage stellen! Im Gegenteil, diese Reise schweißt uns so sehr zusammen, dass uns bereits das ein oder andere Mal Angst wurde, weil wir wieder und wieder die gleichen Gedankengänge haben… 🙂 Nein, die Fragestellung geht vielmehr in Richtung unseres Reiseverhaltens. Was sind wir denn nun? Wir haben einen Reiseblog, wir bedienen soziale Medien und geben viel, vielleicht sogar zu viel über unser (Reise)Leben preis. Gibt es dann auch einen Namen für uns… also einen neben Wir2Weltenbummler? 🙂 Als normale Touristen kann man uns sicher nicht bezeichnen. Aber sind wir, nur weil wir mit Rucksack reisen, Backpacker? Oder sind wir, nur weil wir über unsere Erfahrungen berichten, gleich „Reiseblogger“? Wollen wir das überhaupt sein? Oh Gott… wir haben eine wirklich ernste Identitäts-Krise 🙂 🙂 🙂 

Richtige, waschechte Backpacker reisen bescheiden und sehr einfach. Sie buchen keine Hotels oder Appartements, sondern schlafen im Zelt oder am Strand. Fortbewegung erfolgt durch trampen, zu Fuss oder mit dem Rad. Sie haben kein Telefon, keine Versicherung und keine Pläne – Genau genommen, trifft NICHTS von alledem auf uns zu… außer die Sache mit dem Rucksack 🙂 Aber was sind wir dann? Da heutzutage nicht nur alles definiert wird, sondern auch alles einen Namen bekommt… gehören wir eventuell eher in die Kategorie der FLASHPACKER – Schon einmal davon gehört? …wir bis vor ein paar Tagen auch nicht 🙂 Das heißt, einfach gesagt sind wir Backpacker mit mehr Geld und ein klein wenig Mitteilungsbedürfnis 🙂 Diese Spezies leistet sich bessere Unterkünfte, ordentliches Essen und führt meist iPhone, Kamera und MacBook mit sich… auch um ihre Erlebnisse mit der großen weiten Welt zu teilen. Allerdings legt auch dieser Reisetyp extrem viel Wert auf soziale Kontakte und Vernetzung! Und genau dieser eine, ausschlaggebende Fakt liegt uns irgendwie fern…

Wir müssen uns einfach eingestehen, dass wir komisch sind 🙂 

Wir machen unser eigenes Ding und sind nicht ständig auf der Suche nach neuen Kontakten, mit diesem „Smalltalk“ können wir irgendwie nicht umgehen 🙂 Ok, wir haben uns aufgerafft, einmal mit anderen Instagram-Bekanntschaften Müll sammeln zu gehen, was auch eine tolle Erfahrung war… reicht aber auch für einen Monat 🙂 🙂 🙂 

Wir schreiben und gestalten aus Spaß an der Freude unseren kleinen Reiseblog, teilen ab und an ein paar Bilder auf irgendwelchen sozialen Netzwerken, dessen Algorithmen wir absolut nicht verstehen, buchen Homestay-Unterkünfte und gönnen uns auch den ein oder anderen Luxus. Wir erfüllen irgendwie kein Klischee… und das ist auch gut so! Und selbst wenn wir uns eine Woche nur vom Appartement zum Pool bewegen, schauen wir uns an, lachen uns gegenseitig aus und freuen uns, wie schön wir das Leben gemeinsam verbummeln können! Eben zu EINHUNDERT PROZENT Wir2WeltenBUMMLER 🙂

Mit einer original Thai-Massage zum Abschluss unserer wunderschönen, entspannten Zeit in Chiang Mai verabschieden wir uns aus dem „Land des ewigen Lächelns“ und freuen uns auf das nächste Ziel… Myanmar.