Der Süden Kambodschas – Chinesisches Bauland, Romantik und Phnom Penh

Der Süden Kambodschas – Chinesisches Bauland, Romantik und Phnom Penh

Mit dem Nachtbus… nein falsch… mit dem „Hotelbus“, wie es in der Buchung wunderbar, fast gemütlich anmutend, beschrieben wurde, knapp 500 Kilometer durch das halbe Land in Richtung Süden zum Strand. Geplante Fahrtzeit: 11 Stunden – wir wären aber schließlich nicht in Südostasien, hätte diese Reise keine Überraschung für uns parat! Denn auf unserer Tour (die wir übrigens nur buchten, um im Bus, in Anbetracht der Fahrtzeit, einigermaßen waagerecht liegen und schlafen zu können) durften wir nach ziemlich genau fünf Stunden das Gefährt wechseln und saßen wieder genauso aufrecht wie in jedem anderen Bus! Die Transportwege und -mittel der Asiaten sind eben immer wieder unergründlich… Und wir sind mittlerweile wirklich beide an dem Punkt (nach gut 3 Monaten 150 % Südostasien), an welchem wir DAS definitiv nicht vermissen werden! Aber zumindest vertragen die Kambodschaner, im Gegensatz zu den Birmesen, das Busfahren… sodass uns diese Geräuschkulisse hier weitestgehend erspart bleibt!

Aus den veranschlagten 11 Stunden wurden erwartungsgemäß mehr, nämlich gute 13, was uns nach dieser Zeit allerdings kaum noch tangiert. Schließlich ist der Weg das Ziel 🙂 Und während dieser für südostasiatische Verhältnisse echt moderat war, entpuppte sich die Destination als wahrer Alptraum! Geschockt, traurig, wütend und furchtbar enttäuscht… das alles in ziemlich intensiver Mischung empfanden wir bei unserer Ankunft in Sihanoukville, der fünftgrößten Stadt des Landes. Mit rund 90.000 Einwohnern galt das Städtchen am Golf von Thailand inklusive der vorgelagerten Inseln einst als echter Geheimtipp. Doch Sihanoukville ist zum Inbegriff einer rasanten, völlig unkoodinierten, stillosen Entwicklung geworden… die gnadenlose chinesische Bauwut ist unaufhaltsam und überrollt den kompletten Ort. Genau hier, genau an dieser Stelle, hat Kambodscha seine Seele verkauft!

Wir wohnten in einer kleinen, italienisch – kambodschanisch geführten Bungalow-Anlage (also ehrlich gesagt waren es genau drei Bungalows, wodurch das Wort „Anlage“ etwas hochgegriffen ist) außerhalb der Stadt, in Otres Beach… eine kleine Oase inmitten des auch hier bereits angekommenen Baubooms chinesischer Investoren. Der Reiseführer bereitete uns bereits gut auf das Backpacker-Paradies vor, dennoch ahnten wir nicht im Entferntesten, in welcher Hippie-Kommune wir hier landeten! Dreadlocks, Hanfhosen, Komm-ich-heute-nicht-komme-ich-vielleicht-Morgen-oder-gar-nicht-Einstellung, Love und Peace an jeder Ecke, alle haben sich furchtbar lieb und schauen mitunter durch eine kleine Cannabis-Brille 🙂

Uns war durchaus bewusst, dass Kambodscha ein sehr beliebtes und typisches Backpacker-Ziel ist… aber das sind Thailand oder Vietnam auch… und dennoch ist es nicht einmal annähernd vergleichbar. Uns fehlten richtiggehend die Worte zwischen all‘ den schrägen, hängen gebliebenen Aussteigern. Nie zuvor haben wir das so extrem wahrgenommen wie hier. Da wir tolerant sind (und über Dinge hinweg sehen, welche wir eh nicht ändern können – Lektion Nummer 1 auf Reisen!), akzeptieren wir das natürlich… was bleibt uns auch übrig! Aber ist es nicht verrückt, dass die Atmosphäre an diesem Ort so extrem ist, dass wir uns fast unwohl fühlen! Und das Schlimmste daran ist doch, dass es durch Menschen ausgelöst wird, welche sich hier festsetzen und scheinbar absolut nichts mit der Identität dieses wunderschönen Landes verbindet! …oder kam Bob Marley etwa aus Kambodscha…? 🙂

So verkürzten wir unsere Zeit auf dem Festland, blieben nur eine Nacht und flohen auf eine der Inseln, Koh Rong Sanloem. Die Anzahl des oben beschriebenen Typs Mensch wurde nicht wirklich weniger… aber dafür gab es keine Großbaustellen und die Insel bot genug Platz für Alle.

Auf Koh Rong Sanloem gibt es (noch) keine Hotels… es gibt keine geteerten Straßen, keine Autos und keine Geldautomaten. Noch herrscht hier Frieden im Paradies und das genießen wir auch! 

Eine kleine einstündige Trekkingtour durch den Dschungel führt uns zur anderen Seite der Insel zur sogenannten „Clear Water Bay“. Eine völlig unberührte Bucht, nur über diesen Weg oder per Boot erreichbar. Sand, wie er weicher und feiner nicht sein kann… Kennt ihr diesen Sand, der eine Art angenehmes Quietschgeräusch macht, wenn man auf ihm läuft? Oft wird das auch als „singen“ bezeichnet und entsteht durch ausgesprochen kleine, speziell geformte Sandkörner… ein wirklich wunderbares Gefühl unter den Füßen, welches es nicht an allzu vielen Stränden gibt.

„Quietschender Sand (engl. squeaky sand) ist ein geologisches Phänomen… Sand kann unter gewissen Bedingungen beim Begehen unter den Füßen quietschen… Bedingung sind ein durchlässiger nichtbindiger Untergrund, eine bestimmte Art von Quarzsand ohne Kalkanteil sowie eine bestimmte Korngröße (etwa 150–500 Mikrometer). Der Sand muss in einer nach Korngrößen geschichteten, sogenannten gestörten Lage (hervorgerufen meist durch Wind) liegen, einen bestimmten Feuchtigkeitsgehalt aufweisen und zu einer glatten und abgerundeten Oberfläche verwittert bzw. abgeschliffen sein. Das Quietschen des Sandes entsteht durch mechanische Beanspruchung, also den beim Darüberlaufen eingetragenen Druck und die dadurch hervorgerufene Reibung zwischen den Körnern.“ (Quelle: Wikipedia)

Doch Schneisen der Verwüstung lassen vermuten, dass auch hier ganz bald nichts mehr so ist wie jetzt. Die Chinesen investieren in die Insel, gefolgt vom ersten Bagger, welcher das Eiland erreicht hat. Die jetzigen Besitzer der kleinen Hostels und Bungalows sprechen mit gespaltener Zunge. Einerseits hören wir Sätze wie: „Das ist der Anfang vom Ende!“ und andererseits Aussagen wie: “Doch dieses Land braucht finanzielle Unterstützung! Keiner hat sich bisher für Kambodscha interessiert und jetzt tun es die Chinesen! Vielleicht sollten wir auch dankbar sein! Es ändert sich endlich was!“

Ja, wahrscheinlich muss man die Entwicklung tatsächlich aus beiden Perspektiven sehen und hoffen, dass das alles irgendwie im Gleichgewicht bleibt… Wir sind dennoch froh, die Insel in diesem „Ur“- Zustand erleben zu dürfen.

Vom Meer an den Fluß… die nächste Etappe steht an… mit dem Ziel: Kampot. Beschrieben wird dieser Ort als gemütliches Städtchen mit zahlreichen, gut erhaltenen Bauten aus der französischen Kolonialzeit. Wir suchten uns ein kleines Hotel am Rande der Stadt – wie ihr ja schon wisst, können wir Menschen nicht leiden 🙂 und suchen uns oft sehr kleine, abgelegene Unterkünfte, wenn wir die letzten vier Monate einmal rückblickend betrachten, haben wir fast immer in Hotels oder kleinen Appartements geschlafen… wir können uns einfach nicht unter dem Deckmantel des „Backpackers“ verstecken… so gesehen lässt uns lediglich der Rucksack auf den Schultern wie einer aussehen… in Wirklichkeit haben wir wohl nichts gemeinsam… UND WIR STEHEN DAZU! Hostels, Gemeinschaftsbäder, Menschen kennenlernen und ständiger Smalltalk ist leider überhaupt nichts für uns. Unsere Zeit auf Reisen ist endlich und das leben wir auch!

Das ist übrigens eine Unterkunft der Kategorie TRAUMHAFT SCHÖN! Und außerhalb des Zentrums hieß in dem Falle eine 20-minütige TukTuk-Fahrt über einen Acker, welcher irgendwann, in vielen Jahren mal eine Straße werden will. Zu Schade für die eigentlich schöne Stadt Kampot, denn wir verließen dieses wunderschöne Fleckchen Erde nur für ein paar Stunden… und das ist nach fast vier Monaten on Tour völlig normal! Irgendwann kommst du an einen Punkt, an welchem du einfach dieses Gefühl, etwas verpassen zu können, nicht mehr hast! Hier zählt einfach nur der Moment…

Schweren Herzens verlassen wir dieses Paradies um die letzten Tage im Großstadtdschungel der Hauptstadt Phnom Penh zu verbringen. Wir sitzen mit 15 weiteren Leuten in einem Bus für 10 Personen (was die Bequemlichkeit schon erahnen lässt), lauschen dem Zischen beim Öffnen der Bierdosen und atmen den Staub und Smog der völlig überfüllten Straßen während sich englische und deutsche Backpacker ihren nächsten Joint drehen. Genervt von der Gesamtsituation und von zu viel „alternativ“ bewundern wir immer wieder die Geduld der Kambodschaner. Im Grunde ist dieses Volk nach wie vor in der Position, das zu tun, was andere sagen. Sind es nicht die Touristen, so ist es der chinesische Investor oder der vietnamesische Vorgesetzte. Der typische Kambodschaner ist zurückhaltend, freundlich, ehrlich und sehr bescheiden. Um das Land, die Menschen und die Kultur besser verstehen zu können, befassen wir uns mit dem dunkelsten Teil der Geschichte. Es ist gerade einmal 40 Jahre her, dass in Kambodscha einer der grausamsten Völkermorde sein Ende fand. Unter dem Regime Pol Pots fanden fast 3 Millionen Menschen den Tod… Die „perfekte Revolution“ sollte es werden. Die Menschen wurden verfolgt, vertrieben, gefoltert, gequält, ermordet und bestialisch hingerichtet… und das durch die eigenen Landsmänner, größtenteils sogar durch Kinder, welche in Zeiten des Terrors zu hörigen Soldaten gemacht wurden… einige noch keine 11 Jahre alt! Mit dem krankhaften Gedanken, einen kommunistischen Agrarstaat zu errichten, wurden innerhalb kürzester Zeit Tausende Menschen ermordet und Millionen Menschen aus den Städten vertrieben und zur Landwirtschaft gezwungen. Pol Pot erklärte das Geld als wertlos und setzte absolute Willkür an dessen Stelle. Als sicheres Todesurteil galten zu jener Zeit unter anderem Intelligenz, ein angesehener Beruf, eine eigene Meinung, weiche Hände, saubere Kleidung und eine Brille… Jeder vierte Kambodschaner verlor zwischen 1975 und 1979 sein Leben!!! Während des Besuchs des ehemaligen Folgergefängnisses Tuol Sleng verschlug es uns die Sprache. 

 

Nur wenige wussten, was sich zu jener Zeit hinter den Mauern abspielte. Fadenscheinige Vorwürfe des Staatsverrats oder sonstige Belanglosigkeiten führten hier täglich zu den grausamsten Foltermethoden bis hin zum Tode. Wie die Tiere wurden die Gefangenen hier aneinander gekettet und eingesperrt.

Überlebte man die Folter, wurde man nachts mit verbundenen Augen mittels eines LKWs auf die Felder, außerhalb der Stadt gefahren. In dem Glauben, man bekomme ein neues zu Hause, machte sich Hoffnung breit. Doch in Wirklichkeit waren diese Orte nichts anderes als riesige Hinrichtungsstätten und tragen heute den Namen „Killing Fields“. Die Tötungsmethoden der Roten Khmer erinnern an ein bestialisches Massaker. Da der Einsatz von Schusswaffen aufgrund des Munitionsverbrauchs zu teuer war, wurde jeder vorstellbare harte Gegenstand benutzt, um Millionen von Leben zu beenden.

Eines der ausgehobenen Massengräber

Eigentlich möchten wir gar nicht weiter darauf eingehen… die Erzählungen der Stimme des Audioguides an einem Ort, welcher so viel Grausames gesehen hat, verursacht richtige Gänsehaut. Es kommt uns ein Besucher entgegen, welcher seine Tränen nicht mehr halten kann, als er auf den großen Baum mit dem Schild „Killing Tree against which executioners beat children“ zugeht. Das Leben hunderter Kleinkinder wurde an diesem Baum, im wahrsten Sinne des Wortes, zerschmettert! Kaltblütiger kann Völkermord tatsächlich nicht sein!

„Auch heute noch sind viele Massengräber nicht ausgehoben und die Toten nicht angemessen bestattet… Immer noch spült der Regen Kleidungsfetzen und Knochen aus dem Boden der Killing Fields, alle paar Monate werden sie eingesammelt. Manche Gebeine werden öffentlich ausgestellt.“  (Quelle: Spiegel Online)

Rund um diesen See befinden sich auch heute noch „unberührte“ Massengräber

An solchen Tagen sind wir wirklich „satt“, ziehen uns zurück und halten uns vor Augen, in welcher behüteten Heimat wir leben dürfen! Doch das Volk hier blickt nach vorn und hat diese Zeit ein Stück weit hinter sich gelassen. Vielleicht ist es diese grausame Vergangenheit, welche das Land, aber vor allem die Menschen auf eine ganz spezielle Art und Weise besonders macht. Wir sind froh und glücklich darüber, dass wir den Sprung „zurück“ gemacht haben und all‘ das noch sehen und erleben durften! Die letzten Tage genießen wir in unserem kleinen, wunderschönen Appartement im Herzen Phnom Penhs.

Von einer Stadt, welche der Moderne mit aller Macht (und viel chinesischem Geld) hinterher jagt, geht es für uns nun weiter in eines der reichsten und modernsten Länder der Welt… Wir freuen uns auf SINGAPUR!

Wieder zu zweit allein… und nun?

Wieder zu zweit allein… und nun?

Unsere lieben Freunde machten sich auf den Weg zurück in die Heimat. Und da standen wir nun… verlassen, weinend und bis zum letzten Blickkontakt winkend am Flughafen in Borneo… irgendwie planlos, leer und überfordert. Der Abschied vor über drei Monaten war schon schwer, aber das hier warf uns für einen kurzen Moment komplett aus der Bahn. Als wäre das Reisen zu sechst zur Normalität geworden, als wäre das alles nie anders gewesen… so mussten wir uns erst einmal sammeln, neu sortieren und vor allem nach vorn schauen! Wir hatten glatt vergessen, wie sich das anfühlt, zu zweit, ganz allein zu sein…

 Wir ließen die wunderschöne Zeit noch einmal Revue passieren, freuten uns über all‘ die schönen gemeinsamen Momente und immer bleibenden Erinnerungen aus Malaysia. Eine willkommene Aufmunterung an diesem Abend (und auch heute noch), ist die Abschiedsrede für einen, in unserem Pool ertrunkenen, kleinen Gecko… verfasst von unserem jüngsten Reisegruppen-Mitglied. Vielen Dank, dass du uns (in Anbetracht dieser traurigen Tatsachen – sowohl des Verlusts unseres Haustieres, als auch der Heimkehr der Mädels) so sehr zum Lachen gebracht hast und das auch immer noch tust!

Das Grab unseres kleinen Freundes

Diesen Abschiedsbrief konnten wir euch einfach nicht vorenthalten! Wir danken der jungen Autorin 🙂

Wir haben wirklich bis zum letzten Tag überlegt, was wir während der kommenden drei Wochen machen möchten. Wir hatten absolut keine Ahnung! Einerseits ein tolles Gefühl… andererseits irgendwie auch nicht! Es war noch nichts geplant (das macht im Kopf der Realistin so gar keinen Sinn – keine Struktur, kein Ziel – “Das geht doch gar nicht!”). Uns stand jede Option offen (eindeutig zu viel Spielraum für die Träumerin! – ihr ahnt nicht, wieviele Ziele in drei Wochen passen können). Die ursprünglichste Idee war, auf dem malaiischen Festland zu bleiben und zum Beispiel in ein Hilfsprojekt zu investieren. Leider muss man als unterstützende Arbeitskraft in Elefanten-Aufzucht-Stationen, Schulen oder anderen Organisationen sehr tief in die Tasche greifen, was unserer Meinung nach etwas den Sinn verfehlt und deswegen von der Liste weichen musste. Danach dachten wir, weil uns Borneo so gut gefallen hat, dass wir einfach auf der Insel bleiben… aber letzten Endes hat sich dieser Plan ohne die vier Mädels irgendwie falsch angefühlt. Wir wollten unsere Zeit in Malaysia als Gemeinsame – zusammen mit unserem kleinen Hummerclub – in Erinnerung behalten… und entschieden uns aufgrund dessen für einen kompletten Tapetenwechsel! Wir zogen ein Land aus der “Da-möchten-wir-unbedingt-noch-hin-Box, welches wir vor zwei Monaten übersprungen haben… AUF GEHT’S NACH KAMBODSCHA!!!

 

Kurzer Faktencheck

 

  • Fläche: etwa halb so groß wie Deutschland 
  • Einwohner: ungefähr 15 Millionen
  • Religion: 95% Buddhisten 
  • Staatsform: Konstitutionelle Monarchie (das heißt, dass die Macht des Monarchen durch eine Verfassung geregelt wird)
  • Geschichte: ein Land, welches bis in die 90er Jahre nur besetzt, gefoltert und unterdrückt wurde, die Bevölkerung hat den Glauben in den eigenen Staat verloren und beginnt nun so langsam selbstständig, selbstbewusst und stark zu werden

 

Vom eher fortschrittlichen Schwellenland Malaysia bewegen wir uns (im wahrsten Sinne des Wortes) ZURÜCK nach Kambodscha. Voller Vorfreude sind wir glücklich mit unserer Entscheidung! Wir sind schnell wieder im “Alltag zu zweit” angekommen und starten unsere Tour in Siem Reap, nahe der Tempelanlage Angkor Wat. Wir wollen es langsam angehen und haben für die ersten Tage ein niedliches kleines Hotel gebucht. Das Taxi zur Abholung am Flughafen steht bereit, der Fahrer grinst uns an und heißt uns Herzlich Willkommen… wie haben wir das vermisst!

 

 

Die komplette Tempelanlage rund um das namengebende und bekanntesten Bauwerk, Angkor Wat umfasst eine Größe von etwa 200 Quadratkilometer und diente einst, im wohlhabenden Reich der Khmer, als Staatstempel des Königs. Angkor Wat fungiert auch heute noch als bedeutendes nationales Symbol, welches das heutige kambodschanische Volk repräsentiert. Voller Stolz ist es als Abbildung in staatlichen Zusammenhängen wie zum Beispiel auf der Nationalflagge und den Geldscheinen zu finden. Ausgeklügelte, intelligente Bewässerungssysteme rund um die verschiedenen Tempelanlagen verhalfen dem Volk damals zu hohen Ernteerträgen, Reichtum und Ansehen. Historiker behaupten, das Angkor zu dieser vorindustriellen Zeit die erfolgreichste und wohlorganisierte Zivilisation weltweit gewesen sei. Für eine derart bewundernswerte Geschichte nehmen wir uns viel Zeit, ein TukTuk für die langen Wege und zwischendrin die nötige Ruhe am Pool im Hotel. 

 

 

Nummer eins auf unserer Tempel-Liste ist der neuzeitliche Inbegriff der Verbindung Kambodschas mit der westlichen Welt. Ta Prohm – der Schauplatz des Hollywood-Streifens Tomb Raider und ein Muss für jeden Angelina Jolie Fan, was wir ehrlicherweise zu 50 Prozent von uns behaupten können… oder müssen 🙂 Der Tempel ist berühmt für seine spektakulären Würgefeigen, welche sich ihren Lebensraum nach und nach zurück holen.

 

 

 

 

Darauf folgten Nummer zwei und drei der Touristenmagneten, der Bayon-Tempel und Angkor Wat selbst. Wer hier die Hoffnung hat, allein inmitten der alten Steine schlendern zu können, hätte das Land wohl 20 Jahre eher bereisen müssen. Busseweise (und das ist keinesfalls übertrieben) werden die Touristen mittlerweile an den drei bekanntesten Bauten abgekippt. Diese Wimpel-tragenden Reiseleiter im beigefarbenen Pfadfinder-Hemd mit ihren 20 bis 50 zahmen chinesischen oder französischen Entlein im Schlepptau rauben uns den letzten Nerv! Waren es 1993 noch 120.000 Besucher, stieg die Zahl im Jahr 2016 auf knapp 5 Millionen! Nur mit viel Mühe und Geduld gelingt es Bilder wie diese zu machen…

 

 

Der Bayon-Tempel beeindruckt vor allem wegen seiner Türme mit meterhohen, aus Stein gemeißelten Gesichtern. 

 

 

 

 

Die bekannteste Tempelanlage ist Angkor Wat, welche zugleich dem gesamten Komplex den Namen verleiht. Der Tempelkomplex ist von einem großen Wassergraben umgebenen bildet das Zentrum Angkors.

 

 

 

 

Ebenfalls ein MUSS für jeden Angkor-Besucher ist der Sonnenaufgang. Auch wenn die TukTuk-Fahrer um 5 Uhr morgens noch einen ordentlichen Nachtzuschlag verlangen und wir den doppelten Preis bezahlen, pilgert die halbe Stadt um diese Zeit an DEN EINEN ORT! So kommen wir in den Genuss, am See vor dem Tempel, gemeinsam mit ungefähr 3000 anderen Menschen, einen wunderschönen Sonnenaufgang zu erleben… lange keine Spur von Romantik, dennoch lohnt sich der kleine Ausflug am Morgen.

 

 

 

Nimmt man sich die Zeit und besucht die Tempel außerhalb der großen Touristenrouten, erkennt man schnell, dass die gesamte Anlage so viel schöner ist! Es gibt ruhige, menschenleere Abschnitte, welche den wahren Charme widerspiegeln. Ein großer (vermeintlicher) Vorteil, welchen Angkor (noch) genießt, ist die Erlaubnis, so ziemlich alle Bauwerke betreten zu dürfen. Leider hinterlassen Millionen von Touristen ihre Spuren, wodurch dieses Privileg wahrscheinlich mehr Fluch als Segen darstellt. Eigenen Beobachtungen zufolge wissen wir, dass die chinesische Mutti im Blumenkleid und Sonnenhut eben genau neben dem unübersehbaren Schild mit der Aufschrift „Klettern verboten“ für das beste Selfie auf die ohnehin schon brüchigen Steine steigt… Wie dumm kann die Menschheit nur sein? Manchmal fragen wir uns, warum der „ach so intelligente Homo Sapiens“ ständig aus der Reihe tanzen muss und durch seine Umwelt wie ein wütender Elefant im Porzellanladen stampft? Sind wir tatsächlich dafür gemacht, alles was wir einst erbaut haben, selbst wieder einzureißen…? Ist das der Lauf der Zeit? Gerade in Südostasien, in Entwicklungsländern wie Kambodscha, in welchem der Bauboom angekommen ist, hinterfragen wir diese Gegensätze nur zu oft. Die langsame Entwicklung kann der Flut an Besuchern nicht Schritt halten. Die Schnelllebigkeit und Moderne überrennt die alten Kulturen wie ein Schwarm hungriger Kakerlaken… ohne Rücksicht auf Verluste! Wir hoffen so sehr, dass es diese Bilder auch in ein paar Jahren noch geben wird.

 

 

 

 

 

 

 

Nach unserem kleinen historischen Einstieg in dieses faszinierende Land der Khmer (Bezeichnung für den kambodschanischen Volksstamm) zieht es uns weiter Richtung Westen. Die Fortbewegung in Kambodscha erfolgt meist (zumindest am schnellsten und zuverlässigsten) mit dem Bus. Das Streckennetz ist gut ausgebaut und die Fahrtzeiten für asiatische Verhältnisse relativ moderat. Für unser nächstes Ziel, Battambang, hätten wir mit dem Bus ungefähr drei Stunden benötigt. Dennoch entschieden wir uns, aus welchem Grund auch immer (O-Ton: „Aber Boot fahren ist doch soooo schön“), für den Wasserweg!

Unser Boot für die nächsten … Stunden!

Wir2 und DAS BOOT – Das Transportmittel Boot erlangt bei uns tatsächlich so langsam traurige (oder eher lustige) Berühmtheit… erst der schmerzliche Verlust des Telefons, dann der kaputte Motor inmitten eines fiesen Wellengangs und jetzt unsere Bootstour in Kambodscha! Der Plan war, gemütlich von Siem Reap über den größten See des Landes und entlang zwei bis drei weiterer Flüsschen nach Battambang zu schippern. Veranschlagte Fahrtzeit: zwischen 5 und 9 Stunden. Da Zeitangaben hier flexibel sind, hofften wir einfach auf die kürzeste Dauer… wie naiv wir nach drei Monaten Asien noch immer sind! 🙂 Wir wussten auch, dass Trockenzeit ist und die Flüsse nicht allzu viel Wasser führen aber der Reiseführer versprach uns, dass es erst ab März kritisch wird. Vielleicht könnt ihr euch schon denken was jetzt kommt… 

 

„Ein Schiff ist im Hafen sicher, aber dafür wurde es nicht gebaut.“

 

Während die ersten vier Stunden total entspannt und wirklich, ungelogen richtig schön waren…

Wir fuhren an den schwimmenden Dörfern vorbei.

 

wurde die zweite Hälfte (was im übrigen 5 Stunden waren… wir haben die angegebene Fahrtzeit natürlich voll ausgereizt!) ein wenig zäh. Es begann damit, dass unser Boot inklusive Gepäck zu schwer war… was bedeutete, dass etwa ein Drittel auf ein kleineres Boot umsteigen musste. Das ging für ungefähr eine Stunde gut… bis der Fluss, auf welchem wir uns befanden so wenig Wasser hatte, dass beide Boote steckenblieben. Die kambodschanische Lösung ist in diesem Falle ist, den Motor so hoch zu drehen, dass der komplette Fluß umgegraben wird und wir nach etwa zehn Minuten und gefühlten 50 Litern verbranntem Diesel etwa 20 Meter weiter auf der nächsten Sandbank aufsaßen. Ohne übertreiben zu wollen, aber diese Methode durchspielten wir, mal mehr, mal weniger lang, innerhalb der nächsten zwei Stunden gute 15 Mal. Jedoch war das Wasser irgendwann so niedrig, dass selbst diese Variante der Problemlösung ihre Grenze fand, sodass wir von einem weiteren Boot abgeschleppt werden mussten. Da das auch nur bedingt funktionierte, griff der „Kapitän“ zu einem weiteren, leicht verfügbaren Mittel… die Kundschaft! Warum nicht faul herumsitzende Touristen, also schlaffe Masse in Energie und Muskelkraft umwandeln? 🙂 Im Nu sprang die Hälfte der sich im Boot befindenden Männer in das Wasser und schob den Kahn per Hand flussaufwärts.

Doch auch das ging nur bis zu einem gewissen Punkt gut… nämlich bis der Kapitän tatsächlich alle von Bord schickte 🙂 Ob jung oder alt, ob gut zu Fuß oder nicht – jetzt hieß es entlang des Ufers flussaufwärts zu laufen. Das ganze sah dann ungefähr so aus… Und ja, das sind zugegebenermaßen so Momente, da hat man durchaus keinen Bock mehr! 

 

 

 

Irgendwann nach ungefähr einer Stunde (es waren 30 Grad und wir saßen im Dreck irgendwo an einem Flussufer im Hinterland Kambodschas) wurden wir wieder an Bord gelassen. Die letzte Stunde flussaufwärts verlief glücklicherweise ohne weitere Zwischenfälle… allerdings waren wir aufgrund des Gewichts mittlerweile auf drei Boote verteilt 🙂

 

In Battambang, der zweitgrößten Stadt des Landes angekommen, passierte nach dieser Odyssee (welche einmal mehr in die Bücher „nie vergessener Transporte“ eingeht) nicht mehr wirklich viel. Aber wenn wir bisher eins gelernt haben, dann ist es die Einplanung kompletter Reisetage… egal wie die veranschlagte Dauer des Transportes ist!

 

Dafür freuten wir uns umso mehr auf den nächsten Tag! Nach einem gemütlichen Frühstück in einem kleinen Restaurant, eingebettet in die alten Kolonialbauten der Stadt, nahmen wir uns ein TukTuk, welches uns zum Bamboo Train brachte.

 

 

Die Bezeichnung „Zug“ ist sicherlich etwas übertrieben für das, was wir gleich erleben. Die Wagen des Bamboo Train bestehen aus zwei Achsen, einer einfachen Plattform aus Bambusbalken und einem 6-PS-Motor, welcher auf bis zu 40 km/h beschleunigt. Da wir absolut Null Knautschzone haben, fast auf den Gleisen sitzen und uns ein bisschen fühlen wie auf dem fliegenden Teppich, sind wir mit gefühlten 100 km/h unterwegs! Ein tolles Erlebnis 🙂

 

 

Ursprünglich war der „Norry“ die günstigste und nach Einstellung des Zugverkehrs in Kambodscha, die einzige Transportmöglichkeit auf dem Gleis. Heute dient die 15 Kilometer lange Strecke in Battambang leider nur noch als Touristenattraktion. Wir finden dennoch, dass die 10 Dollar gut investiert sind! Begegnen sich auf der eingleisigen Strecke zwei Bambuszüge, muss übrigens derjenige abgebaut werden, auf dem weniger Personen sitzen. Bei gleicher Anzahl kommt es auf das Verhandlungsgeschick des Fahrers an.

 

Zweites Ziel des Tages ist die sogenannte „Killing Cave“. Diese Höhle gibt uns einen kleinen Einblick in die dunkle Geschichte Kambodschas. Als Hinrichtungsstätte der Roten Khmer wurden hier große Teile der Bevölkerung gefoltert und getötet. Die Leichen warf man im Anschluss durch eines der Deckenlöcher und in die Höhle.

 

 

Im Rahmen des Terrorregimes Pol Pots von 1975 bis 1979 sollte das Land der Khmer in eine Art kommunistische Agrardiktatur umgewandelt werden. Besitz wurde enteignet und die Stadtbevölkerung größtenteils vertrieben oder ermordet. Während dieser vier Jahre sollen Schätzungen zufolge knapp 3 Millionen Menschen getötet worden sein! Und das sind nur vier Jahre der JÜNGSTEN!!! kambodschanischen Geschichte. Dazu kommen ständige Besetzungen und Machtkämpfe der Vietnamesen und Thailänder im Land. Stabilität und Beständigkeit sind für viele Einheimische wahre Fremdwörter… deswegen freuen wir uns umso mehr, dass dieses liebenswerte Volk so langsam an Stärke und Selbstvertrauen gewinnt. Sie lächeln uns an und sind glücklich, uns ihr Land voller Stolz präsentierten zu können!

 

„Und du greifst den Erfolg, Schmerz ist vergänglich, was bleibt ist der Stolz.“

 

Voller Stolz zeigen uns auch die zwei Mädels, welche unseren Kochkurs leiten, was die kambodschanische Küche zu bieten hat.

Erst ein kurzer Marktbesuch um die Zutaten zu kaufen…

Und dann geht’s ans „Eingemachte“…

Neben Frühlingsrollen, grünem Mangosalat und einem Kokosdessert bereiten wir eines der typischsten Gerichte der Khmer Küche zu – Fish Amok – frischer Fisch in Bananenblättern mit Kräutern, einer selbst hergestellten Soße und frischer Kokosmilch vom Markt.

Mit dieser Maschine im Hintergrund wird frisches Kokosmehl und Kokossaft hergestellt

Innerhalb von drei Stunden bekommen wir mit unheimlich viel Freude und Charme die einheimische Küche erklärt. Obwohl Wir2 sonst so gar nicht kompatibel in der heimischen Küche sind, funktioniert es hier echt gut 🙂 Liebe Mamas… ja, wir können (wenn wir wollen) auch kochen 🙂

 

 

 

 

Gut gesättigt und zufrieden gönnen wir uns, bevor wir in den Nachtbus Richtung Meer steigen, noch eine schöne, ausgiebige Massage… danach wussten wir im übrigen auch, dass eine Ganzkörpermassage tatsächlich auch GANZER KÖRPER bedeutete! Aber schön, dass wir auf der Liege nach guten 40 Minuten Stille, beide zur selben Zeit anfingen zu lachen 🙂 Die Kambodschanerinnen packen eben ordentlich zu 🙂 🙂 🙂

 

So verabschieden wir uns von Battambang und steigen in das nächste unvergessene Transportmittel… Gute Nacht!