Unsere letzten Tage in Myanmar
Während wir unseren letzten Abend, voller Vorfreude auf unseren Besuch, auf der Terrasse am Pool unseres Flughafenhotels verbringen und mittlerweile Tag 83 unserer Weltreise zählen, lassen wir 23 wundervolle Tage in Birma Revue passieren. Es waren so unendlich viele Eindrücke, Gefühle und Erlebnisse… deren ganze Vielfalt und Schönheit kaum in Worte zu fassen sind.
Die Zeit vergeht einerseits wie im Flug und auf der anderen Seite kommt es uns vor, als wären wir schon Jahre nicht zu Hause gewesen. Das Reisen ist irgendwie zur Normalität geworden und es fühlt sich, gerade in diesem Moment, richtig toll an. Wir stehen jeden Tag vor neuen Herausforderungen, manchmal kleine, aber auch größere. Was für uns zu Hause selbstverständlich ist, muss hier jeden Tag neu geplant und organisiert werden. Wie kommen wir von A nach B, wo schlafen wir, was unternehmen und was essen wir? Es mag banal klingen, aber in Ländern wie Myanmar, können diese Fragen viel Zeit und vor allem viele Nerven kosten. Reisen ist nicht immer schön! Wir haben keine sechs Monate All-Inclusive-Urlaub, wo uns der Hintern gepudert wird… auch wir erleben hier zusammen, sowie jeder für sich den ein oder anderen Tiefpunkt… und das ist auch gut so. Wir lernen damit umzugehen… jeder allein für sich, aber vor allem GEMEINSAM.
„Eine Investition in das Reisen ist eine Investition in dich selbst.“ (Matthew Karsten)
Wir versuchen, alle Bilder irgendwie zu verarbeiten, sprechen viel darüber und merken aber doch ab und an, dass der Kopf nicht mehr hinterher kommt und wir einiges neu ordnen und sortieren müssen. Über 80 Tage voller wunderschöner Erlebnisse… das ist Achterbahn an Emotionen! Wir können auch nach knapp der Hälfte unserer Zeit auf Weltreise eigentlich gar nicht so richtig beschreiben, wie wir uns fühlen… Es ist auf jeden Fall ein sehr positives Gefühl. Es geht uns gut und wir sind total glücklich über die Entscheidung, diesen Schritt gegangen zu sein. Natürlich denken wir auch oft an zu Hause, an Familie und Freunde, haben aber trotzdem kein richtiges Heimweh. Manchmal verfluchen wir das Rucksack Packen und vor allem das Tragen, freuen uns aber jedes Mal wieder auf die Weiterreise an neue tolle Orte. Wir essen jeden Tag Reis, meist sogar schon zum Frühstück, sind ab und an in Gedanken bei einer richtig leckeren Brotzeit mit gaaaaaanz viel Käse oder bei Essen von Mama… aber auch dieses Verlangen ist schnell wieder verflogen.
Es fehlt uns derzeit einfach an nichts – und wir finden es wunderschön, das sagen zu können 🙂
Myanmar hat den Namen „Land des ewigen Lächelns“ auf jeden Fall mehr als verdient. Noch nie waren wir von so einem sympathischen, freundlichen und liebevollen Volk umgeben. Wir wurden herzlich empfangen und immer freundlich und zuvorkommend behandelt. Wir haben uns zu keiner Zeit unsicher oder unwohl gefühlt und können jedem empfehlen, dieses Land zu bereisen.
„Das ist das Angenehme auf Reisen, dass auch das Gewöhnliche durch Neuheit und Überraschung das Ansehen eines Abenteuers gewinnt.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
Leider wird das heutige Birma wahrscheinlich in ein paar Jahren nicht mehr dasselbe sein… der Tourismus wird sich mehr und mehr durchsetzen, wird den Menschen zu mehr Wohlstand aber auch zu mehr Arroganz verhelfen… Wir wünschen allen Touristen ähnlich tolle Erlebnisse, wie wir sie hatten… wissen aber andererseits gar nicht so richtig, ob diesem Land mehr davon überhaupt gut tut. Im Moment ist es hier noch wunderschön ursprünglich und wir hoffen, dass sich zumindest die Menschen hier ihre tollen Eigenschaften und ihre Herkunft wahren…
Während unserer letzten Tage im Land legten wir noch einmal den Turbo ein. Da unsere „neue“ Reiseplanerin von Beginn an eine feste Route im Kopf hatte, musste das komplette Programm noch durchgezogen werden 🙂
Vom Strand ging es also binnen 9 Stunden (die gleiche Strecke in die andere Richtung dauerte 5 Stunden – die Busse hier sind eben immer für eine Überraschung zu haben) wieder zurück nach Yangon. Da wir noch nicht genug hatten, diente die Stadt diesmal nur als kurzer Zwischenstopp, bevor wir weitere zwei Stunden mit dem Zug nach Bago fuhren… Es geht eben nichts über eine gute Reiseplanung 🙂 Wer jetzt denkt, dass zwei Stunden Zug fahren doch eigentlich entspannt sind, hat genau das Bild im Kopf, welches wir auch bis zum Einstieg in die Bahn hatten! Es kommt eben immer anders als wir denken 🙂 Man beachte hier die Züge! Gebuchte Kategorie: Upper class – also das höchste, was es gibt!
Die Mäuse im Abteil schafften es sogar auf einen unserer Rucksäcke! Wir müssen zugeben, diese Zugfahrt wird uns eine Weile im Gedächtnis bleiben… wir sind schon des Öfteren Bahn in Südostasien gefahren, aber diese Waggons sind schon, naja… wie sollen wir sagen, sehr speziell! Zwischen der Angst, jeden Moment zu entgleisen (bei gefühlten 150km/h – wahrscheinlich waren es nur 30!) und der, sich bei dem Geschaukel und Gepolter die Rippen zu brechen oder Wirbel auszurenken, bekämpften wir Mücken, Mäuse und sonstiges Getier um uns herum… während übrigens die Birmesin mit ihrem Kleinkind schräg vor uns tief und fest schläft!!! …mehr Myanmar geht wirklich nicht 🙂
Am Bahnhof in Bago, der viertgrößten Stadt Myanmars angekommen (es ist mittlerweile 22 Uhr und wir sind weit und breit die einzigen Touristen), wurden wir direkt vom „Bahnhofs-Beauftragten“ (ein kleines Männlein mit Security-Uniform) begrüßt, auf zwei Mopeds gesetzt und zum Hotel gebracht… Könnt ihr euch das in Deutschland vorstellen??? Es ist immer wieder überraschend, wie sich hier gekümmert wird, dass wir auch wirklich da ankommen, wo wir hin möchten. Von dieser Hilfsbereitschaft, Gastfreundlichkeit und Dienstleistungsbereitschaft sind wir in unserer Heimat Welten entfernt. Wir haben es scheinbar nicht mehr nötig, denken zu oft alle nur an uns und sind uns selbst der Nächste! Ja, auch Wir2 müssen uns dahingehend an die eigene Nase fassen! Wir sind extrem dankbar, diese Erfahrungen hier machen zu dürfen und hoffen, dass wir uns in manchen Situationen zukünftig daran zurück erinnern und den Menschen ein klein wenig anders begegnen als bisher.
„Zu Reisen bedeutet sich zu entwickeln.“ (Pierre Bernardo)
In Bago selbst gibt es eine enorme Vielfalt an Highlights zu bestaunen. Das sind zum Beispiel die sitzenden Buddhas, der liegende Buddha mit Dach und der liegende Buddha ohne Dach 🙂
Ach ja… und dann ist da noch das „Schlangen-Kloster“ und der Königspalast.
Unsere kleine Sightseeingtour machte mit dem, vom Hotel gebuchten, TukTuk OHNE jegliche Federung auch richtig viel Spaß – jetzt war auch hier der Zeitpunkt gekommen, an welchem wir dieses Verkehrsmittel ebenfalls nie wieder nutzen wollten. Wir brauchen nach unserer Rückkehr auf jeden Fall eine gute Krankenversicherung und Ärzte für jedes Körperteil 🙂
Kaum aus dem TukTuk ausgestiegen (ihr wisst ja, der Reiseplan MUSS durchgezogen werden – das passiert, wenn die Realistin der Träumerin die Planung überlässt), stiegen wir in ein Taxi, welches uns weitere zwei Stunden später am Fuße des Goldenen Felsens absetzte. Nach Rippenbrüchen im TukTuk und Schleuderdrauma im Taxi, ging es nun auf der Ladefläche einer dieser Kamikaze-Trucks hinauf auf 1100 Meter zum „Golden Rock“. Wir danken unseren Müttern oder dem Storch, der uns irgendwo verloren hat und den guten Genen für unsere robusten Mägen! Denn das alles in Summe ist echt hart! Da sitzen um die 40 Personen auf einer Ladefläche eines LKWs (zum Glück gibt es wenigstens ein paar Alu-Bänke und Griffe zum Festhalten) und werden in einer 45-minütigen extrem kurvigen Berg- und Talfahrt zum Berggipfel gekarrt!
Wäre das nicht das heiligste aller buddhistischen Pilgerziele und ein Muss für jeden Myanmar-Reisenden, hätte die Hälfte von uns hier gestreikt und der Reiseleitung den Vogel gezeigt 🙂
Oben angekommen, stellen wir beide aber recht schnell fest, dass sich jeder einzelne Kilometer dafür gelohnt hat! Ein wahrhaft magischer Ort…
Glaubt man der Legende, so wird der Fels von nur einem Haar Buddhas im Gleichgewicht gehalten. Ein Eremit hatte das Haar im 11. Jahrhundert als Reliquie geschenkt bekommen und sollte vor seinem Tod einen Felsen im Wasser suchen, der dem Schädel Buddhas gleicht. Als er diesen fand, brachte er ihn auf den Berg, wo er noch heute steht… hört sich doch glaubhaft an, oder? Wir mögen die Sagen und Legenden rund um die buddhistischen Stätten! Da ist die Welt noch in Ordnung 🙂
Während männliche Pilger Blattgold an den Stein kleben und sich dabei etwas wünschen dürfen, bleibt es den Frauen verwehrt, den Fels zu berühren. Sie beten oder meditieren von entfernteren Orten. Das tut der Atmosphäre hier oben jedoch keinen Abbruch.
Während sich der Goldene Fels so langsam in das Licht der untergehenden Sonne hüllt, nehmen wir den letzten Truck um 18Uhr hinunter ins Tal und versuchen wieder einmal all‘ das Erlebte und die wundervollen Bilder irgendwie zu verarbeiten… was für eine verrückte Zeit!
Unser weiterer Reiseplan sieht vor, dass wir am nächsten Morgen (wieder einmal 3 Stunden mit dem geliebten Bus) nach Hpa An (gesprochen Pha-An) fahren… und das tun wir auch 🙂 Wir hatten gedacht, dass uns in Myanmar nichts mehr großartig überrascht, da wir in fast jeder Ecke waren, aber die Landschaft im Süden ist so wunderschön, dass wir uns ärgern, hier nicht mehr Zeit zu haben.
Hier unten ist man relativ nah an der thailändischen Grenze. Es gibt unendlich viele, in einem unglaublichen Grün schimmernde, Reisterrassen, dazu kleine Flüsse, Seen und riesige Karstfelsen, welche die Landschaft so besonders machen. Da einige dieser Felsen hohl sind, dienen diese auch als „Herberge“ unzähliger Buddha-Statuen.
Außerdem wartet in Hpa An eines der beeindruckendsten Naturschauspiele, was wir je gesehen haben! Denn wer sich gegen Sonnenuntergang vor der sogenannten „Bat-Cave“ einfindet, kann erleben, wie Millionen von Fledermäusen zur Futtersuche ihr trautes Heim verlassen. Über eine halbe Stunde strömen Massen der kleinen Tierchen aus dem Eingang der Höhle, über den Fluss, hinaus in die Felder. Ein wirklich beeindruckendes Spektakel!
Ach ja… wer übrigens direkt darunter steht, wie die Kamerafrau hier, muss mit einem dreckigen Shirt heim gehen 🙂
„Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!“ …sagt unsere Reisplanerin und ist stolz wie Bolle auf ihre Raum-Zeit-Berechnung… 🙂 Im Grunde haben wir jetzt alles abgegrast was geht! …nur noch eine letzte Stadt, Mawlamyaing, die drittgrößte des Landes. Hier gibt es zwar nicht allzu viel zu sehen, aber dafür ist die Anreise wunderschön. Laut Reiseführer wird die nämlich mit dem Boot empfohlen. Über unser Hotel buchten wir uns also zwei Tickets für den Kahn… drei Stunden flussabwärts. Das hieß auf jeden Fall Handy-Verbot für eine von uns 🙂
Wir wussten nicht, dass wir für 4 Euro eine Privatfahrt bekommen, aber umso mehr lohnt sich der Trip nach Mawlamyaing…
So fand unsere Zeit in Myanmar einen wirklich tollen Abschluss. Wir haben dieses Land, trotz der teilweise beschwerlichen Transporte, tatsächlich lieben gelernt. Herzlicher als hier, können Menschen kaum sein! Wir sind begeistert von den Landschaften, den tausenden Pagoden, Tempel, Klöster und Buddhas… auch wenn wir nach 24 Tagen völlig „überpagodet“ sind, wissen wir heute schon, dass wir irgendwann hierher zurückkehren werden! …in der Hoffnung, dass sich das Land seine Schönheit nicht kaputt macht und die Menschen ihre unglaublich sympathische Zurückhaltung und Gastfreundschaft behalten.
So wunderschön war Myanmar…