Der Norden Kroatiens – ein kurzer Einblick macht Lust auf mehr
Nach einer wunderschönen Zeit in den Bergen eines der grünsten europäischen Länder zog es uns wieder Richtung Meer. Wir wollten an der Tradition festhalten und wie auf jeder unserer Reisen, die letzten Tage am Strand verbringen. Um dem Ansturm am nur etwa 40 Kilometer kurzen Strandabschnitt des kleinen Sloweniens zu entfliehen, entschieden wir uns für den großen, südlichen Nachbarn Kroatien.
So spontan, wie wir uns entschlossen, Richtung Süden zu fahren, genauso schnell stand auch fest, dass wir uns den größten Nationalpark des Landes unbedingt anschauen möchten. Auch wenn Corona seinen Schatten über die Tourismusbranche wirft, in diesem Moment sind wir als zwei der wenigen Gäste der Plitvicer Seen sehr froh, nichts von dem eigentlichen Besucheransturm spüren zu müssen. Auf einer Fläche von fast 300 Quadratkilometern sind wir nahezu allein. Das UNESCO-Weltnaturerbe zählt in normalen Jahren bis zu einer Million Besucher, doch in diesen besonderen Zeiten sind es nicht einmal zehn Prozent dessen, was sich noch 2019 tagtäglich hier bewegte.
Als Drehort der Karl-May-Verfilmung „Der Schatz im Silbersee“ erlangte der Park bereits in den 1960er Jahren große Berühmtheit. Die offizielle Webseite spricht von „außergewöhnlicher, natürlicher Schönheit“, welche wir ohne Zweifel bestätigen können. Zahlreiche Wasserfälle, Höhlen und Seen, welche blauer kaum schimmern können, lassen uns die Spaziergänge und Wanderungen durch die Landschaft nicht so schnell vergessen. Und wir müssen zugeben, dass wir das in Kroatien niemals (keine Ahnung warum, vielleicht weil es „nur“ Europa ist und wir das dummerweise komplett unterschätzen) erwartet hätten!
Wunderschön angelegte Holzstege und Wanderwege führen durch die wirklich überraschend schöne, ja sogar atemberaubende Seenlandschaft… und das sagen wir voller Überzeugung, obwohl wir schon einiges an einzigartiger Natur gesehen und erlebt haben. Dieser Nationalpark kann definitiv mit den großen „Muss-ich gesehen-haben-Dingen“ der Welt mithalten. Im Rausch unseres Optimismus haben wir in weiser Voraussicht zwei Tage eingeplant und uns NATÜRLICH eine der längeren – also um genau zu sein, DIE LÄNGSTE – Wanderungen vorgenommen. Randnotiz: Die Planung erfolgte durch die Träumerin 🙂
Schon am ersten Nachmittag schlenderten wir gute acht Kilometer umher, was am Morgen des zweiten Tages (der Wecker klingelte zur Freude aller um sechs Uhr) durch eine 18-Kilometer-Tour getoppt wurde. Doch so langsam gewöhnen wir uns an unsere komischen Ideen. Das Fluchen, während wir irgendwelche Waldhänge hinauf kraxeln, wird stetig weniger. In diesem Jahr schauen wir uns einfach nur noch an, lachen uns aus und denken: „Das ist mal wieder so typisch!“. Außerdem sind wir zusehends besser vorbereitet. Nach einem schnellen Kaffee zum munter werden packen wir uns Bananen, Äpfel, Nüsse und eine Büchse rote Bohnen ein (eine besseres Frühstück kann es kaum geben – na gut, vielleicht fehlt noch etwas Reis) und lassen die ersten 12 Kilometer bis zu einem geeigneten Frühstücks-Plätzchen mit Aussicht ganz locker hinter uns. Ja, ok… vielleicht hätte man den Zeitpunkt des Frühstücks etwas vorverlegen können… ohne zu laufen bis das Hungergefühl schon fast übergangen ist… aber der Blick entschädigt all das und bestätigt unsere Entscheidung für die längste aller Routen.
Im Nachhinein sind wir unendlich froh, hier her gekommen zu sein. Wir hatten keine Ahnung, was uns erwartet. Wir hatten keine Ahnung, dass so wenige Besucher hier sind. Und wir hatten keine Ahnung, wie schön dieses Fleckchen Erde tatsächlich ist. Kurzum, wir sind total begeistert!
Begeisterung erhebt das Leben über das Alltägliche und verleiht ihm erst seinen Sinn.
(Norman Vincent Peale)
Nach unserem kleinen Morgenspaziergang brachen wir gegen Mittag zum eigentlichen Objekt der Begierde auf… dem MEER! Von der Ostgrenze des Landes fuhren wir gute 250 Kilometer quer durch das Land Richtung Westen bis zur Küste. In kroatischer Zeitrechnung sind das aufgrund zahlreicher Serpentinen und Baustellen ungefähr fünf Stunden. Unsere Wunschvorstellung war, wie die eines jeden Campers, ein einsamer Stellplatz am Meer… Dass wir das Wörtchen „einsam“ vernachlässigen müssen, war uns relativ schnell bewusst. Aber die Passage „am Meer“ waren wir keineswegs bereit, zu streichen. So schrieben wir schon im Vorfeld mehrere Campingplätze an und kassierten eine Absage nach der anderen. Während wir uns an den Plitvicer Seen noch über mangelnde Touristen gefreut haben, scheint das Thema Corona am Meer offenbar nicht zu existieren. Alle Stellplätze Istriens in erster Linie am Wasser scheinen besetzt oder nur für eine ganze Woche, von Samstag auf Samstag, buchbar… das hatten wir uns tatsächlich einfacher vorgestellt. Um nicht auf die Mega-Campingplätze mit Animation und nerviger Ganz-Tages-Kinder- und Rentnerbespaßung ausweichen zu müssen, kontaktierten wir auch Adressen ohne Top-Bewertungen, bis wir irgendwann den letzten Platz am Meer, unter einem schattigen Olivenbaum ergatterten.
Auch wenn unsere Vorstellung vielleicht wieder ein klein wenig von der Realität abwich, ist es das Größte, morgens im Camper mit dem Rauschen und der salzigen Luft des Meeres aufzuwachen – und genau das können wir an diesem Ort genießen. Wie immer heißt es, die letzten Tage entspannen, nichts planen und nur nicht anstrengen. Für die nötige Ruhe, oder vielleicht etwas deutlicher gesagt, um vor den ganzen, sich lautstark über den ganzen Strandabschnitt unterhaltenden deutschen Touristen am Strand zu fliehen, leihen wir uns eines der Stand Up Paddle Boards und steuern die nächste kleine Insel an. Die Kiesstrände Istriens sind natürlich nicht mit denen der Südsee vergleichbar, dennoch ist das kroatische Meer kristallklar und angenehm warm. Und so finden auch wir unseren Ort der Entspannung 🙂
Getreu dem Motto „Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön… denn da kann man fremde Länder und noch manches andre sehn…“ gönnen wir uns am zweiten Tag eine kleine private Bootstour entlang der Küste um Rovinj. Mit unserer 25-Meter-Segelyacht 🙂 schippern wir mit unserem Kapitän gute fünf Stunden von Insel zu Insel. Ein alkoholisches Kaltgetränk, 30 Grad, blauer Himmel, Sonnenschein, allein zu zweit… mehr braucht es nicht, um zufrieden zu sein.
Komm, wir gehen glücklich sein!
Mit einem Besuch in dem kleinen Ort Rovinj verabschieden wir uns von unserer Zeit am Meer und zugleich von unserem kleinen Roadtrip. Mit circa 15.000 Einwohnern, wovon rund 12 Prozent der italienischen Minderheit angehören, bietet diese kleine malerische Küstenstadt alles, was das Touristenherz begehrt. Kleine verspielte Gassen, eine wunderschöne Kirche auf dem höchsten Punkt der Stadt, unzählige Restaurants, Bars und Cafés mit den schönsten Blicken aufs Meer, das leckerste Eis des Landes und damit den optimalen Wohlfühl- und Urlaubsfaktor. Reiseführer bezeichnen es als das „kroatische Juwel Istriens“, „romantisch und bezaubernd schön“ soll es sein… was in der tat nicht zu viel versprochen ist.
Und wieder einmal stellen wir fest, dass die Zeit viel zu kurz ist! Wir hätten gern noch so viel MEHR/MEER gesehen und beschließen schon am Tag der Abreise, bald wiederzukommen…
Mittlerweile sind wir seit einer reichlichen Woche zurück von unserer ersten Tour mit dem Camper. Mit etwas Abstand schauen wir mit einem breiten Grinsen auf unser kleines Slowenien-Kroatien-Abenteuer zurück. Unsere Liebe, Lust oder auch gern Leidenschaft, auf diese Art zu reisen, entdeckten wir in Neuseeland. Ob man das vergleichen kann? Die Antwort ist einfach – Nein, kann man nicht. Tatsächlich haben die Kiwis noch eine andere, eher ursprüngliche Philosophie vom Campen. Alles scheint dort irgendwie freier und natürlicher. Es gibt keine Campingplätze für 3000 Wohnmobile mit Poollandschaft und Hüpfburgen… was auch gut so ist! Leider ist die Nachfrage nach dieser Art des Campens in Europa scheinbar sehr groß, was wir extrem schade finden. Für uns sind die Ruhe, die Gemütlichkeit, die Einfachheit, die Unabhängigkeit und die Nähe zur Natur die ausschlaggebenden Kriterien. Wir brauchen mit unserem Rudi keinen zusätzlichen Mega-Luxus auf irgendwelchen überteuerten Campingplätzen. Wir sind zufrieden, wenn es einfach und sauber ist. Wir sind glücklich, wenn wir auf irgendeiner der vier Seiten in die Natur (welcher Art auch immer) schauen können und dabei ein winziges Gefühl der Freiheit aufkommt. Wir haben versucht, die kleinen, versteckten Plätze anzusteuern. Das ist uns leider nicht immer gelungen, aber trotzdem haben wir gemerkt, dass es sie gibt, die Camper-Paradiese nach unserem Geschmack… und das lässt uns hoffen. Wahrscheinlich werden wir in Europa, wenn wir nicht gerade wild campen möchten oder eher dürfen, keine neuseeländischen Gegebenheiten finden. Für uns wird dieses einmalige Erlebnis immer etwas ganz Besonderes bleiben. Dennoch wissen wir unsere „neue Freiheit“ unendlich sehr zu schätzen und es werden noch viele unvergessliche Reisen mit unserem neuen Familienmitglied folgen…