Nach zwei Tagen der Eingewöhnung in den Reisemodus und mit der gewonnenen oder vielmehr bestätigten Erkenntnis, dass wir große luxuriöse 5-Sterne-Campingplätze mit zu vielen überdimensionalen Super-Deluxe-Wohnmobilen der durchschnittlichen Größe eines doppelstöckigen Reisebusses inklusive deutscher Touristen, welche meinen, sie können auf diese Art ein Stück Freiheit, Natur, Ursprung und Abenteuer einfangen, zukünftig meiden, entscheiden wir uns für die Weiterfahrt in den Triglav Nationalpark. Als einziger Nationalpark und größtes Schutzgebiet des Landes erstreckt er sich mit knapp 84.000 ha über den gesamten slowenischen Teil der Julischen Alpen. Als einer der ältesten seiner Art in ganz Europa beherbergt er über 1.600 verschiedene Pflanzen- und mehr als 7.000 verschiedene Tierarten. Was uns, ohne dass wir lange überlegen mussten, überzeugte, waren die Bilder des smaragdgrünen Flusses Soča, die Wasserfälle, die Berge, die Seen und die erhoffte Ruhe.

Schon die Anfahrt über den Gebirgspass machte Lust auf mehr. Gute 50 Haarnadelkurven brachten uns auf über 1800 Meter und auch wieder herunter. Im Soča-Tal fanden wir, nach vorheriger Recherche, einen gemütlichen kleinen Campingplatz. Gerade einmal zehn Fahrzeuge fanden hier Platz. Hier trafen wir auf ganz normale Camper und keine rollenden 80-Quadratmeter-Apartments. Der freundliche Empfang sowie Sauberkeit und Ordnung trugen sofort zum Wohlfühlen in einer angenehmen familiären Atmosphäre bei. Die zwei kleinen Duschen mit knarrenden Holztüren, nach oben und unten offen, inmitten der Natur und direktem Blick auf die untergehende Sonne hinter den Bergen machten das Ganze irgendwie besonders. So langsam kamen wir unserer Vorstellung vom Reisen mit unserem Rudi etwas näher… was natürlich auch daran lag, dass es an diesem Abend das erste Mal wieder Reis mit Gemüse gab 🙂 Und plötzlich war er wieder da, einer dieser Momente, wo viele kleine Dinge zusammenpassen und es zu etwas Besonderem wird. Wir hatten alles was wir brauchten und fühlten uns wohl… unser eigenes kleines Reich auf vier Rädern und viel Zeit für uns.

Es geht nicht darum wie groß das Haus ist, sondern darum wie glücklich das Zuhause ist!

Wir liefen kilometerlang auf den Wanderwegen rechts und links des Gebirgsflusses. Es gibt Dinge, an denen sieht man sich nicht satt und das gehörte definitiv dazu. Der 140 Kilometer lange Strom mündet in den Golf von Triest, in die Adria und hat auf dem Weg dorthin einiges an Schönheit zu bieten. Kristallklares, türkisblaues Wasser, tiefe Trogschluchten, Wasserfälle, Stromschnellen und Badestellen vermischen sich zu einem besonders beeindruckenden Stück Natur.

Um das ganze noch um einiges besser zu machen, änderten wir mit Blick auf die Wettervorhersage, welche angenehme 27 Grad für den kommenden Tag zeigte, unseren Plan und entschieden, noch eine Nacht länger im Nationalpark zu bleiben. Zudem hatten wir während unserer ersten Wanderung den perfekten Campingplatz für uns entdeckt – direkte Lage am Fluss, kein großer Andrang, ein gemütliches Restaurant und viel Platz… dieser Ort lud uns regelrecht zu einem entspannten Faulenzen in der Sonne ein und derartige Einladungen können wir einfach nicht ablehnen.

Aber wie leben wir eigentlich sonst so in unserem Camper? Wir wollen euch gern noch mehr Einblicke in unser kleines mobiles Heim geben und versuchen, das ein oder andere Highlight einzufangen. Normalerweise beginnen unsere Tage so…

Meist werden wir Morgens (einerseits durch das Zwitschern der Vögel, was die romantischere Version ist – und andererseits durch die 45 Grad im Dachzelt) zwischen acht und neun Uhr wach. Ist es sonnig und warm, öffnen wir schon mit dem wach werden die Fenster rund um unser Dachbett und fangen die ersten Sonnenstrahlen, zusammen mit einem warmen Lüftchen ein.

Sind die Augen einigermaßen munter, krabbeln wir aus unserem Bettchen herunter, öffnen die große Schiebetür, lassen den neuen Tag herein, schmeißen den Gasherd an und köcheln das Wasser für das mit Abstand beste Getränk des Tages, den heißgeliebten Kaffee – auf Reisen ist das im übrigen IMMER, allein schon der Tradition wegen, der gute Lösliche!

Genossen wird der dann im Anschluss – schließlich sind wir Camper – im „Vorgarten“ auf dem Campingstuhl unter der Markise – und nein, wir haben keinen Gartenzwerg 🙂 Wer uns kennt, der weiß, das wir die morgendliche Kaffee-Zeremonie gut und gerne bis zu zwei Stunden ausdehnen können. Wenn wir dann auf dem neuesten Stand der Bild-Schlagzeilen und der Weltpolitik sind, kann das eigentliche Frühstück beginnen. Vorzugsweise gehören dazu neben Müsli und Obst noch frische Eier, Joghurt, Brot und auf jeden Fall Erdnussbutter.

Frischer Joghurt und Käse direkt vom Bauern machen das Ganze noch perfekter 🙂

Danach wird mit den verschiedensten Aktivitäten in den Tag gestartet… am heutigen Tag, auf einem Stellplatz wie diesem, wäre das zum Beispiel das AUSRUHEN 🙂

Mitunter kommt es aber auch vor, dass es morgens, wenn es unsere Planung so verlangt, etwas schneller gehen muss. An Tagen wie diesem gibt es kein ausgedehntes Frühstück. Dann beschränkt es sich zumeist auf einen schnellen Muntermacher-Kaffee zum Start in den Tag. So geschehen am Folgetag… denn DAS MEER RUFT! Zwar sind die Wege in Slowenien verhältnismäßig kurz aber in Gebirgsregionen ohne Autobahnen können Fahrten doch etwas länger dauern. So starten wir relativ zeitig und lassen die Berge vorerst hinter uns. Getreu dem Motto „Meer geht immer…“ hoffen wir auf einen tollen Platz am Wasser. Leider merkten wir schon während der Suche im Internet, dass unsere Vorstellungen hier wieder weit von der Realität abweichen. Da die slowenische Riviera, also der einzige Anteil des Landes an der Adriaküste, nur 46 Kilometer lang ist (im Vergleich dazu besitzt Kroatien fast 1800 Kilometer Küste!), ist leider zu wenig Platz für sonnenhungrige Einheimische und Touristen, was wir schnell zu spüren bekommen.

Eingepfercht zwischen anderen Wohnmobilen in der Nähe eines betonierten Stückes am Meer, hierzulande Strand genannt, ergattern wir den wohl weit und breit letzten Stellplatz für die kommende Nacht. Außer dem freundlichen Pförtner stimmt hier leider nicht viel… schmuddelige Toiletten und Duschen geben der Stimmung ihr Übriges. Entgegen der bisher übersichtlichen Auslastung der Campingplätze ist hier die Hölle los, was sich durch den slowenischen Nationalfeiertag erklären ließ – wir hatten ja keine Ahnung, dass das ganze Land dann zum Meer pilgert! Wir entschieden uns dennoch zu bleiben und verbrachten den Abend in einem kleinen Restaurant an der Strandpromenade der Stadt. Die Atmosphäre in den kleinen Gassen Pirans, das traumhafte Wetter, der gute Wein und das mega leckere Essen ließen uns über die anderen Dinge hinweg schauen.

Aber auch das kann Campen sein. Im Grunde wissen wir nie genau, was wir bekommen. Natürlich  versuchen wir durch eine Vorauswahl größere Katastrophen zu vermeiden aber letztlich ist es doch immer ein Griff in die Pralinenschachtel. Am darauffolgenden Tag hatten wir wiederum das Glück ein tolles Plätzchen gefunden zu haben, jedoch standen wir beim Aussteigen jedesmal knöcheltief im Wasser, da es einfach nicht aufhören wollte zu regnen. Natürlich kann auch diese Vorstellung mitunter romantisch sein – schließlich vermittelt jede Hollywood-Romanze, dass das Geräusch leiser Regentropfen auf Dächern für Romantik steht. In unserem Fall handelte es sich jedoch um 10-Liter-Wassereimer, welche sich minütlich über uns ergossen – und das entspricht jetzt nicht ganz so unserer Vorstellung von Gemütlichkeit.

Des Campers Fluch ist Regen und Besuch!

Doch auch solche Abende gehören dazu. Dann beschränkt sich unser Radius eben nur auf die drei Quadratmeter Innenraum… Mit etwas Geschick lässt sich auch so kochen, essen, waschen, arbeiten, schlafen und leben 🙂

Aufgrund des durchwachsenen Wetters, normalerweise meiden wir Städte lieber, machten wir noch einen kleinen Abstecher in die Hauptstadt. Ljubljana, in deutsch auch Laibach, ist mit 290.000 Einwohnern die größte Stadt des Landes und zugleich einer der kleinsten Hauptstädte Europas. Die Slowenen bezeichnen ihr wirtschaftliches und kulturelles Zentrum als grüne Seele. Wir erleben die Stadt entspannter denn je. In Zeiten von Corona finden weniger Besucher den Weg hier her. Zudem sind, wie schon festgestellt, alle Einheimischen in Anbetracht des Nationalfeiertages Richtung Küste gepilgert – eine gute Chance für uns, durch leere Gassen zu schlendern. Im Zentrum des kleinen Städtchens befindet sich eine Burg, ein kleiner Fluss und zahlreiche malerische Brücken, welche einen Hauch von Venedig versprühen. Entlang des Ufers reihen sich die Restaurants und Cafés – Grund genug für uns, eines der kulinarischen Highlights des Landes zu probieren. Gibanica ist der typische slowenische Schichtkuchen, bestehend aus verschieden Füllungen, unter anderem Quarkmasse, geriebene Apfelstückchen und Blätterteig – ein warmer Traum aus Zucker und Fett 🙂

Sachertorte im Glas und Gibanica

Fazit ist, dass sich ein Ausflug nach Ljubljana auf jeden Fall lohnt. Von Hektik sind die Slowenen hier weit entfernt. Auch wenn der kroatische Nachbar die Menschen hier als humorlos sowie langweilig bezeichnet und sie in der EU den strebsamen „Musterschüler“ geben, spüren wir hier viel Lebensfreude, Gelassenheit und Freundlichkeit. Als erfolgreichstes Land des ehemaligen Jugoslawiens sind Wohlstand und Zufriedenheit deutlich zu spüren – von uns also Daumen hoch!