Dass Peru vielseitig und extrem abwechslungsreich ist, haben wir in den ersten zwei Wochen schon erlebt und gespürt. Während das Klima an der Küste vom kalten Humboldtstrom beeinflusst wird, herrscht auf der anderen Seite der Anden eher tropisches Klima. Wir kamen bei angenehmen sonnigen 22 Grad in Lima an, hatten über 30 Grad in der Wüstenoase bevor uns das gemäßigte Andenklima bei nächtlichen Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt wieder einholte. Kaum auf der östlichen Seite des Gebirges angekommen fanden wir uns in tropischen Gefilden wieder, wo wir bei feuchtwarmen 29 Grad in der Sonne des Dschungels unsere letzten Tage verbringen werden. Im gesamten Land gibt es drei Klimazonen, das der Küste, der Anden und des Regenwaldes. Wir fühlen uns überall wohl und sind echt begeistert von den Möglichkeiten, die Peru bietet.

Nach dem Inka-Trail war unser ursprünglicher Plan, dass wir noch eine Nacht und einen Tag in Cusco verbringen und im Anschluss den Nachtbus nach Puerto Maldonado nehmen. Das bedeutete erst gute 1000 Höhenmeter hinauf und im Anschluss gleich wieder über 4000 nach unten. Die Fahrtzeit wäre um die 10 Stunden gewesen und wir hätten danach wahrscheinlich den zweiten Rückbildungskurs benötigt. Wir hörten, das die Strecke sehr schön sein soll und wollten uns die Landschaft eigentlich nicht entgehen lassen. So fragten wir bei einem der 3 Millionen Tourenveranstalter in der Stadt, ob wir für die Strecke in den Dschungel auch einen privaten Fahrer bekommen könnten, der das Ganze tagsüber mit uns fährt. Natürlich wurde uns auch ein Angebot gemacht, welches sich zudem preislich ganz moderat anhörte. Gesagt, kurz darüber nachgedacht, gebucht! Wir starteten am nächsten Morgen um 9 Uhr, wurden am Hotel abgeholt und rollten langsam aus der Stadt.

Bei der Buchung baten wir darum, dass der Fahrer zumindest ein paar Brocken Englisch spricht. Kein Problem, versprach das junge Verkaufstalent! Eine zweite Bitte war, aufgrund der schönen Orte links und rechts der Straße, dass er an ein oder zwei Stellen einfach kurz anhält und uns ein paar Worte dazu erzählt. Auch das wird sie organisieren, ist doch logisch! Und das Wichtigste… wir möchten bitte sicher ankommen, egal wie lange wir dafür unterwegs sind! Na das versteht sich doch von selbst, lächelt sie uns ins Gesicht.. und sollte irgendetwas sein, können wir sie jederzeit telefonisch erreichen.

In der Realität betrachtet, sah das Ganze dann so aus, dass

  1. der eigentlich beauftragte Fahrer die Tour wohl nicht machen wollte und wahrscheinlich (so reimen wir uns das zusammen, da zuerst noch ein Beifahrer da war, der dann ausgestiegen ist und zu uns sagte, dass sein Freund uns fährt) seinen Kumpel mit uns losschickte;
  2. unser Fahrer keinen blassen Schimmer von der Strecke hatte und wir somit auch (außer für Toilettengänge) nicht anhielten;
  3. er kein Wort Englisch sprach, was schön gewesen wäre, wir aber nicht wirklich erwartet hatten. Schließlich ist es unser Pech, wenn das Spanisch nicht das Beste ist;
  4. er gefahren ist, als wolle er aus den 10 Stunden nur fünf machen wollen und das auf Straßen, die wirklich nicht zum schnell fahren einladen;
  5. er irgendwann nach wenigen Stunden so müde war, dass uns „ein wenig“ Angst wurde!

Was war also bei all diesen Punkten unsere Konsequenz? Richtig! Für die Sicherheit aller Beteiligten fahren wir lieber selbst. So setzte sich also eine von uns ans Steuer und unser großartiger Fahrer schlief innerhalb weniger Minuten auf dem Beifahrersitz ein. Kann man machen ohne überhaupt einen Führerschein dabei zu haben! Aber das war selbst der Realistin in dem Moment egal, denn oberstes Ziel ist IMMER sicher anzukommen!

Die Situation, dass WIR nun unseren Fahrer nach Puerto Maldonado bringen, lief für etwa eine Stunde richtig gut. Die Straßen durch den beginnenden Regenwald sind super ausgebaut und kein Problem für uns… wäre da nicht diese kleine Panne eines LKWs im Beisein dieser peruanischen Polizeistreife gewesen. Leise fluchten wir mit Erkennen der Situation vor uns hin und beteten, dass die Polizisten anderweitig beschäftigt sind. Das war unsere tiefe, aber wahrscheinlich aussichtslose Hoffnung! Innerhalb weniger Sekunden sahen wir uns schon im peruanischen Gefängnis oder noch wahrscheinlicher, bei all der Korruption… mit leeren Konten und ohne jegliche Wertgegenstände. Wir näherten uns langsam dem kaum übersehbaren Polizei-Pickup. Es reichte bestimmt nur ein kurzer Blick, um zu erkennen, dass bei uns im Wagen etwas „komisch“ läuft. Eine fahrende Weiße und ein schlafender Peruaner. NA LOGISCH halten die uns an! Es war utopisch zu denken, dass das nicht passiert! Und so war es auch! Shit, shit, shit, haben wir gedacht! Bitte lass uns wenigstens einen der „Guten“ erwischen! Das soll wohl bei ungefähr 50% der Fall sein. Erst einmal stiegen wir alle in Ruhe aus… bloß nichts anmerken lassen! Auch der Polizist sprach kein Wort Englisch… ob das jetzt gut ist oder nicht, wußten wir noch nicht so richtig einzuordnen. Er gab uns zu verstehen, dass er den Führerschein der Fahrerin sehen will – logisch! Wir stellten uns dumm, kramten in unseren Sachen und gaben ihm den Reisepass – das einzige Dokument was wir mitführten! Den Rest lassen wir immer zu Hause, wenn wir es nicht brauchen. Immerhin hatten wir nicht vor, uns selbst ans Steuer zu setzen. Der Polizist blätterte wie wild im Reisepass, sprach nicht weiter mit uns und unterhielt sich mit dem Fahrer. Immernoch gingen wir gedanklich all die Dinge durch, die wir jetzt als „Strafe“ abtreten könnten… Aber vielleicht hat man uns angesehen, dass wir eh nix wertvolles im Gepäck mitführen… so ein dreckiger Rucksack erfüllt eben doch seinen Zweck 😉 oder wir haben tatsächlich einen der „guten“ Staatsdiener Perus erwischt… denn keine fünf Minuten später erhielten wir unseren Reisepass zurück und durften weiterfahren – jetzt aber wieder in der gewohnten Sitzordnung. Glück gehabt! Das Stündchen Ruhe verhalf unserem Fahrer außerdem zu neuen Kräften, sodass er uns gegen Abend am gewünschten Hotel absetzte. Wahrscheinlich waren wir alle froh, diesen Tag hinter uns gebracht zu haben!

„Aufregen ist was für Anfänger. Profis atmen erst einmal durch!“ 

Beim Blick aus unserem Hotelzimmer am nächsten Morgen konnten wir all das schon wieder vergessen. Wer ab und an reist, weiß ohnehin, dass man des Öfteren weit entfernt ist von dem, was in deutschen Köpfen erwartet wird! Also abhaken und weitermachen 😉 Denn die nächsten Tage gehören dem peruanischen Dschungel und uns! Ab jetzt heißt es ENTSPANNEN, STAUNEN & GENIESSEN. 

Zur Einstimmung in die, besonders nächtlichen, Gegebenheiten vor Ort starten wir mit einer kleinen „Jungle by night“-Tour. Denn sobald es dunkel wird, zeigen sich oft die Kreaturen, die wir eigentlich nicht sehen wollen 🙂 Unser Guide legt sich auf jeden Fall ins Zeug, dass auch wirklich die letzte Tarantel auch noch aus ihrem Loch kriecht!

Schon lange vor unserer Reise haben wir von einem Projekt in Peru gehört, welches sich um kranke, verwaiste oder misshandelte Tiere kümmert und versucht, diese auch wieder auszuwildern. Amazon Shelter ist der Name der Organisation, die in Puerto Maldonado ein riesiges Anwesen hat. Es war uns eine Herzensangelegenheit, dort zumindest einen unserer Tage zu verbringen. Seit über 15 Jahren kümmern sich die Gründerin Magali und ihr Team liebevoll um die Tiere. Während einer Führung erfahren wir viele kleine Geschichten rund um die Auffangstation und die Bewohner. Größtenteils finden wir hier Äffchen, deren Mütter getötet und gegessen wurden, Papageien, die als Haustiere gehalten wurden – typisch dafür sind gebrochene und gestutzte Flügel, sowie ein Faultier, welches aufgrund schlechter Haltung aus einem peruanischen Zoo gerettet wurde und ein Tapir mit ähnlichem Schicksal. Magali erklärt uns, wie schwierig und langwierig der Prozess des Freilassens rehabilitierter Tiere ist, denn das hat die Ausmaße deutscher Bürokratie. In der Realität läuft es wohl so, dass sogar der Staat die Tiere zum Amazon Shelter bringt, es jedoch keinerlei finanzielle Unterstützung dafür gibt und die Auswilderung teuer bezahlt werden muss. Dazu kommen Kosten für Futter, Medikamente und Tierärzte über mehrere Jahre, was ausschließlich aus Spenden finanziert werden muss.

Für einen Tag sind wir Teil des Teams und packen mit an. Ställe ausmisten, Essen vorbereiten, putzen, füttern und kleine Streicheleinheiten verschenken… so sieht ein Tag im Amazon Shelter aus 🙂

 Das Amazonasgebiet in Peru wird auch als „grünes Juwel“ bezeichnet. Aufgrund der Erklärung eines Großteils der Fläche zum Nationalpark ist hier vieles noch so wie es sein sollte. Natürlich gibt es auch hier Wilderei, Rodung und Verschmutzung der Flüsse durch den nach wie vor anhaltenden Mythos des großen Goldfundes… aber wir erkennen zumindest den Versuch, vieles schützen zu wollen. Geprägt ist das gesamte Gebiet von Urwäldern, Feuchtsavannen, Flüssen, Seen und einer großen Artenvielfalt. Die Fortbewegung erfolgt hier auf dem Wasser. Mit einem kleinen Motorboot geht’s auch für uns durch den Regenwald.

Mit diesen Eindrücken aus dem Dschungel Perus lassen wir das wundervolle Abenteuer langsam ausklingen. Und wieder stellen wir fest… 3 Wochen sind einfach viel zu kurz! Dafür, dass wir uns vorgenommen hatten, eigentlich nicht ganz so viel unterwegs zu sein, sind unsere Köpfe wieder gut gefüllt mit tollen Erlebnissen und einmaligen Bildern.

Peru hat es geschafft, uns letztendlich zu überzeugen – aus den anfänglichen Ängsten wurde eine respektvolle aber unbeschwerte Reise durch den Süden des Landes. Wir haben es geschafft, unsere Komfortzone das ein oder andere Mal zu verlassen. Zurück auf den Boden der Tatsachen, den Kampf mit dem eigenen Körper und den Gewohnheiten aufzunehmen gehört für uns zu jeder Reise. Wir suchen die Abwechslung, die Herausforderung und vor allem die Momente zum Wohlfühlen – denn auch das gehört unbedingt dazu 🙂

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Lima heißt es Abschied nehmen von unserer ersten Südamerika-Tour… die mit Sicherheit nicht die Letzte gewesen sein wird 🙂

 

…über dem Amazonasgebiet

 

Lima

 

Ceviche – das National- und unser Lieblingsgericht

 

Auf dem Weg in die Heimat…