Mongolei – Zurück zum Ursprung

Mongolei – Zurück zum Ursprung

Wir sagen uns immer… wenn wir spezielle Länder bereisen, möchten wir die Menschen und deren Kultur so gut es geht kennenlernen. Wir wollen keinen „5-Sterne-Bunker unter einer Luxus-Käseglocke“ (dazu benötigt es keine Reise, zumindest keine dieser Art), wir möchten alles so erleben wie es tatsächlich ist – zumindest wollen wir in der Mongolei einen „kleinen“ Einblick davon gewinnen. Das heißt aber auch, dass wir dazu unsere Komfortzone verlassen müssen (und glaubt uns, hier handelte es sich nicht nur um ein paar Schritte, sondern gefühlt um hunderte Kilometer!). Aber die mongolische Lebensweise ist es wert, diesen Weg in Kauf zu nehmen. 

Ein über 1,5 Millionen Quadratkilometer großes Land und eine einzige Großstadt (Ulan Bator, die Hauptstadt, erbaut für eine Kapazität von 300.000 Menschen), in welcher sich mittlerweile wohl inoffiziell sogar schon zwei Drittel der Einwohner sammeln! Dann kann man sich ungefähr vorstellen, wie die ländliche Region der Mongolei aussieht… Endlose, menschenleere Weiten! Auf den geringen Teil der Landbevölkerung kommen noch ungefähr 60 Millionen Nutztiere… ja, richtig… 60.000.000!!! Jede Nomadenfamilie besitzt zwischen 1000 und 10.000 Tiere. Das können Schafe, Ziegen, Kühe, Pferde oder Kamele sein. Die Familien ziehen je nach Jahreszeit oder Bedürfnisse der Tiere durchs Land und bauen sich jedesmal eine Art kleines Grundstück mit mehreren Hütten, manchmal umzäunt, mit Gemeinschaftsplatz oder provisorischer Werkstatt für alle Wehwehchen. Die typischen mongolischen runden Hütten heißen hier „Ger“ – oder wie wir sie kennen, Jurten.

Was erwartet man eigentlich, wenn man eine sechstägige Tour durch die Mongolei bucht? Natürlich haben wir uns vorher so gut es ging informiert und haben auch schon etwas Erfahrung aus der jordanischen Wüste… Im Grunde ist es die Beschränkung auf das Wesentlichste. Wie genau das dann letztlich aussieht, erfahren wir immer erst vor Ort. Ihr wisst ja… „Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel…“ 🙂 Einen kleinen Einblick von dem, was wir die letzten Tage erlebt haben, versuchen wir euch jetzt zu zeigen…

Es ist gar nicht so einfach, die Mongolei individuell zu bereisen. Die Infrastruktur in ländlichen Gegenden ist nicht gut ausgebaut beziehungsweise nicht vorhanden. Zudem gibt es keine Straßenschilder, eine große geteerte Straße in jede Himmelsrichtung durch das ganze Land und tausende Schotterpisten, die völlig verwirrend kreuz und quer überallhin führen. Orientierung für Ausländer schlichtweg nicht möglich! Da geführte Gruppenreisen nicht so unser Ding sind, fiel unsere Entscheidung auf einen privaten Fahrer – natürlich inklusive Auto 🙂 Ist ein Mongole sechs Tage lang mit zwei europäischen Mädels unterwegs und macht was sie wollen, kostet das zwar ein paar Taler mehr… aber so können wir tun und lassen, was wir wollen und sitzen auch nicht mit zehn Koreanern oder Chinesen zusammengepfercht in einem Kleinbus 🙂 Unsere Tour für die nächsten Tage hieß also: „The Loyal Of Mongolia – Best 5 Attractions of Gobi Desert Tour„! Na dann mal los…

Nach der Abholung im Hotel ging es durch den Stadtstau raus in die große weite mongolische Welt. Wir fuhren kilometerweit einfach nur geradeaus. Allein das ist ein echtes Erlebnis! Auch wenn unser kleiner, pummeliger Guide namens Dave durch die 80-km/h-Monotonie fast einschläft und wir ihm immer wieder neue dämliche Fragen stellen müssen, ist die gähnende Leere eine gute Einstimmung auf ein paar Tage Einsamkeit…

Da Dave ganz gut Englisch spricht, erzählte er uns (quasi als Gegenmaßnahme zum Tiefschlaf) viel über sein Land und die Leute. Er ist 31 Jahre, stammt aus einer Nomadenfamilie, ging zum Studieren in die Stadt und lebt mittlerweile mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Ulan Bator. Eigentlich mag er die Stadt nicht, aber der Job zieht ihn, wie den Großteil der Bevölkerung, notgedrungen in das Ballungszentrum. Er genießt mehrtägige Touren durch sein Land, denn das ist sein Leben. Allerdings ist die Hochsaison für dieses Jahr vorbei. Jetzt kommen nur noch vereinzelt Touristen, denn es wird kälter und die meisten touristischen „Ger – Camps“ (das sind schön angelegte kleine Dörfer mit mehreren Jurten, fließend Wasser, Toiletten, Duschen und Strom) haben bereits geschlossen. Aber es gibt eben immer wieder DUMME (oder auch mutige) DEUTSCHE WEIBER, die gern in der Nebensaison reisen!!! Vorteil: Es ist etwas günstiger und es ist kaum ein Mensch unterwegs / Nachteil: Man schläft tatsächlich überwiegend „like a local“ – wie die Einheimischen bei den Nomadenfamilien… was für die gemeine Europäerin ein richtig, richtig, richtig harter Brocken sein kann! Aber dazu später mehr.

Nach ungefähr fünf Stunden Fahrt erreichen wir das erste größere Dorf. Dave brachte uns zum Mittag in das wohl beste Restaurant der Provinz 🙂 

Vorsichtshalber haben wir ihm erzählt, dass wir Vegetarier sind – reine Prävention und Selbstschutzmaßnahme – wir wollen einfach vermeiden, dass wir Hammelfleisch essen und vergorene Ziegenmilch trinken müssen – das scheint nämlich der absolute Renner zu sein. Auf jeden Fall gibt es in diesen Gefilden ausschließlich Fleischfresser, hier kommen alle vorhandenen Tierarten auf den Tisch. Unsere Gerichte sind immer Extrawünsche… das sind dann so exklusive Sachen wie Reis mit Ei, Reis mit Kartoffeln, Reise mit Gemüse, Reis mit Maggi und Reis mit Reis. Die Portionen sind üppig und wer uns kennt, der weiß, dass wir auch einen Teller trockenen Reis aufessen, wenn er uns vorgesetzt wird 🙂 🙂 🙂 Schließlich wissen wir nicht, wann wir wieder was bekommen! Und wie lautet doch unser altbewährtes Motto: „Man muss auch essen, wenn man keinen Hunger hat, um seine Figur zu halten!“ 🙂 Zumindest ist auf eine von uns diesbezüglich immer Verlass 🙂

So… nun kommen wir aber auch einmal zu den unangenehmen Themen! Unsere Reisen sind nicht immer nur rosa gepudert und mit Glitzer bestreut! Wir haben auch durchaus ernste Themen! Jetzt folgen knallharte Fakten!

Kapitel 1 – Ernährung und Verdauung

Oft ist es bei uns so, dass eine ALLES essen kann, ohne nur ein winziges Zwicken in der Magengegend zu verspüren. Die Andere jedoch… wie sollen wir es „am weiblichsten“ ausdrücken… ist in dieser Hinsicht etwas empfindlicher. Wir sind also kaum eine halbe Stunde nach dem besagten Mittag unterwegs (wie bereits beschrieben, weit und breit kein Haus, kein Mensch, nix… in dem Fall nur Kamele), da macht sich das Essen, aus welchem Grund auch immer, auf eine echt üble Art und Weise bemerkbar. Jetzt ist übrigens der Zeitpunkt, wo blumiges Umschreiben wirklich nicht mehr möglich ist… alles hat schließlich seine Grenzen 🙂 Logisch, es ist ein absolutes Tabu-Thema, aber wisst ihr wie schlimm das ist, wenn sich der ganze Körper auf links windet und einem die Schweißperlen auf der Stirn stehen??!! …und das auch noch in dieser Umgebung??!! NICHT WITZIG!!! Bei der verzweifelten Frage nach einer Toilette, musste sich unser Fahrer so richtig das Lachen verkneifen. Wir mussten auf jeden Fall innerhalb der nächsten 30 Minuten mehrmals anhalten… und die Suche nach einem Busch, einem kleinen Hügel oder Graben ist hier draußen wahrlich nicht einfach. Und dann erzählt Dave uns auch noch, dass es Schlangen, Skorpione und große Spinnen gibt! Wirklich KEINE gute Stunde für 50% von uns! Und DAS SCHLIMMSTE ist… die andere Hälfte hatte nichts besseres zu tun, als sich köstlich zu amüsieren und Fotos zu machen – das ist eine bodenlose Frechheit!!! 🙂 

– DIESES BILD IST LEIDER NICHT VERFÜGBAR – …auch wenn eine Hälfte von uns das gern heimlich einstellen würde 🙂

Kapitel 2 – Toiletten

Uns wurde irgendwann vor unserer Reise durch ganz liebe, nur an unser Wohl denkende, Freunde erzählt: „Die moderne Frau von heute pinkelt im Stehen“ – VERGESST ES! Hier spult man alles auf Anfang und versetzt sich einfach ins Kindesalter zurück. Die Vorstellung ist grausam für den zivilisierten Menschen, das wissen wir selbst… Aber was will man machen hier draußen??? Es gibt KEINE andere Option! Und wir hocken uns bestimmt NICHT über einen Bretterverschlag in einer kleinen Blechbude (da bekommen wir beim Schreiben schon wieder Ekel) …wo es zudem die Vorgänger mit der Treffsicherheit nicht so genau nahmen! Allein der Geruch im Umkreis von 15 Metern ist nicht zu ertragen!

 

Die Details und den Blick hinter die Tür ersparen wir euch hier lieber!

Kapitel 3 – Körperhygiene 

Zwei Frauen mit langen Haaren, die es gewohnt sind, jeden Tag zu duschen, befinden sich in Regionen OHNE fließend Wasser… das ist schon echt hart! Somit sieht „Waschen“ hier so aus: 

Kapitel 4 – Schlafen im Ger 

Sobald die Sonne untergeht, sinkt die Temperatur relativ schnell von 15 auf 5 Grad, über Nacht sogar auf bis zu -8 Grad (im Winter in Teilen auch bis auf -60!!!). Dann wird es Zeit, den kleinen Ofen im Ger anzuwerfen. Das Anfeuern übernahmen die Einheimischen für uns. Im Brennstoff ist man hier sehr variabel. Wenn wir Glück hatten, bekamen wir noch extra Holz, Kohle oder getrocknete Ziegen- oder Schaf – Poohpooh 🙂 zum Nachlegen, so brannte das Feuer vielleicht bis Mitternacht und es war schön kuschelig warm. 

Wachten wir dann gegen vier Uhr morgens auf, war die Nasenspitze richtig kalt und der komplette Rückzug in den Schlafsack wurde angetreten. So hielten wir es bis ungefähr 7:30 Uhr aus. Jetzt folgte allerdings der schrecklichste Moment des Tages! Daran können wir uns niemals gewöhnen… keiner kann das! Das ist die reinste Folter! …Nämlich bei dieser bitteren Kälte aus dem Schlafsack rausklettern und in die noch kälteren Sachen schlüpfen… das ist ungefähr wie Sonntags im Winter verschlafen im Schlafanzug barfuß vor die Haustür gehen und in den Schnee springen… wirklich grausam, diese zehn Minuten. Sobald wir dann aber vor die Tür unseres kleinen Gers treten, die ersten Sonnenstrahlen einfangen und den ersten Kaffee genießen, ist das alles schnell vergessen 🙂

Kommt zudem dieses kleine Wesen noch um die Ecke, kann der Morgen nicht besser starten!

Dann wäre da noch die Sache mit dem Strom… In einem Land mit über 260 Sonnen-Tagen, könnte man denken, dass das auch entsprechend genutzt wird! …aber Solarstrom ist eher die Ausnahme. Hierzulande funktioniert das mitunter so:

Aber Hauptsache in der hinterletzten Wüstenecke mit LTE – Empfang glänzen! Keine Ahnung wie sie das hinbekommen… scheint auf jeden Fall wichtiger zu sein als fließend Wasser…

Super, jetzt hätten wir ja die wichtigsten Fakten zumindest schon geklärt und ihr wollt sicher alle bald in die Mongolei reisen 😉 Es freut uns wirklich sehr, dass ihr unsere Geschichten sooo gern lest 🙂

Das waren sie… all‘ unsere Extremsituationen und persönlichen (ohne zu übertreiben) Grenzerfahrungen… ABER wir hatten natürlich auch tolle Unterkünfte und noch tollere Erlebnisse. Und wie sagen wir uns dann immer: „Ohne schlechte Zeiten würden wir die Guten schließlich nicht schätzen!“

Eine Tour durch die Wüste Gobi bedeutet in erster Linie sehr, sehr viel Auto fahren. Das hatten wir wahrscheinlich auch etwas unterschätzt. 200 mongolische Kilometer sind eben nicht mit deutscher Raum-Zeit-Berechnung zu vergleichen. Wir verbringen ungefähr 80% des Tages in unserem extrem geländetauglichem Wüstenmobil und werden ordentlich durchgerüttelt.

Die Entfernungen hier sind Tagestouren. Dafür durften wir jedoch auch einzigartige Dinge sehen und erleben! Die Landschaft hier ist einmalig und archäologisch betrachtet das Nonplusultra. All diese Berge, Hügel und Steine schreiben Geschichte der Urzeit. Hier wurden die ersten Dinosaurier – Eier und zahlreiche Fossilien sowie Knochen der Wesen „aus dem Land vor unserer Zeit“ entdeckt.

 

Man sollte sich im Übrigen von dem Begriff „Wüste Gobi“ nicht verwirren lassen. Wir wurden auch eines besseren belehrt. Gobi ist zwar eine Trockenlandschaft aber eben nicht einfach nur Sand, wie man sich das vielleicht vorstellt, eher im Gegenteil… im Sommer ist hier alles üppig grün, es regnet und es gibt Flüsse, Seen, Berge, Täler, Sanddünen und Steppen… an Vielfältigkeit kaum zu übertreffen. Wir sind also keine sechs Tage lang Kreise in einem großen Sandkasten gefahren! 🙂

Ebenso einzigartig sind die Menschen hier. Keine Ahnung warum, aber deren Äußeres ist auf eine ganz spezielle Art und Weise faszinierenden. Die einen sind mehr, die anderen weniger zugänglich. Doch ihr Lächeln verzaubert und die Gesichter sprechen ihre eigene Sprache.

Wie wirkliche, echte Mongolen leben, haben wir während unserer Zeit hier am eigenen Leib gespürt. Da auch wir hier an unsere Grenzen gekommen sind, baten wir Dave (nein, eigentlich bettelten und flehten wir ihn an) uns für einen Tag in ein richtig touristisches Ger-Camp zu bringen. Wir hätten bereits nach den ersten zwei Tagen wahrscheinlich ALLES dafür getan 🙂 ES WAR DAS PARADIES AUF ERDEN!!! Wir konnten duschen, bekamen mega leckere Mahlzeiten und hatten eine total gemütliche Jurte mit Strom und Steckdose! Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie man sich darüber freuen kann! Diese Dusche!!! …wie glücklich uns eine simple Dusche (warmes Wasser aus einem Hahn!!!) in dem Moment gemacht hat! Wir fühlten uns wie kleine Kinder vor einem riesigem Geschenkeberg. Mongolei geht eben auch anders… und wir geben zu… WIR LIEBEN DIE VORZÜGE DER WESTLICHEN WELT… NORMALER TOURIST SEIN FETZT AUCH 🙂

Auch so können Toiletten und Duschen aussehen – drinnen hat „Frau“ alles was sie braucht!

 

Mongolische Gastfreundschaft 🙂

Wir glauben, es ist einfach der Mix aus Allem, was die Mongolei für uns so speziell macht. Wir sind keine Mega-Survival-ich-brauche-nix-außer-die-Natur-Typen! Klar machen wir das zwei bis drei Tage mit, aber dann wird es auch für uns zäh. In solchen Situationen rücken wir (nach kurzer Trotzphase) näher zusammen und ziehen das Abenteuer gemeinsam durch! Das kann uns keiner mehr nehmen! Auch wenn in dem Moment, wenn du an deinem Nachtlager ankommst, nichts von alledem, was du dir erhofft hast (wir reden hier zum Beispiel von dem Luxusgut Wasser!), vorhanden ist, schafft es eine von uns irgendwie zu motivieren. Und genau deswegen werden wir unsere Zeit in dem Land Dschingis Khans in ganz spezieller und einzigartiger Erinnerung behalten.

„Das Reiseziel ist nie ein Ort, sondern eine neue Art, die Dinge zu betrachten.“ (Henry Miller) 

Morgen werden wir unsere Tour mit der Transmongolischen Eisenbahn fortsetzen, uns von der Mongolei verabschieden und in China/ Peking wieder aussteigen. Ihr werdet von uns hören…

Die Transmongolische Bahn nach Ulan Bator

Die Transmongolische Bahn nach Ulan Bator

Könnt ihr euch eigentlich vorstellen, wie wunderschön ein einziges, winzig kleines Lächeln sein kann…? 

Es ist halb acht Uhr morgens. Am Bahnhof von Irkutsk herrscht reger Verkehr. Wir suchen unseren Zug nach Ulan Bator, drängeln uns durch griesgrämige Russen und entnervte, weit gereiste Neuankömmlinge. Endlich am richtigen Bahnsteig angekommen, merken wir so langsam die 0 Grad in unseren müden Gesichtern. Die Haut spannt und jeder Atemzug ist deutlich sichtbar. Die Bahn steht schon bereit. Nur noch ein paar Schritte bis Waggon Nummer fünf…die ersten Eisblumen sammeln sich an den Bahnsteigschildern. UND DANN… vor uns… zwei in freundlichem blau gekleidete mongolische Zugbegleiterinnen, welche die Tickets sehen möchten. Für einen kurzen Augenblick ließen sie uns noch draußen im kühlen Irkutsk stehen, aber das war überhaupt nicht mehr schlimm… DENN SIE LÄCHELTEN!!! Eine simple Mimik, die direkt verbindet! Es gibt kaum etwas ansteckenderes auf dieser Welt! Wir fühlen uns sofort willkommen, herzlich empfangen und betreten mit Einstieg in den Zug schon ein kleines Stück Mongolei. Es ist uns nahezu egal, dass unser Abteil wahrscheinlich vor dem Krieg erbaut wurde… also vor dem 30-Jährigem 🙂 Es ist alt, es ist abgewohnt, es sind irgendwann gefühlte 50 Grad in dieser Bude, die Fenster gehen nicht zu öffnen und die Kissen! …die Kissen sind der Hammer 🙂

Wie man sieht, ist schon Farbe und Stoffauswahl grandios. Wir haben mittels mehrminütiger Tast-Versuche probiert, die Füllung zu „identifizieren“. Unser Ergebnis: Es muss eine Mischung aus Kirschkernen und Krepppapier sein… vielleicht noch ein bisschen Backpapier und fürs Gewicht ein paar kleine Kieselsteine – also nach einer Kissenschlacht würden wir auf jeden Fall beide ohnmächtig im Abteil liegen 🙂 🙂 ABER… hier wird gelächelt und es wird versucht zu kommunizieren! Das ist in diesem Moment so viel mehr wert als irgendwelche materialistischen Gegenstände! 

„Lachen ist Leben… und umgekehrt“ (Oscar Wilde)

Die Ladies bringen uns frische Bettwäsche und Handtücher. Sie versuchen uns im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu erklären, dass dieser Zug ein Mongolischer und kein Chinesischer ist (darauf legten sie, warum auch immer, besonderen Wert… scheinen beliebt zu sein, diese Chinesen). Sie erzählten uns in mehr oder weniger guten englischen Brocken, dass der Waggon in Deutschland gebaut wurde – wie wir ja schon erwähnten… wahrscheinlich vor 1618 🙂 Und die beiden Mädels feixten und freuten sich den ganzen Tag.

So hatten wir unser fahrendes Heim für die nächsten Stunden bezogen. 

Am letzten großen Halt in Russland, der Stadt Ulan Ude, trennt sich die Transsibirische von der Transmongolischen Route. Während die eine weiter nach Wladivostok fährt, biegt zweitere Richtung mongolischer Hauptstadt Ulan Bator ab. Die Landschaft verändert sich mit jedem Kilometer und wird zusehends karger… so friedlich und wunderschön.

Irgendwann gegen Abend kommen wir Richtung Grenze und unsere Fahrt wurde zäher, bis wir schließlich stundenlang einfach nur noch standen. 

Ankunft russische Grenzkontrollstation: 19:50 Uhr, Dauer der Kontrollen: Zwei Stunden!!! Die Polizisten – vorwiegend Frauen, aber durchaus freundlich und schön anzusehen 🙂 sehen sich Pässe, mögliche Schmuggler-Verstecke in unserem Abteil und einen der Rucksäcke genauer an. Aber gut… wir sehen es entspannt und können sowieso nichts an der Situation ändern.. lieber einmal zuviel als zuwenig kontrolliert!

Dann folgt die Weiterfahrt zur mongolische Grenzkontrolle, Ankunft: 22:20 Uhr, Dauer der Kontrollen: Noch einmal zwei Stunden!!! Hier kommt allerdings noch hinzu, dass unsere Pässe für eine gute Stunde mitgenommen wurden und einfach weg waren! Ihr wisst, wer von uns hier wieder Puls von 300 hatte 🙂 Und was ist schon ein Reisender ohne Pass…? NICHTS wert… NULL… staatenlos… entmündigt… nicht existent! 

„Von allen Büchern auf der Welt, findet man die besten Geschichten im Reisepass!“

Die können ja alle ihre Kontrollen machen, ist ja auch richtig so… aber müssen die uns so einen Schrecken einjagen? Und schlimmer noch… das alles OHNE Toiletten!!! …über vier Stunden lang!!! …weil die beim Halt nicht benutzt werden dürfen! Und wisst ihr auch warum? 🙂 Der „Mist“ läuft nämlich einfach ungefiltert unten raus 🙂 🙂 🙂 Und so viel Respekt vor der Menschheit an den Bahnhöfen hat man dann doch noch… Leider Pech für uns.

Nach diesem Prozedere versuchten wir für ein paar Stündchen zu schlafen. Pünktlich um 6:50 Uhr standen wir dann am Hauptbahnhof der mongolischen Hauptstadt. Die Tage beginnen hier etwas später und die Straßen sind noch relativ leer. Den knappen Kilometer bis zum Hotel sahen wir als Morgensport – die Rucksäcke mit Beinen waren wieder unterwegs 🙂 …diesmal in der kältesten und wohl schmutzigsten Hauptstadt der Welt!

In Ulan Bator oder auch Ulaanbaatar, übersetzt als „roter Held“ leben rund 1,5 Millionen Menschen. Das ist die Hälfte der Einwohner der gesamten Mongolei! Die Stadt liegt in 1350 Meter Höhe, ist von einer täglichen Smogglocke bedeckt und überwiegend buddhistisch geprägt. Beim Lesen von Reisehinweisen über die Mongolei stießen wir des Öfteren auf Aussagen wie: „Die schwierigen klimatischen und topographischen Bedingungen sowie die beschränkten Kommunikationsmöglichkeiten stellen hohe Anforderungen an die Reisenden. Die Kriminalitätsrate ist vor allem in Ulaanbaatar hoch. Vermehrt wird dabei auch Gewalt angewendet, vor allem wenn die Angreifer betrunken sind.“ …na das sind ja super Aussichten! Hier gelten bei uns ganz klare Regeln! Und zwar die der Realistin!!! Hier gibt es kein „wird schon alles gut werden…“ Außergewöhnliche Städte erfordern außergewöhnliche Maßnahmen 🙂 🙂 🙂 UND ES FUNKTIONIERT 🙂

Unsere ersten Eindrücke der Stadt…

Sehr viel haben wir heute nicht gesehen, aber das wollten wir auch nicht. Ulan Bator ist keine Stadt für große Sightseeingtouren. Auf den Straßen herrscht ein einziger großer Megastau und die Luft ist furchtbar. So haben wir nur das Nötigste erledigt. Wir mussten zum Beispiel unsere neuen Zugtickets (Ulan Bator – Peking) in einer Reiseagentur abholen… was schon wieder ein Erlebnis war – also den Vorsatz, nicht in Hinterhöfe und Seitengassen zu gehen, mussten wir hier wohl oder übel ganz kurz missachten – aber das soll eine Ausnahme bleiben – und in dieser Gasse atmete tatsächlich auch die Träumerin etwas schneller als sonst! …nix für schwache Nerven in einer der gefährlichsten Städte!

Ab morgen sind wir für 5 Nächte irgendwo im Nirgendwo der mongolischen Wüste Gobi mit einem Guide unterwegs… Wir werden uns melden, wenn wir wieder in der Zivilisation angekommen sind 🙂

Irkutsk und der Baikalsee 

Irkutsk und der Baikalsee 

Mit über einer halben Million Einwohner gehört Irkutsk am einzigen Abfluss des Baikalsees zu den großen Hauptanziehungspunkten Russlands. Obwohl die Metropole auch als „Paris des Ostens“ bezeichnet wird, interessieren wir uns jedoch weniger für die Stadt. Wir wollen raus aus dem Trubel zum 70 km entfernten Baikalsee, in den kleinen Ort Listwjanka.

Das hieß 6:45 Uhr Wecker stellen, gemütlich aufstehen, in Ruhe packen und unsere Zeitkapsel verlassen! Die letzten Stunden in unserem gemütlichen Abteil waren gezählt… und das wollten wir in Ruhe ausklingen lassen. Doch nix mit sanftem Handy-Wecker! Wir hatten die Rechnung ohne unsere russische Freundin gemacht. Pünktlich 6:35 Uhr holte uns Zugschaffnerin (nennen wir sie wieder) Olga mit einem schroffen Türklopfer aus dem Schlaf. In der Annahme, wir haben verschlafen, sprang eine von uns aus dem Bett und riss die Tür auf! Wir rechneten mit einer ordentlichen Ansage… doch alles was sie uns zögerlich entgegen hauchte war „VASHI BILETY“!!!! Sie gibt uns 60 Minuten VOR unserem Ausstieg NUR unsere Tickets zurück??!! (Puh… hier waren wir durchaus froh, dass die Russen nicht alles verstehen, was wir sagen 🙂 Also in der Transsib braucht auf jeden Fall niemand Angst haben, seinen Ausstieg zu verpassen! Sie schieben zwar den freundlich scheinenden sinnlosen Grund der Ticketrückgabe vor, aber eigentlich wollen sie dich mit ihrem russischen Charme einfach nur loswerden! 🙂

Nachdem wir das verdaut hatten, begann unsere eigentliche Challenge des Tages. Wir wollten uns auch mal wie richtige Backpacker verhalten! (in Moskau haben wir uns aus Bequemlichkeit ein Taxi zum Hotel genommen – da werden wir doch ausgelacht vom typischen Dreadlocks-Hanfhosen-Ich-kann-ohne-Geld-um-die-Welt-reisen-Backpacker, dieses Luxus-Image lassen wir uns nicht nachsagen!) Also, auf geht’s! Bei 3 Grad raus aus dem Zug, ohne einen geraden Satz russisch raus zu bekommen mit öffentlichen Verkehrsmitteln gegen stoisch Landessprache sprechende, alte Männer in Form von Busfahrern ankämpfen und 70 Kilometer in ein kleines Dorf am Baikalsee finden – wäre doch gelacht wenn wir das nicht hinbekommen! Na dann mal los…

Der Weg aus dem Bahnhof war noch einfach… der Masse hinterherlaufen ist nicht so schwer (natürlich nur, wenn man alle „Taxi, Taxi – rufenden Schlitzohren“ mit Nichtachtung straft 🙂 Auf dem Bahnhofsvorplatz sieht das allerdings schon anders aus. Hier gilt es, aus einem weiteren bunten Mix aufdringlicher Taxifahrer, welche einen für völlig überteuerte Preise überall hinbringen würden und einem unübersichtlichem System an Bussen und Straßenbahnen, die richtige Linie auszuwählen. Dank diverser, vorher gelesener Hinweise im Internet, wussten wir zumindest ungefähr, in welche Richtung es gehen soll. Wir hatten zumindest eine Busnummer mit der Zielrichtung Busbahnhof und eine dortige Abfahrtszeit des Kleinbusses zum Baikalsee… ob das jetzt alles zusammen passt – keine Ahnung – no risk – no fun 😉 Mit Screenshots russischer Wörter versuchten wir dem Busfahrer im Bus Nummer 80 unser Ziel zu erklären. Außer Schulterzucken und grimmige Blicke hatte er wohl nichts für Touristen übrig. Genervt gab er uns irgendwann zu verstehen, dass wir einsteigen sollen… so fühlt man sich HERZLICH WILLKOMMEN in dieser Stadt!!! (…und da bestätigen sie sich wieder, diese Vorurteile!) Nach ungefähr zehn Minuten Fahrt nuschelte der Fahrer irgendetwas in seinen Bart. Wir fühlten uns aus irgendwelchen Gründen angesprochen und stiegen aus. Neuer Standort – ein großer zentraler Platz im Stadtzentrum – könnte durchaus mit der Beschreibung aus dem Netz übereinstimmen – Gefühl: gut 🙂

MORGENS 8 UHR IN IRKUTSK… eine alte Babuschka öffnet im Bademantel ihre hölzernen Fensterläden – ein letztes Wodka-Opfer sitzt mit Platzwunde am Straßenrand – zwielichtige Straßenjungen starren gierig auf unser Gepäck (bepackt mit jeweils 2 Rucksäcken, einen vorn, einen hinten, ist zugegebenermaßen auch nicht viel von uns zu erkennen, sie starren quasi auf Rucksäcke mit Beinen, vielleicht ist auch das der Grund des erstaunten Blickes) – erste Händler präsentieren ihren geräucherten Fisch, den Beikal-Omul, auf dem Markt – ganz normale Menschen auf dem Weg zur Arbeit – die Stadt scheint langsam zu erwachen – UND WIR2 MITTENDRIN! 🙂

Und das beste daran… wir haben tatsächlich den richtigen Bus erwischt, mussten noch ungefähr 10 Minuten zum Busbahnhof laufen und konnten einen Platz im Minibus zum Baikalsee ergattern. Backpacker-Test bestanden – CHECK – und das für 5,50 Euro – für Beide!!!

Schon der erste Blick auf den ältesten, tiefsten und größten Süßwassersee der Erde ist beeindruckend! Umringt von Gebirgen liegt „der reiche See“ in ca. 455 Meter Höhe. Durchschnittstemperaturen von -20 Grad im Winter sind hier völlig normal… mit 5 Grad haben wir zur Zeit noch Glück und das Wasser ist noch nicht zu Eis erstarrt 🙂

Unser zu Hause für die nächsten drei Tage liegt in einer kleinen Seitenstraße unweit des Sees und ist eher „russisch-rustikal“ 🙂 Der herzliche Empfang lächelnder Angestellter und ein warmer Kaffee reichte allerdings schon, um uns glücklich zu machen und das Land sowie die Menschen wieder zu schätzen.

Was ein wenig „Wärme“ (in jeglicher Hinsicht) so verändern kann…

Nach dem vier-tägigem Wundliegen in der Transsibirischen Eisenbahn wollten wir uns ein wenig bewegen. Die Landschaft rund um den Baikalsee ist wunderschön und bietet eine zahlreiche Auswahl an verschiedensten Wanderwegen. Nach ausführlicher Recherche entschieden wir uns (Auswahl durch die Träumerin mit den Worten „wird schon passen“ – ihr wisst, wer den Trail herausgesucht hat!) für einen Abschnitt des Great Baikal Trails.

Hatten wir schon erwähnt, dass man klar im Vorteil ist, wenn man die russische Sprache beherrscht…??? Naja… wer uns kennt, der weiß, dass wir trotzdem loslaufen 🙂 Als nach und nach die Straße, der Weg, sogar irgendwann der Pfad verschwand und der Wald immer dichter wurde, bekamen 50% von uns (die mit dem Sicherheitsdenken) schon Schnappatmung und leichten Puls… auch dieses Schild verhalf jetzt nicht gerade zur Beruhigung…

„Aber vielleicht brauchen wir ja diese „permission“… oder sogar einen Guide… Schatz…???“ (könnte ja eventuell sein, tief im sibirischen Wald!!!) Die Antwort darauf nur: „Ach quatsch! Was soll den schon passieren? Beruhig dich!“ Während die eine Hälfte mit Kopfkino über zähnefletschende Bären, hungrige Wildschweinherden und russische Kidnapper jeden Winkel des Waldes scannte, spazierte die Andere völlig unbeschwert und leichtherzig weiter 🙂 🙂 🙂 Erst als wir nach etwa ZWEI STUNDEN das erste Mal auf weitere menschliche Wesen stießen, konnten wir den Trail gleichermaßen genießen 😉 Da lagen im Übrigen auch schon gefühlte fünf Kilometer mit 60%er Steigung hinter uns! Der Great Baikal Trail ist laut Beschilderung mittlerweile zum Ultra Baikal Trail geworden – keine Ahnung, wo wir falsch abgebogen sind! Eine wirklich tolle, entspannte „kleine Wanderung“… wie immer 🙂

Im Nachhinein hat sich jedoch wieder jeder einzelne Schritt gelohnt! Trotz der Bedenken, die IN JEDEM FALLE hätten eintreten können!!!… haben wir den Tag unbeschadet überstanden und wirklich tolle Eindrücke gewonnen 🙂

Man hat tatsächlich das Gefühl, dass sich jegliche Art der Globalisierung den Weg hierher noch erkämpfen muss. Auch wenn der Ort den Tourismus langsam erkennt und das ein oder andere Hotel aus der Erde gestampft wird, versprüht Listwjanka noch immer einen gewissen Charme. Das macht die Gegend hier ganz besonders, unberührt und weit entfernt von der europäischen Hast und Hetze…

So behalten wir unsere Zeit am Baikalsee in toller Erinnerung…

Morgen geht es weiter mit der Transsib in die Mongolei nach Ulan Bator.

Wir2 unterwegs in der Transsibirischen Eisenbahn…

Wir2 unterwegs in der Transsibirischen Eisenbahn…

Insgesamt sind es um die 7800 km von Moskau bis Peking, 6 Tage und Nächte in einem schunkelndem Zug, aus welchem man zu 90% auf vorbei rauschende Birkenwälder blickt. Über 130 Stunden in einer Bahn, in welcher sich der Bewegungsradius auf die beiden Enden des Waggons (links die Toilette, KEINE Dusche!!! / rechts das heiße Wasser im Samowar für Kaffee und Tee), in seltenen Fällen auf das Bordrestaurant ein paar Wagen weiter oder einmal am Tag auf ein kleines Stückchen Bahnsteig (falls der Zug doch länger als 5 Minuten hält) beschränkt.

Genau DAS ist eine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn – rein OBJEKTIV betrachtet!

Hat man aber sein kleines privates Zugabteil erst einmal bezogen und es sich gemütlich gemacht, entdeckt man SOOO VIEL MEHR auf dieser einzigartigen Reise…

Unsere erste Etappe: Moskau – Irkutsk, 5200 km, 80 Stunden

Um 23:45 Uhr starten wir vom Jaroslawer Bahnhof in Moskau. Hier fahren die meisten Fernzüge Richtung Osten ab, wodurch der historische Bahnhof schon ein leicht internationales Flair versprüht. Nicht, dass hier irgendjemand Englisch sprechen würde oder die russischen Mitbürger in Unterzahl wären, aber ein wenig „Ferne“ kann man sich hier gern einbilden… Nach dem Einstieg machten wir eines der Abteile in Wagen Nummer 6 zu unserem und registrieren schon am nächsten Morgen (ja… zugegeben, die erste Nacht war im wahrsten Sinne des Wortes etwas holprig) einen völligen Verlust des Raum – Zeit – Gefühls. Wir fahren stundenlang durch Russland, werden mit jedem Kilometer entspannter, durchqueren auf diesem Streckenabschnitt FÜNF Zeitzonen, wissen irgendwann weder welcher Tag noch welche Uhrzeit wir haben und genießen einfach nur das Nichtstun. Gefühlt sind wir schon Wochen unterwegs und haben zweimal den Erdball umkreist. Nichts und niemand kann uns hier stören, wir können und wollen unser kleines Reich in diesem Moment nicht verlassen. Nur der Zugbegleiter klopft ab und zu an unserer Zeitkapsel, um uns Essen oder Getränke zu bringen. Sonst reisen wir ungestört „zurück in die Zukunft“ 🙂

Wir verstehen nach und nach, was die „FASZINATION TRANSSIB“ ausmacht. Es ist ein echtes Lebensgefühl, eine völlig neue Art des Reisens! Anfangs bewegte uns die reine Neugier, die Abenteuerlust und das bloße Ziel „Einmal im Leben mit diesem Zug auf der längsten Eisenbahnstrecke der Welt fahren“. Wir hatten nicht den blassesten Schimmer, auf was wir uns einlassen… Doch die Investition ins Ungewisse hat sich für uns mehr als gelohnt! Ein unbeschreiblich tolles Gefühl!

Wir nehmen euch einfach mal mit in unseren Tag…

Bei leichtem Geschunkel lässt es sich super schlafen 🙂 Wie Babies in der Wiege wachen wir jeden Morgen in einer anderen Zeitzone auf und versuchen uns neu zu orientieren. Auch wenn das nicht funktioniert, ist das völlig egal – denn die ZEIT ist hier einfach NICHT WICHTIG! 

Unsere erste Amtshandlung nach ausgiebigem Wachwerden ist Kaffee trinken! Was wir an den Wochenenden zu Hause schon immer genossen haben, wird hier ausführlich zelebriert – schließlich haben wir unendlich viel Zeit!!! (hatten wir schon erwähnt… oder?) Mit der Kaffeetasse im Schlafanzug zum Samowar schlendern, heißes Wasser holen und ab zurück ins Bett… das ist unsere Welt 🙂

Irgendwann später am Tag geht’s an die Körperhygiene. Wir müssen zugeben, dass dieser Punkt etwas gewöhnungsbedürftig ist… Auch wenn hier alles mehrfach am Tag gereinigt wird, ist das Desinfektionsmittel unser bester Freund. Außerdem ist hier nur Katzenwäsche angesagt, da es keine Dusche gibt. Aber auch so bekommt man mit der richtigen Technik und einem gefluteten Sanitärbereich den Großteil sauber *haha* – allerdings ist das tatsächlich ein Grund, warum wir nach den 4 Nächten in unserer Zeitkapsel gern auch einmal aussteigen 🙂

 

Jetzt ist im Grunde unser Tages – Pflichtprogramm schon erfüllt 🙂 Nun folgt lesen, schlafen, Karten spielen, faulenzen, reden, lachen, nachdenken, genießen und wieder von vorn… Zwischendurch gönnen wir uns hier viele kleine kulinarische Highlights 🙂 🙂 🙂

 

Eine ganz spezielle und komischerweise hochinteressante Aufgabe ist „aus dem Fenster schauen“. Glaubt nicht, dass es einfach ist, die beste Position zu finden um möglichst lange ohne körperliche Beschwerden gucken zu können!!! Und dann noch die richtigen Momente zu erwischen… nämlich genau die 10% Streckenabschnitt, wo kein Birkenwald ist… das ist schon hohe Kunst und muss trainiert werden! 😉 Zumindest hat eine von uns exzellente voyeuristische Veranlagungen und wird in 40 Jahren eine richtig gute Spionage – Omi am Fensterbrett werden 🙂

Bei besonders großem Bewegungsdrang können wir unseren Radius auch erweitern und zum Beispiel in den Speisewagen gehen. Dazu benötigt es allerdings etwas Überwindung, wie wir feststellten… denn dieser Weg führt uns von unserem gut duftenden Zwei-Bett-Waggon über den schon strenger riechenden Vier-Bett-Wagen und dem pumakäfig-artigem Großraumschlafwagen in eine muffige Mitropa-Kantine! Zwischen den Waggons läuft man zudem Gefahr ins Gleis zu fallen. Da gehört schon Mut dazu… naja, es muss auch Wege geben, die man kein zweites Mal gehen will 🙂

Die Zeit der großen Saufgelage in den Zügen ist mittlerweile auch vorbei. Alkoholkonsum in den Waggons ist verboten. Wer erwischt wird, kann sich nur durch Bestechungsgelder oder Beischlaf mit der Schaffnerin retten 🙂 Auch wir bewegen uns mit der Mitnahme einer kleinen Flasche Wodka am äußersten Rande der Legalität 🙂 🙂 🙂 Aber außergewöhnliche Situationen erfordern schließlich außergewöhnliche Maßnahmen! Prost! …oder wie sagt man hier: Sa Sdarówje! 

Wenn der Zug länger als 10 Minuten hält, was ein- bis zweimal pro Tag vorkommt, kann man sich auch die Beine auf dem Bahnsteig vertreten und shoppen gehen 🙂 Da die Babuschkas im Kiosk wissen, dass die Touristen alle Geld mitbringen, zahlt man hier gern das drei- bis vierfache und bekommt auch kein Wechselgeld zurück. Die Preise sind wahrscheinlich tagesform- und wetterabhängig. Und trotzdem ist alles noch verhältnismäßig günstig… Wir geben es gern, bei unseren durchschnittlichen Ausgaben von 5 Euro pro Tag 🙂 

 

Wenn man Glück hat und der Bahnsteig lang genug ist (die transsibirischen Züge sind mitunter einen halben Kilometer lang), kann man einen Blick auf die Lok erhaschen, welche den monströsen Zug tausende Kilometer durch das Land zieht… das ist schon irgendwie verrückt.

Kein Wunder, das der Lokführer bei den Entfernungen sein Haustier mitbringt 🙂

Der Großteil der Strecke Moskau – Irkutsk verläuft durch Sibirien. Dieser Teil Russlands umfasst ungefähr 75% des gesamten Landes zwischen dem Uralgebirge und der Küste des Pazifischen Ozeans. Mit rund 16 Millionen Quadratkilometern ist Sibirien größer als Europa. Allerdings leben auf dieser Fläche nur etwa 37 Millionen Einwohner, wovon sich der Großteil auf die Städte links und rechts des Streckenverlaufs der Transsibirischen Eisenbahn konzentriert. Omsk, Novosibirsk, Krasnojarsk und Irkutsk gehören hier zu den wichtigsten Anlaufpunkten.

 Quelle: go-east.de

Im Übrigen herrscht hier in Sibirien tatsächlich weniger menschlich-russische Kälte als in Moskau! Die Leute wirken freundlicher und können auch lächeln… Wenn selbst der Schaffner Handküsse verteilt und eine von uns mit „my love“ begrüßt, scheint das Eis zwischen uns und den Russen langsam zu schmelzen 😉 …läuft also mit dem Ausräumen der Vorurteile 😉

Russland ?? Der Start in unsere Weltreise

Russland ?? Der Start in unsere Weltreise

Wir lassen unsere warme, herzliche und vertraute Umgebung traurig aber auch irgendwie glücklich zurück und starten in das „Projekt Weltreise“. Nicht nur ihr, sondern auch wir fragen uns tatsächlich, warum wir eigentlich Moskau als erste Station unserer Reise gewählt haben? Beim Gedanken an Russland hat man doch immer irgendwie nur Kälte und Wodka, dazu saufende, grimmig schauende, „unschöne“ Vladimirs und lange, dünne, schönheitsoperierte, stöckelschuhtragende Olgas im Kopf. Soll das etwa ein Anreiz sein, das Land zu bereisen…? Irgendwie nicht wirklich… aber wir wollten diese Vorurteile beiseite schieben und uns ein besseres Bild machen! Immerhin tragen die Deutschen auch nicht alle Lederhosen, trinken Bier und essen Bratwurst mit Sauerkraut!

Oscar Wild sagte einmal:

„Reisen veredelt den Geist und räumt mit unseren Vorurteilen auf.“

Die Komfortzone verlassen bedeutet für uns auch, nicht gleich in den nächsten Flieger Richtung Südsee steigen und die Sonnenseite des Lebens genießen, sondern sich langsam vorzuarbeiten 🙂 Also auf nach Moskau! 

Nach einem kurzen 140-Minuten-Flug landeten wir an einem der drei Flughäfen Moskaus, Vnukovo International. Leider breitete sich die „menschlich-russische Kälte“ schon im Flugzeug aus… wir erwarten ja kein thailändisches Dauergrinsen aber gegen einen kurzen freundlichen Blick hätten wir wirklich nichts einzuwenden… jedoch weit gefehlt unter den strengen russischen Ladies! Man könnte fast denken, dass der straffe Dutt jegliche Mimiken einfach nach hinten zerrt. Aber gut, Lachen am Arbeitsplatz ist nicht jedermanns Sache… wahrscheinlich wird es bald besser 🙂

Wir folgen erst einmal dem Ruf Moskaus, eine der günstigsten Taxistädte zu sein, und ordern uns eine der gelben Kisten für den Transfer in unser Hotel. Nach kurzer Verhandlung (hier ist die Realistin gefragt 🙂 zahlen wir 25 Euro und bekommen einen fast blinden (er setzte tatsächlich zwei Brillen zum Lesen der Adresse auf!!! :), zittrigen und leicht nach Kloake riechenden Fahrer, welcher uns innerhalb einer Stunde mit waghalsigem Tempo durch die Rush hour zum Hotel bringt. Preis – Leistung ist ok aber auch hier ist ein freundliches Lächeln weit gefehlt!

Die Ankunft im Hotel ließ uns hoffen. Durch ein paar Brocken Englisch (das ist hier keinesfalls selbstverständlich) konnten wir uns mit der Dame an der Rezeption verständigen und ihr ein kurzes Lächeln abgewinnen. Dazu gab es ein kostenloses „Upgrade“ – ein Zimmer MIT Fenster!!! WAHNSINN!!! Uns war nicht wirklich bewusst, dass es welche ohne gibt 🙂 

Wir bezogen unser erstes Hotelzimmer und kamen Schritt für Schritt in der russischen Mega-Metropole an. Genauso speziell wie die Menschen hier ist auch das Essen… aber dafür extrem billig! Im „Restaurant“ unseres Hotels testen wir die ersten Köstlichkeiten. 

Wir entschieden uns für den typisch russischen Eintopf Borschtsch und Kartoffelbrei mit überbackenem Hähnchen – zugegeben, kein kulinarisches Highlight aber dafür (wie bereits erwähnt, aber wir möchten es noch einmal betonen – Weltreisende müssen schließlich sparen) extrem billig! Mithilfe von diversen Übersetzungs-Apps stotterten wir erste russische Wörter und die Ludmilla hinter dem Tresen einige Englische. Kommunikation fängt an zu funktionieren – Dobryi den‘ und Spasibo 😉

Unseren ersten Morgen ließen wir gemütlich angehen. Ausschlafen, Kaffee trinken und realisieren, dass wir verdammt VIEL ZEIT haben. Es ist egal ob wir jetzt aufstehen und uns die Stadt anschauen oder einfach liegen bleiben! Wir werden die nächsten Monate noch so viel sehen und erleben, das dieser einzelne Tag überhaupt kein „Gewicht“ hat. Und DAS vollkommen zu verinnerlichen, ist ein wahnsinniges Gefühl und der Anfang unseres Abenteuers 🙂

Glücklich, zufrieden und mit diesem Gedanken im Kopf schlendern wir später doch über den Roten Platz, besuchen den Kreml, die Basilius-Kathedrale und das berühmte Warenhaus Gum. 

Ab und an haben wir Glück… die Sonne kämpft sich durch die grauen Regenwolken und lässt die Stadt und ihre prunkvollen Bauten in den schönsten Farben erstrahlen. Wirklich tolle Eindrücke, durch welche einige der Vorurteile nach und nach verschwinden. Den Menschen Moskaus ein Lächeln abzugewinnen gelingt während unserer Zeit in der Stadt eher selten. Der ernsthafte, meist grimmig wirkende Gesichtsausdruck wird hier vermutlich angeboren. Schade eigentlich, denn einige der russischen Frauen wären „in freundlich“ noch viel schöner…

Nach einer Tour durch Moskaus schönste Metro – Stationen und dem wohl leckersten Snickers – Kuchen der ganzen Welt verlassen wir die Stadt am Abend und steigen in die Transsibirische Eisenbahn…